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ZDF entwickelt Fiction-Format zur schnellen Reaktion auf gesellschaftliche Ereignisse

Was will Instant Fiction?

Mit dem Format Instant Fiction hat das ZDF zu Beginn der Corona-Krise ein neues Genre entwickelt, um in einem „beschleunigten Produktionsprozess“ schnell auf aktuelle gesellschaftliche und politische Ereignisse reagieren zu können. Inzwischen werden seit einem Jahr Instant-Fiction-Serien entwickelt. Jasmin Maeda, Leiterin der Redaktion Reihen und Serien I beim ZDF zog im Gespräch mit Gunter Becker für die Ausgabe 10.2021 ein erstes Fazit.

“Liebe. Jetzt!” (Foto: ZDF / Johannes Louis)

Frau Maeda, warum und wie haben Sie beim ZDF das Genre Instant Fiction entwickelt?
Instant Fiction entstand im Frühjahr 2020 als Reaktion auf den Corona-Lockdown, als die Sets still standen und Test- und Hygienekonzepte noch in den Kinderschuhen steckten. Damals ergriff Frank Zervos, der Hauptredaktionsleiter Fernsehfilm/Serie I, die Initiative und regte an, kreativ mit der Krise umzugehen. Die bildundtonfabrik (btf), eitelsonnenschein und Studio Zentral haben sofort reagiert. Innerhalb kürzester Zeit wurde „Drinnen – Im Internet sind alle gleich“ aus der Redaktion Das kleine Fernsehspiel und Quantum heraus entwickelt und ZDFneo angeboten. „Liebe. Jetzt!“ wurde ebenfalls aus unserer Hauptredaktion für ZDFneo entwickelt. Die Instant-Fiction-Formate wurden und werden von unterschiedlichen Kolleg:innen betreut, „Lehrerin auf Entzug“, das kurz darauf folgte, aus der Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie II. Ich bin innerhalb der Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie I mit der zentralen Koordination betraut.

Welches ist die gemeinsame Klammer all dieser Instant-Fiction-Serien? „Drinnen – Im Internet sind alle gleich“ unterscheidet sich ja sehr stark von zum Beispiel „Schlafschafe“.
Das gemeinsame Ziel der Instant-Serien ist, innerhalb kürzester Zeit auf aktuelle, akute gesellschaftlich wie politisch relevante Ereignisse mit einem fiktionalen Programm-Akzent emotional zu reagieren. Normalerweise brauchen fiktionale Projekte mehrere Jahre bis zur Veröffentlichung. Diese neue Produktionsart erlaubt es uns, auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen nun auch im Serienbereich schnell reagieren zu können. Trotzdem unterscheiden sich die einzelnen Serien natürlich. „Drinnen – Im Internet sind alle gleich“ ist innerhalb weniger Wochen entstanden. Für „Schlafschafe“ hatten wir einige Monate Zeit – immer noch ein stark verkürzter Produktionszeitraum im Vergleich zu unseren sonstigen Serien, für die wir in der Regel ein bis zwei Jahre Zeit brauchen.

Jasmin Maeda (Foto: ZDF / Jana Kay) (Bild: Jana Kay)

Aber wie funktioniert „beschleunigt“ ganz konkret bei Instant Fiction? Ist das ein eigenständiger Workflow?
Die Beschleunigung vollzieht sich auf vielen Ebenen. Das fängt beim schnellen Entscheidungsverfahren und Produktions-Go an und setzt sich bis zur Ausstrahlung fort. Alle beteiligten Gewerke, von der Redaktion über das gesamte Kreativteam im Entwicklungs- und Produktionsprozess bis hin zur technischen Endfertigung entwickeln und produzieren im Rekordtempo. Das bedeutet, dass auch Regie und Darsteller:innen vor Ort ganz anders agieren als üblich. Dabei hängen die Produktionsprozesse natürlich auch von den jeweils machbaren Produktionsabläufen und Hygieneauflagen ab. Bei „Drinnen – Im Internet sind alle gleich“ sah das im Frühjahr 2020 noch so aus, dass Hauptdarstellerin Lavinia Wilson sich selbst geschminkt und auch selbst gefilmt hat. Durch ihre langjährige gemeinsame Dreherfahrung mit Regisseur Lutz Heineking jr. gab es so etwas wie blindes Vertrauen, von dem die Serie in ihrer Machart und Wirkung stark profitiert hat.

Bei „Liebe. Jetzt!“ mussten die Darsteller:innen auch Vieles selbst übernehmen, aber wir hatten zumindest eine Mischform aus „sich selbst filmen“ und einer fest installierten, eingerichteten Kamera in einigen Sets. Da waren produktionstechnisch einige Fragen zu lösen: Wie funktioniert eine Kamera, die nicht manuell bedient werden kann, weil sich kein Kameramann am Set aufhalten durfte? Wie führt man Regie auf räumliche Distanz, via Videokonferenz? Bei „Schlafschafe“ war wieder ein kleines Team vor Ort möglich.

Was sagten denn die gewerkschaftlich organisierten Kolleg:innen beim öffentlich-rechtlichen ZDF zu solchen Arbeitsabläufen? Gab es Diskussionen oder Befürchtungen, dass sich solche Produktionsformen verstetigen?
Nein, gab es nicht, zumal es sich um Auftragsproduktionen handelt. Instant Fiction ist eine aus der Krise entstandene Sonderform der Produktion. Die Zahl der so entstandenen Serien ist, gemessen am ZDF-Output, verschwindend gering und wird sicherlich nicht der zukünftige Produktionsstandard im ZDF. Wir schauen auch ganz genau hin, bei welchen Inhalten ein solches Instant-Fiction-Verfahren Sinn macht.

Welche Reaktionen haben die Instant-Fiction-Serien beim Publikum ausgelöst? Das war teilweise auch inhaltlich stark profiliertes Programm mit starken Statements zu Politik und Gesellschaft.
Die Reaktionen waren unterschiedlich. Die Presse und Fachpresse haben vor allem „Drinnen – Im Internet sind alle gleich“, „Liebe. Jetzt!“ und auch „Schlafschafe“ sehr gelobt, für den Mut so schnell und kreativ voranzugehen. Das freut uns natürlich. In der Mediathek haben die Serien unsere Erwartungen übertroffen. „Schlafschafe“ konnte in weniger als zwei Wochen die Millionenmarke bei den Abrufen knacken und gehört damit zu den erfolgreichsten ZDFneo-Serien in der ZDFmediathek. Und auf den Social-Media-Kanälen sehen wir, dass zum Beispiel über „Schlafschafe“ sehr kontrovers diskutiert wird, wir aber auch viel Lob für die Serie erhalten.

Instant Fiction ist eine Innovation, die aus der speziellen Lockdown-Zeit entstanden ist. Wird das Genre beim ZDF beibehalten und auch zukünftig weiter mit Serien bedient werden?
Ich halte Instant Fiction für eine Errungenschaft, weil sie uns erlaubt, gesellschaftlich wichtige Themen früh aufzugreifen, schnell fiktional umzusetzen und so auch stärker in den Fokus unserer Zielgruppen zu rücken. [14819]

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