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DoP Marius Milinski testet die Canon C300 Mk III bei einem Comedydreh

Topspeed am Set

Bei den szenischen Comedyproduktionen, die DoP Marius Milinski gemeinsam mit Regisseur Joscha Seehausen dreht, kommt es oft auf ein hohes Drehtempo an. Ob die neue Canon C300 Mk III für diese Anforderungen das geeignete Werkzeug ist, hat der Kameramann in der Praxis ausprobiert und in unserer Ausgabe 9.2020 von seinen Erfahrungen berichtet.

Mehr als 100 Einstellungen mit zahlreichen Motivumzügen pro Drehtag, ein wilder Wechsel von Mountingoptionen, Framerates und Brennweiten: So sieht kurz gefasst für uns ein normaler Drehtag in der szenischen Comedyproduktion aus. Diese schnelle und teils fordernde Arbeitsweise funktioniert aber nur, wenn auch die Technik ihren Teil übernimmt und mir den Job so leicht wie möglich macht. Kann die Canon C300 Mark III bei diesem Tempo mithalten?

Sensor

Bereits mit der großen Schwester, Canons Vollformatkamera C500 Mark II, habe ich gute Erfahrungen gemacht. Trotzdem stellte sich der Vollformatsensor für mich eher als Hindernis heraus, allem voran aufgrund der begrenzten Objektivwahl, wenn es um Zooms geht. Denn diese haben sich für Comedyproduktionen als unerlässlich erwiesen. Entsprechend kam die Ankündigung der Super-35-Kamera C300 Mark III für mich gerade recht.

Im Gegensatz zur C500 Mk II bietet die C300 Mark III keine 6K-Auflösung, sondern einen nativen 4K-Sensor. Das klingt aber erst mal dramatischer als es ist, denn das Bild der C300 vermittelt einen sehr natürlichen Eindruck. Auffallen kann das fehlende Oversampling erst, wenn man in die Aufnahmen hineinzoomt. Dennoch bin ich froh über die wenigen Pixel auf dem Sensor, da dies mehr Platz für die einzelnen Elemente bedeutet und auf eine gute Low-Light-Performance sowie hohen dynamischen Um- fang schließen lässt. Den gibt Canon mit mehr als 16 Blendenstufen an, ein Wert, der durch das neue Dual-Gain-Output ermöglicht wird. Hierbei werden alle Pixel zweifach ausgelesen, ähnlich einem HDR-Verfahren in der Fotografie, bei dem verschiedene Belichtungen zusammengeführt werden. Dieses DGO-Verfahren ist bei Frameraten bis 60 Bilder pro Sekunde immer im Einsatz. Die Kamera bietet aber auch höhere Bildraten: in 4K bis 120 Bilder und in 2K im 16-mm-Crop bis 180 Bilder pro Sekunde. In diesem Falle verliert man die zusätzliche Dynamik des DGO-Verfahrens, erhält aber dennoch ein schönes und scharfes Bild, was vermuten lässt, dass kein Lineskipping betrieben wird.

Body

Das Design der C300 Mark III wurde meiner Ansicht nach gegenüber dem Vorgängermodell stark verbessert. Durch das flachere Layout und die bessere Verteilung der Tasten finden jetzt insgesamt 15 Schnellfunktionsknöpfe Platz auf der Kamera, zusätzlich zu den Tasten wie Record, ND-Filter oder Menü, die man nicht eigens belegen kann. Der Body liegt mit seinem Gewicht von 1,7 Kilogramm gut in der Hand und alle Tasten sind sinnvoll platziert und dadurch schnell erreichbar. Besonders gut gefällt mir die Einarbeitung der neuen „Slow & Fast“-Buttons. Möchte man auf Zeitlupen- oder Zeitrafferaufnahme umschalten, geht das blitzschnell über diese beiden Seitenknöpfe. Der erste schaltet die „Slow & Fast“-Funktion ein oder aus, während der andere die Kontrolle über die Framerate ermöglicht. Mit dem Joystick am Display oder am Handgriff wird die Bildrate eingestellt und bestätigt. Kein Menü ist notwendig, kein Neustart der Kamera und auch kein Wechsel des Codecs. Schnelle Workflows bietet die Kamera auch an vielen anderen Stellen.

