Der kommende Mobilfunk-Standard wird 5G sein. Nach dem Trubel der letzten Monate um die Vergabe der Lizenzen zum Aufbau von 5G, haben wir uns vor allem mit der Frage zu Auswirkungen für die Filmbranche beschäftigt: Gerade was den Ton angeht. In unser Ausgabe 7-8/2019 beschäftigte sich unser Autor Peter Kaminski mit den Praxis-Möglichkeiten von 5G. Hier kommt Teil zwei des Beitrages aus dem Heft.
Es gibt ein Problem: Die 5G-Technologie ist sehr komplex. Viele Hersteller haben gar nicht die technischen und personellen Ressourcen, um da alleine mitspielen zu können. Aber die Anzahl der 5G-Chipsätze und deren Integrationsdichte wird stetig steigen – und mit Kooperationspartnern und etwas Fantasie ist so etwas durchaus denkbar. Man kann sich vorstellen, dass im Bereich der Intercom-Anwendungen früher mit solchen Lösungen zu rechnen ist als bei den Drahtlosmikrofonen – zumal auch für Intercom funktionell viele neue Leistungsmerkmale bereitgestellt werden könnten. Bei Drahtlosmikrofonen ist dies so nicht gegeben und die Produkte dürften zumindest am Anfang zu teuer sein – sowohl in der Entwicklung als auch in der Produktfertigung.
Ein weiterer Punkt bei 5G, der Vorangegangenes in dem einen oder anderen Punkt unterstreichen wird, ist die Tatsache, dass bei 5G auch spezielle Frequenzbereiche für Industrie- und regionale Anwendungen vorgesehen werden – in Deutschland zum Beispiel ein Frequenzsegment im Bereich um 3,7 und 26 GHz. Die 5G-Player sind also nicht nur die Mobilfunkanbieter, sondern unter Umständen auch die Industrie sowie die Kommunen selber. Man hat hier natürlich die „Industrie 4.0“ im Fokus, aber wie und wem diese Möglichkeiten zur Verfügung stehen, ist noch offen. Interessant wären solche industrie-spezifischen Anwendungen bei großen Veranstaltungsorten wie Stadien. Aber mit 5G ist auch erstmals die Integration von Broadcast-Applikationen vorgesehen. Bisher ist es so, dass jeder Teilnehmer, der zum Beispiel einen Video-Stream sehen möchte, diesen über eine dedizierte Verbindung abruft. Das heißt: Für jeden einzelnen Nutzer beziehungsweise Zuschauer ist eine Bandbreitenkapazität erforderlich. Bei 5G gibt es den FeMBMS-Modus (Further evolved Multimedia Broadcast Multicast Service): Das Zauberwort ist hier Multicast, das heißt es wird ein Stream für alle Anwender bereitgestellt. Dies erfolgt über spezielle 5G-Sender: Hier kommen keine kleinen Zellen zum Einsatz, sondern HTHP-Sender – also High Tower High Power – auf exponierten Standorten mit entsprechend für Mobilfunkanwendungen sehr hohen Leistungen im Bereich von 100 Kilowatt und mehr.
Man ist hier übrigens schon in der Phase der praktischen Evaluierung solcher Sender im Rahmen des Forschungsprojektes 5G Today. Der Bayerische Rundfunk hat schon zwei Sender im Testbetrieb.
NICHT SO FERN
Hier gibt es nicht nur technische Hürden zu überwinden. So gibt es zum Beispiel die Diskussion, ob ein Gratiszugang zu solchen ausgesendeten Inhalten ermöglicht werden sollte. Im Umkehrschluss könnte man aus dem Engagement der Broadcaster bei 5G schließen, dass man damit ein Ende von DVB-T2 einleiten möchte. Das ist zwar noch offen, aber persönlich glaube ich zurzeit nicht an einen DVB-T3 Standard. Es liegt nahe, dass auch die Broadcast-Dienste – zumindest das TV-Angebot – in den Mobilfunk integriert werden, die Zeichen dafür stehen gut. Das wiederum könnte auch die Nutzung der Funkfrequenzen für Drahtlosfunksysteme in Zukunft beeinträchtigen.
Beim jetzigen Status dürfte man aber davon ausgehen, dass die von DVB-T2 auch für G5 FeMBMS genutzt werden – aber das wird man sehen und auch, wie groß der Frequenzbedarf sein wird. Wenn dem so wäre, würde man in einer Übergangszeit deutlich weniger Frequenzraum für Drahtlosmikrofone haben, oder es wird der Weg der Umschaltung an einem Stichtag angepeilt. Aber hier schauen wir schon sehr tief in die Glaskugel. 5G ist aber, wie man an den 5G-Broadcast-Testsendungen schon sehen kann, gar nicht mehr so weit entfernt wie man vielleicht glaubt. Samsung will das erste 5G-fähige Smartphone S10 schon im Sommer 2019 auf den Markt bringen, in Südkorea ist seit April 2019 ein 5G-Mobilfunknetz in Betrieb. Laut der 5G-Frequenzauktions-Bedingungen der Bundesnetzagentur sollen bis zum Jahr 2022 jeweils 98 Prozent der Haushalte, alle Bundesautobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen und Schienenwege mit einer Datenrate von mindestens 100 MBit/s mit 5G versorgt werden. 5G wird also enormen Einfluss auf unsere Branche haben. Ob das technisch Mögliche auch in Anwendungen und Produkte umgesetzt wird, steht zwar auf einem anderen Blatt. Unabhängig davon ist aber eine Einflussnahme auf unsere Branche ohne Frage gegeben. Handlungsbedarf ist zwar aus Sicht der Drahtlosanwender oder Event-Industrie im Moment noch nicht gegeben. Da sich aber auch das schnell ändern kann, ist es gut, sich mit dieser Materie im Vorfeld bereits einmal auseinanderzusetzen.