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Wir stellen die Preisträger des 30. Deutschen Kamerapreises vor (9)

Mit wenig viel erreichen

Unsere Reihe mit den Preisträgern beim 30. Deutschen Kamerapreis geht zu Ende mit Felix Pflieger. Er bekam den Nachwuchspreis Kamera, gestiftet von Sigma, für seine Arbeit beim Kurzfilm „Die letzten Kinder im Paradies“.

Felix Pflieger wurde 1987 in Neumarkt in der Oberpfalz geboren. Seit 2014 ist er Kamerastudent an der HFF München und realisiert Spiel- und Dokumentarfilme, die auf zahlreichen internationalen Festivals gezeigt wurden. 2016 gewann sein Film „Was wir tun, wenn wir alleine sind…“ den Publikumspreis bei den Dresdner Schmalfilmtagen. 2017 wurde sein Film „Pan“ auf über dreißig internationalen Festivals gezeigt und gewann im Jahr darauf den Best Cinematography Award auf dem Phenomena Filmfestival in Mexico City. Nach seiner Premiere beim Filmfestival Max Ophüls Preis 2019 wurde „Die letzten Kinder im Paradies“ auf der Camerimage im polnischen Torun in die offizielle Selektion der Student Etudes Competition aufgenommen und gewann den Bronze Tadpole.

Seit der Verleihung des 30. Deutschen Kamerapreises ist ja schon ein wenig Zeit vergangen. Hattest du mittlerweile schon Gelegenheit, deinen Preis, ein Sigma Highspeed-Zoom einzusetzen?
Ja, das ist tatsächlich schon zum Einsatz gekommen! Ich habe damit für einen Kunstfestival-Trailer an meiner eigenen Kamera gedreht.

Was hat es für dich bedeutet, den Nachwuchspreis Kamera gewonnen zu haben?
Ich verfolge den Deutschen Kamerapreis jedes Jahr und schaue mir dann auch immer an, wer da für welche Arbeiten ausgezeichnet wird. Dass ich mich da jetzt mit einreihen darf, ist toll und war eine ziemliche Überraschung, vor allem, weil wir den Film mit ultra-reduzierten Mitteln realisiert haben. Weil wir mit Kindern gedreht haben, konnten wir mit ihnen trotz normaler Zehn-Stunden-Tage teilweise nur fünf Stunden am Tag arbeiten, manchmal sogar nur drei. Deshalb war die Anforderung, 360 Grad einzuleuchten, damit wir nicht so viel Zeit verlieren, auch nicht durch Objektivwechsel, Filterwechsel oder „Kameragefrickel“! Deswegen haben wir den Film eigentlich auch nur mit einer Linse gedreht und mit der Kamera von der Schulter. Beleuchtet haben wir immer von außen, mit maximal 2,5 kW und nur im äußersten Notfall etwas mit einem Styro aufgehellt. Außerdem hatten wir ein wirklich sehr kleines Team und kleines Technikpaket. Da ist es natürlich umso schöner, dass man sieht und es vielleicht auch an- deren Leuten zeigen kann, dass man mit ganz wenig auch etwas erreichen kann.

Was war denn in deinem Technikpaket enthalten?
Ich hatte eine ARRI ALEXA mit einem Cooke S2 32 mm.

Felix Pflieger drehte „Die letzten Kinder im Paradies“ in 4:3 und ausschließlich mit dem Cooke S2 32 mm.

Gab es einen besonderen Grund, warum du dich für diese Optik entschieden hast?
Die Linsen sind in der Schule verfügbar, ansonsten gibt es noch High Speeds und Compact Primes. Den Film davor hatte ich mit den High Speed gedreht, weil man sich in der Schule ein bisschen hocharbeiten muss, um Ausrüs- tung sozusagen freizuschalten. Die ALEXA zum Beispiel bekommt man erst ab dem Film 03. Mit den Optiken hatten wir vorher einen Blindtest gemacht und im Studio mit jeder Brennweite ein Porträt des Assistenten gedreht. Da fühlte sich dann die 32er-Optik richtig an, mit dem Abstand zur Haupfigur und wenigen Verzerrungen. Bei der Motivtour sind wir dann mit diesem Objektiv losgezogen. Wir wussten schon vor der Auflösung, dass wir den Film im Seitenverhältnis 4:3 drehen würden, denn wir wir wollten viele Porträts drehen. Im Motiv haben wir dann gemerkt, was es auch für die Kameraerzählung bedeutet, wenn man nur mit einer Brenn- weite, und zwar einer so relativ langen, also eher im Bereich der Normalbrennweite dreht. Man kann einfach keine wirklichen Totalen und das ganze Bild, wie sich die Geographie des Hauses organisiert. Wo geht die Treppe nach oben, wo ist welcher Raum? Das hat uns schon sehr gut gefallen, ein kleines Puzzle zu machen, das den Zuschauer ein bisschen herausfordert.

Die Jury hat ja ausdrücklich die „klaustrophobische Kadrage“ gelobt.
Das war eigentlich erst mal gar nicht so geplant! Das Buch zu „Die letzten Kinder im Paradies“, das Anna Roller geschrieben hat, hatte eine eher ätherische Qualität und ich bin ein großer Tarkowski-Fan Fan und mag lange Einstellungen mit einer elegischen, fliegenden Kamera. Also haben wir den Film erst mal in Scope, Dolly und großer Technik entworfen. Aber dann haben wir viel mit dem Buch gearbeitet und sind dabei eigentlich genau aufs Gegenteil gekommen: Wir wollen nah an den Figuren sein. Es gibt keine große Kameraerzählung, die auch vielleicht mehr weiß als die Hauptfigur, sondern wir sind immer hinter der Figur in den Raum hineingegangen. So hat sich das dann ergeben und das Ausschnitthafte kam dann mit der Brennweite und andererseits mit Inspirationen, die wir hatten. Im Film vorher hatten wir uns ein wenig die Naheinstellungen gespart und haben sie dann im Schnitt vermisst. Wir haben uns auch ständig gefragt, ob sich der Film auf der Leinwand in so einer klaustrophobischen, nahen Kadrage erzählen kann. Deswegen haben wir gemerkt, dass dieser Film viel mehr eine Texturlichkeit braucht. Wenn man nah dran ist an einem Gesicht oder einem Gegenstand, dann muss sich das auch so anfühlen und man muss die kleinen Details wahrnehmen können. [14206]

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