Die Sony BURANO mit den ZEISS Nano Primes im Praxistest
Heiß begehrt
von Sven Kubeile,
Sowohl die Sony BURANO als auch die ZEISS Nano Primes sind ziemlich frisch auf dem Markt und Test-Equipment ist daher knapp. Wir haben es trotzdem geschafft, für unser Heft 7–8.2024 gleich beide Neuheiten zusammen bei zwei Projekten ausführlich in der Praxis zu erproben.
Als Sony im vergangenen Jahr die BURANO vorstellte, waren nicht wenige Filmschaffende begeistert von den Features der neuen Kamera. Mit ihr zeigte der Hersteller nicht nur eine neue Kamera, sondern ein neues Kamerakonzept, das es so bis dato noch nicht gab. Völlig neu und bis heute einzigartig ist die BURANO eine Cine-Kamera, die über einen wechselbaren und mitgelieferten PL- und E-Mount verfügt, einen integrierten elektronischen ND-Filter und Autofokus bietet und zudem sensorstabilisiert ist. Die Bildqualität soll dabei an die der VENICE 2 herankommen. Damit ist das Modell prädestiniert für Dokumentar-Drehs und solche, bei denen eine FX9 nicht ausreichend und eine VENICE 2 zu hochskaliert war. Dabei liegt der Fokus bei der BURANO auf der Benutzbarkeit für den Operator.
In eine ähnliche Equipment-Kategorie lassen sich auch die neuen ZEISS Nano Primes einordnen. Sie sollen eine ähnliche Bildqualität und einen vergleichbaren Look wie die Supreme Primes liefern, dies jedoch zu einem deutlich geringeren Preis. So liegt der aktuelle Preis bei 27.370 Euro für ein komplettes Set, bestehend aus sechs Brennweiten von 18 bis 100 mm. Alle Objektive bieten eine Lichtdurchlässigkeit von T1.5 und leuchten Vollformat-Sensoren aus. Zunächst werden die Optiken nur mit E-Mount zu haben sein, ein einfacher Mountwechsel ist aber bereits vorgesehen.
Gerade die Zusammenstellung aus der Sony BURANO und den ZEISS Nano Primes könnte für viele Produktionen spannend sein. Wo sonst eine VENICE 2 mit den Supreme Primes im Einsatz war, ist diese Kombination eine deutlich kostengünstigere Lösung, die wahrscheinlich auch Einzug bei Produktionen für Streamer und TV-Sender halten wird.
Test-Drehs
Um die Kombination aus BURANO und den Nano Primes ausgiebig testen zu können, haben wir sie bei zwei Drehs eingesetzt. Das erste Projekt ist ein Musikvideo für einen Kölner Musiker. Dabei sollte das finale Video vom Grundkonzept einem Hip-Hop-Perfor- mancevideo entsprechen. Die Idee der Produktion: Vier Jungs inklusive des Musikers treffen sich gegen 21:00 Uhr in Bonn, um alle wichtigen Punkte des Musikvideos bei einem Salat besprechen zu können. Nach Sonnenuntergang sollte es dann erst zu den Fahrzeugen gehen, um dort das Equipment vorzubereiten.
Das Konzept sah vor, zu grob anvisierten Uhrzeiten an geplanten Stellen in der Stadt bestimmte Handlungen und Durchläufe des Songs zu drehen. Dabei sollen einige Einstellungen durch künstlerische Elemente in der Postproduktion ergänzt werden. Außerdem hatte Ideengeber Moritz Grunewald einen VHS-Camcorder in seiner Tasche, um das BURANO-Material um einige kreative 4:3-Shots zu erweitern. Diese alte und nahezu wertlose Kamera sollte sich später noch als überaus wichtig erweisen.
Die besondere Herausforderung an das Equipment war, dass grundsätzlich auf eigenes Licht verzichtet werden sollte. So befand sich lediglich für gestalterische Notfälle eine Amaran 60X S im Rucksack, die mit Sony NP-F-Akkus betrieben werden konnte. Kameramann Jonas Pardeyke führte die Kamera mithilfe eines Easyrigs Minimax STABIL Light. Da die Kamera mit Akku, Bildschirm und Optik ziemlich genau 5 Kilogramm gewogen haben dürfte, sollte dieses Setup bei allen Handheld-Shots mit Easyrig verwendet werden. So konnte auch die Sensorstabilisierung der Kamera voll zum Tragen kommen. In diesem Setup sollte dann bis knapp 6:00 Uhr in der Frühe gedreht werden, wobei einige Einstellungen auch vom Stativ aus entstanden.