Insgesamt 15 Schnellfunktionsknöpfe sorgen für große Flexibilität bei der individuellen Anpassung der Kamera.

Canon legt bei den neuen Modellen C500 Mk II und C300 Mk III, die beide den gleichen Body verwenden, großen Wert auf Modularität. So ist die Kamera innerhalb weniger Sekunden vom Hand- und Topgriff befreit und damit schnell bereit für beispielsweise Einsätze im Gimbal. Wer ein größeres Setup benötigt, kann dieselben Expansion Units verwenden wie an der C500 Mark II. Dadurch lässt sich etwa ein Viewfinder am Rückende der Kamera anbringen oder mit der EU-V2 eine Erweiterungseinheit für den Betrieb mit V-Mount-Akkus. Die EU-V2 bietet außerdem noch Anschlüsse wie Genlock und zwei weitere XLR-Eingänge. Diese Expansion Units lassen sich je nach Größe mit nur zwei bis vier Schrauben befestigen, wodurch ein Umbau innerhalb kürzester Zeit möglich ist. Auch den Objektivmount kann man selbst zwischen EF und PL umrüsten.

Was ich hingegen etwas vermisse, ist ein Rec-Button am Topgriff der Kamera. Hier muss man entweder auf den Knopf an der linken Kameraseite weit unten zurückgreifen oder doch am Seitengriff die Aufnahme auslösen oder stoppen. Für manch eine dokumentarische Situation stelle ich mir das kontraintuitiv vor. Ebenso kontraintuitiv ist die Justierung der Bildschirmposition. Zwar kann man das Display in eine Vielzahl von Positionen schwenken, neigen und drehen – der Weg dorthin ist jedoch meist ein Kampf, zumindest für mich.

Speichermedien und Codecs

Für die Speicherung des Materials bietet die C300 Mk III zwei Slots für CFexpress-Karten. Dieses Speichermedium ist bisher wenig verbreitet, erlaubt aber enorm hohe Schreib- und Lesegeschwindigkeiten bei sehr kompaktem Formfaktor. Geschrieben wird auf die CFexpress-Karten entweder Canons eigenes Cinema RAW Light in 10-Bit mit einer Datenrate von bis zu einem Gigayte pro Sekunde oder XF-AVC, ebenfalls in 10-Bit mit der Wahlmöglichkeit zwischen Intraframe (bis zu 810 Mbps) oder Long-GOP (bis zu 260 Mbps), jeweils im MXF-OP-1a-Format. Auch einen SD-Karten-Slot stellt die Kamera bereit, hier kann ein XF-AVC Long-GOP Codec mit maximal 35 Mbps ge- schrieben werden.

CFexpress-Karten sind derzeit noch sehr teuer. Je nach Speichergröße der Karte kostet ein Gigabyte teilweise über einen Euro. Doch aufgrund der steigenden Implementierung des Mediums auch in Fotokameras wie der neu angekündigten Canon EOS R5 dürfte hier in den nächsten Jahren ein Preissturz zu erwarten sein. Immerhin macht sich der Vorteil von CFexpress deutlich bemerkbar. Zum einen sind die Kopierzeiten für die Postproduktion spürbar reduziert, zum anderen habe ich nie ein schnelleres Medium für die Wiedergabe von gedrehtem Material genutzt. Ohne nennenswerte Latenz erscheinen auf Knopfdruck die aufgenommenen Clips und lassen sich ebenso ohne Verzögerung abspielen. Außerdem zeigen sich CFexpress Karten zukunftsfähig für immer höhere Auflösungen und Datenraten.

DoP Marius Milinski beim Comedydreh mit der Canon C300 Mk III

Autofokus

Der Bedarf nach verlässlichen Autofokus-Systemen in Cinema-Kameras steigt. Sony und Canon haben das bereits verstanden und gute AF-Modi im Angebot. Canons Dual-Pixel-Autofokus ist meiner Auffassung nach das aktuell beste System, mit hoher Zuverlässigkeit und natürlichen Fokusjustierungen, die kein Pumpen verursachen. Den größten Vorteil der Autofokus-Unter- stützung bei meiner Arbeit sehe ich in der Gesichtserkennung. Die C300 Mk III ist sehr gut im Erkennen von Gesichtern und hält die Schärfe entsprechend. Bei Einstellungen mit mehreren Gesichtern lässt sich der gewünschte Protagonist entweder per Joystick oder über das Display anwählen. Wichtig finde ich die Einstellung „Nur Gesicht“, was bedeutet, dass der Autofokus nur dann einspringt, wenn die Kamera ein Gesicht im Bild findet. Ansonsten verweilt der Autofokus im Stand-by und überlässt dem Nutzer manuell die Steuerung. Leider versagt die Gesichtserkennung wie schon bei der C500 Mk II häufig bei Brillenträgern. Hier ist dringend ein Firmwareupdate nötig.

