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DoPs Anne Bolick und Katharina Bühler berichten über Jobsharing bei „Oh Hell“

Zusammen wird’s besser

Setarbeit und Privat- oder Familienleben sind bisweilen schwierig unter einen Hut zu bekommen. Um familienfreundlichere Dreharbeiten hinzubekommen, müssen sich Produktion, Filmschaffende und Auftraggeber Mühe geben. Die DoPs Anne Bolick und Katharina Bühler haben in unserer Ausgabe 7–8.2024 berichtet, wie sie sich die Bildgestaltung von „Oh Hell“ teilten und geben Tipps, was auch männliche Kollegen davon umsetzen können.

Am Set von "Oh Hell"
Foto: privat

In der freien Wirtschaft fing es an. Zwei qualifizierte Fachkräfte teilen sich eine Vollzeitstelle, fünf Angestellte arbeiten auf vier Vollzeitstellen, eine Abteilungsleitung wird durch zwei Fachleute ausgeführt. Verschiedene Formen der Arbeitsplatzteilung etablierten sich in den USA in den 1970er Jahren und gelangten schließlich auch nach Deutschland. Laut Arbeitszeitexpertin Jana Tepe nutzten 2015 15 bis 20 Prozent der Unternehmen in Deutschland ein Jobsharing-Modell.

„Wer als Unternehmer wirkliche Wertschätzung lebt, stellt sich auf die Lebensphasen seiner Mitarbeiter ein“, so Tepe gegenüber ZEIT ONLINE und führt weiter aus: „Wenn sich zwei Mitarbeiter eine Stelle teilen, dann hat man in der Summe auch mehr Kompetenz, zwei Blickwinkel und damit min der Regel mehr Kreativität und mehr Inspiration. Denn wer eine ausgeglichene Balance zwischen Privatleben und Beruf hat, ist häufig motivierter und produktiver.“

Mehr Arbeit

„Alles gut und schön“, hört man Redaktion und Produktion rufen. „Aber funktioniert das auch in der Filmbranche?“ Natürlich tut es das. Wir müssen nur langsam anfangen, verschiedene Modelle auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und uns über diese auszutauschen. So haben die Bildgestalterinnen Anne Bolick und Katharina Bühler ihre Arbeitsteilung als gleichberechtigte DoPs bei den Dreharbeiten bei der Magenta-TV-Serie „Oh Hell“ ausgestaltet.

„Das ist gerade immer mehr im Umlauf – auch bei ProQuoteFilm – in vielen Formen über Filmsets zu reden und wie die Gewerke sich ihren Job teilen“, so Katharina Bühler, „gerade bei den vielen, langen Serienformaten und immer mehr Menschen, die beim Film gerne die Vereinbarkeit von Familie und Job hätten.“

Angestoßen durch die Gespräche innerhalb der Branche beschäftigte sich auch Bühler mit der Idee. Dann bekam sie die Anfrage von der Regisseurin Sarah Blaßkiewitz, die gerne mit ihr die zweite Staffel von „Oh Hell“ drehen wollte. Bühler hatte jedoch gerade eine lange Drehzeit beendet und wollte zwar „Oh Hell“ gerne machen, konnte sich aber nicht vorstellen, gleich wieder 50 Drehtage plus Vorbereitungszeit abzutauchen. „Also habe ich Sarah darauf angesprochen, ob sie sich ein Jobsharing vorstellen könnte“, so Katharina Bühler. „Sie war sofort offen dafür und hat das dann mit mir zusammen bei der Produktion positiv vorgetragen. Und so konnten wir uns dann auf die Suche nach einer zweiten DoP machen.“

DoP Katharina Bühler

DoP Anne Bolick
Die Bildgestalterinnen Katharina Bühler (oben) und Anne Bolick teilten sich die DoP-Arbeit bei „Oh Hell“ auf. (Fotos: privat)