Der zweite Dreh sollte sich an einem gewöhnlicheren Auftrag aus unserer Branche orientieren, nämlich an einem Job, den so oder so ähnlich einige schon erlebt haben werden: ein modernes Imagevideo für einen Friseursalon im Oberbergischen. Auch hierfür gab es ein grobes Konzept und lediglich ein Ein-Personen-Team. Wieder wurde ein Großteil des Videos mithilfe des Easyrigs gedreht. Zusätzlich kam in einigen Einstellungen der Zeapon Axis 120 als motorisierter Slider zum Einsatz.
Kamera-Tests
Vor den Drehs hatten wir uns intensiv mit der neuen Kamera auseinandergesetzt. Dabei fiel sofort auf, dass die BURANO kein False-Color unterstützt, was bei anderen Kameras etwa von Blackmagic Design, Canon oder ARRI ein durchaus nützliches Feature ist. Allerdings verfügt die BURANO über einen Waveform-Bildschirm. So ließ sich schnell feststellen, wie die Kamera das Licht sieht.
Ein weiterer Punkt in der Vorbereitung war die Wahl des Aufnahmeformats. Besonders interessant bei den implementierten Möglichkeiten ist das X-OCN LT Format. Das proprietäre komprimierte RAW-Format zeichnet die Sensordaten nämlich in 16 Bit auf. So lassen sich viele Parameter wie etwa der richtige Weißabgleich entspannt in der Post einstellen. Der integrierte ND ist in der stufenlosen Variante bei Sony nicht ungewöhnlich, aber bei der BURANO insofern eine Besonderheit, weil er sich mit der Sensorstabilisierung kombinieren lässt.
Die ZEISS Nano Primes fügten sich schon beim ersten Blick gut in das Equipment ein. Die integrierten Kontakte sorgen dafür, dass die Kamera jederzeit über die Fokuseinstellung sowie die eingestellte Blende informiert ist. Die Fokus- und Blendenringe laufen gleichmäßig und ohne Spiel.
In der Praxis
Der Nachtdreh bot für die BURANO ausreichend Gelegenheit, ihre extrem gute Eignung für dunkle Umgebungen unter Beweis zu stellen, nicht zuletzt durch die zweite Native ISO von 3.200 und in Kombination mit der offenen Blende T1,5 der Nano Primes. Alle am Set hatten beim Betrachten des Bilds auf dem kleinen Display der BURANO stets ein gutes Gefühl.
Tagsüber konnten wir dann die Automatik-Funktion des ND-Filters ausgiebig testen und wenig überraschend funktionierte dieser sehr gut. Allerdings gelang es uns, den ND-Filter an seine Grenzen zu bringen. Denn als wir mit den Nano Primes bei offener Blende im Sonnenlicht drehen wollten, reichte die Abdunklung des internen Filters nicht aus. Die sieben Stufen waren einfach zu wenig. Das ist ein Nachteil der sonst äußerst praktischen stufenlosen ND-Filter, denn mit herkömmlichen Ein- schwenkfiltern wie etwa in einer C70 lassen sich bis zu 10 Blendenstufen realisieren.
Jedoch sollte dabei beachtet werden, dass die Filter in dem Fall sich hintereinander im Strahlengang befinden und dabei in der Theorie ganz leichte Farbverschiebungen und Qualitätseinbußen auftreten könnten. Wenn wir in dieser konkreten Situation aber die Wahl gehabt hätten, wäre unsere Präferenz drei Stufen mehr Abdunklung statt einer stufenlosen Einstellung gewesen.
Die Aufnahmen in X-OCN LT brachten pro Dreh ungefähr 1,3 TB an Daten auf die Festplatte. Das Format ließ sich in 8,6K entspannt auf einem M1 Max MacBook Pro bearbeiten und farbkorrigieren. Die Details, die sich in den RAW-Daten verbergen, sind bemerkenswert. Besonders spannend war es zu sehen, wie viele Details noch im Mond und dessen Licht enthalten waren und wie viel dabei in der RAW-Entwicklung noch gemacht werden konnte. Die Kombination aus BURANO und ZEISS Nano Primes fühlte sich fast wie ein Nachtsichtgerät an. [15459]