Bildqualität

Einer der schönsten Aspekte an Canon-Kameras war schon immer der spezielle, warme Look. Auch die C300 Mk III macht hier keine Ausnahme, besonders in Kombination mit Canons eigenen Objektiven. Die Flexibilität der Kamera macht sich auch in den Bildprofilen sichtbar. Um den vollen Dynamikumfang auszukosten, ist natürlich die Aufnahme in Cinema RAW Light nötig. Interessanterweise spürt man die zusätzliche Dynamik nicht unbedingt in den Log Formaten C-Log 2 und C-Log 3, sondern im „Wide DR“-Profil, welches für Rec. 709 und Rec. 2020 zur Ver- fügung steht. Wer viel für TV-Formate produziert oder generell auf Colorgrading verzichten möchte, wird mit diesen Profilen mehr als zufrieden sein. Selbst in stark gegenlichtigen Situationen besticht die C300 mit einem wunderschönen Highlight-Rolloff, das auch an Kontrast- kanten keine Probleme macht.

Dreharbeiten

Für eine fünftägigen, szenische Comendyproduktion mit sehr unterschiedlichen Anforderungen an die Kamera habe ich mich für die Canon entschieden. An einigen Drehtagen war fast ausschließlich die Arbeit mit einem Easyrig gefordert. Dabei habe ich mich für ein kleinstmögliches Kamerasetup entschieden: C300 Mk III ohne Expansion Unit, Canon CN-E 18-80mm T4.4 Objektiv und zusätzlicher Atomos Shogun 7 Monitor-Recorder. Dieser diente mir vor allem als Backup, aber auch als zusätz- licher großer Monitor. Das C300-Display ist zwar mit 4,3 Zoll recht üppig, bei Sonnenlicht allerdings ohne Viewfinder nicht hell genug.

Das Kamerabild wurde in diesem Setup per SDI-Kabel an den Regiemonitor gegeben, um zusätzliches Gewicht für einen Bildfunksender einzusparen. Durch das minimalistische Rig blieb die Kamera sehr leicht und ermög-ichte mir damit längeres Arbeiten und eine hohe Flexibilität. Diese Flexibilität bezahlt man allerdings mit dem häufigen Wechseln von Akkus. BP-A30 Akkus speisen die C300 Mk III für knapp über 50 Minuten, während die BP-A60 Akkus auf knapp unter zwei Stunden kommen. Auch der Shogun 7 benötigt eine Vielzahl an NP-F 750 Akkus, da in dem Setup die Speisung über eine V-Mount Batterie fehlt.

An Drehtagen, die hauptsächlich die Arbeit vom Stativ erforderten, habe ich mich für ein größeres Rig entschieden: die C300 Mk III mit der Expansion Unit V2 für den Betrieb über V-Mount Batterien, Atomos Shogun 7 sowie eine Teradek Bolt 500 für den Bildfunk. Der Monitor-Recorder sowie der Bildfunksender können in diesem Setup bequem über die Expansion Unit gespeist werden. Als Optiken kam wieder die Canon CN-E 18-80mm T4.4 sowie die CN-E 70-200mm T4.4 zum Einsatz. Die beiden Kamera- Setups wurden teilweise täglich gewechselt, was aber dank der einfachen Umbaumechnik der Kamera zu keiner Zeit ein Problem wurde.

Fazit

Die Kamera stellt mir als Kameramann die Weichen für einen schnellen und flexiblen Einsatz, ohne dass ich mich ständig durch Menüs wälzen und irgendwelche Einstellungen suchen muss. Sie ist nicht perfekt, aber mit all ihren kleinen Kniffen und Möglichkeiten ist die C300 Mk III ohne Frage die flexibelste und vor allem schnellste Kamera, mit der ich bisher gearbeitet habe.  [13269]

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