Bühler hatte zu dem Zeitpunkt Anne Bolick schon auf dem Schirm. Glücklicherweise hatte Bolick Zeit für das Projekt und Interesse an dieser Erfahrung. Beide DoPs haben in Ludwigsburg studiert, sind in der gleichen Agentur und haben beide schon Projekte mit Regisseur Christian Werner zusammen umgesetzt. Bolick hatte schon erste Erfahrungen mit Jobsharing ein Jahr zuvor bei der Serie „Everyone is­ Fucking Crazy“ gemacht. „Die Hauptbedenken sind immer die Kosten“, so Katharina Bühler, „dass wir als zwei DoPs dann viel teurer sind.“


Tipps für das Jobsharing

Die wichtigsten Aspekte bei der Arbeitsteilung von DoPs oder anderen Department Heads sind laut Anne Bolick und Katharina Bühler:

  • Sucht einen DoP-Counterpart, den ihr bildgestalterisch und menschlich mögt
  • Holt die Regie früh mit ins Boot
  • Macht eine Liste mit Vorteilen zur Argumentation und zur Inspiration bei der Produktion
  • Achtet im Vertrag auf die explizite Aufteilung der Drehtage und die Festlegung der Namensnennung im Abspann
  • Sucht euch ein passendes Kollaborationswerkzeug, um gemeinsam mit der Regie gegenseitig up to date zu bleiben
  • Seht auch die Muster der Counterpart-DoPs an
  • Macht Erfahrungen und kommuniziert diese

Natürlich kann das Honorar nicht einfach durch zwei geteilt werden. Eine adäquate Entlohnung muss sichergestellt sein. Bolick und Bühler argumentierten hier damit, dass beide als Selbstständige auf Rechnung und nicht im Anstellungsverhältnis arbeiten. Die Produktion hat auch etwas davon. Zwei DoPs liefern eine erhöhte Flexibilität und damit auch Qualität für das spätere Produkt. „Allerdings haben wir, das muss man auch immer dazu sagen, schon mehr Arbeit, als würde man jetzt einfach nur 25 Drehtage einen Film drehen“, so Katharina Bühler. Die gesamte Vorberei- tung läuft de facto zusammen, man fährt gemeinsam auf Motivtour, stimmt sich immer wieder ab, um auf einem Level zu sein. „Das ist mehr Arbeit als einfach die Hälfte.“

Hier sehen beide noch Potenzial, um diese Arbeitsteilung mit den Erkenntnissen und der Erfahrung aus solchen Projekten besser aufzustellen. Dann hoffen beide, mit mehr Erfahrung und Gelassenheit auf Produktionsseite auch noch einmal über die Gagen sprechen zu können. „Aber für mich haben hier klar die Vorteile überwogen“, so Bolick über das Jobsharing bei „Oh Hell“. „Man hat eben auch einen Sparringspartner auf kreativer Ebene, jemanden, mit dem man Ideen hin- und herwerfen kann, um die Bildgestaltung mit doppelter Kraft zu entwickeln.“

Praxis

In die Vorbereitung waren beide gleichermaßen involviert. Hier gab es Meetings mit beiden DoPs zusammen, beide brachten sich in der Besprechung mit der Regie ein. Die beiden DoPs schätzen den Zeitpunkt, ab dem der Drehplan stand, als Wendepunkt ein. „Bevor der Drehplan erstellt wird, gerade bei einem langen Serienprojekt, hat man mehr Arbeit, weil man natürlich alle Motive anschaut, noch keine klare Aufteilung hat, wer wo wann wie dreht. Da fällt eine Mehrarbeit an“, sagt Anne Bolick. Ab dem Zeitpunkt, wo der Drehplan stehe, könne man die Arbeit aufteilen.

Die Aufteilung, dass der erste Drehblock von Katharina Bühler und der zweite von Anne Bolick übernommen werden sollte, war schnell klar. „Ab dem Moment, wo der Regieassistent Nils Strüven wirklich intensiver dazukam, hat er für uns die Strukturen sortiert“, sagt Katharina Bühler. Da es beim Dreh zwei Hauptmotive gab, sei es sinnvoll gewesen, dass jede DoP eines dieser Hauptmotiv drehen würde. Um diese zwei Motive wurde dann der Drehplan gebaut. [15461]


Neugierig geworden? Hier erfahren Sie mehr über das Jobsharing am Set und Kollaborations-Tools!


 

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