DoP Alejandro Mejía dreht mit der neuen ARRI ALEXA 265
„Ein Format, das süchtig macht“
von Uwe Agnes,
DoP Alejandro Mejía konnte die neue ARRI ALEXA 265 bereits bei einem Dreh in New York einsetzen. Wir erfuhren von ihm, wie sich die Kamera in der Praxis geschlagen hat und was ihm an der ALEXA 265 besonders gefiel.
Alejandro Mejía, Mitglied der Mexican Society of Cinematographers (AMC), hat sich sowohl in der fiktionalen als auch in der dokumentarischen Filmwelt etabliert. Seine Arbeit umfasst international anerkannte Projekte wie „499“, das 2020 auf dem Camerimage Festival mit dem Goldenen Frosch für die beste Dokumentarfilm-Kinematografie ausgezeichnet wurde. Mejía hat zudem bei Filmen wie „306 Hollywood“ mitgewirkt, einem experimentellen Dokumentarfilm, der 2018 für einen Emmy nominiert wurde. Zu seinen jüngsten Erfolgen zählen Auszeichnungen bei renommierten Festivals, darunter die Tribeca und Sundance Film Festivals im Jahr 2024, wo er für seine Arbeiten an „The Knife“ und „In The Summers“ geehrt wurde.
Er hatte die Gelegenheit, schon vor dem offiziellen Release mit der ARRI ALEXA 265 den Kurzfilm „Pulse“ zu drehen. Wir haben mit ihm über seine Erfahrungen gesprochen.
Alejandro, dein dokumentarischer Hintergrund legt nahe, dass du üblicherweise mit leichter und kompakter Ausrüstung drehst. Was sind deine bisherigen Erfahrungen mit dem 65-mm-Format? Ich habe immer nur Tests mit diesem Format gemacht, aber letztlich nie damit gedreht. Die größten Einschränkungen waren die Größe der Kamera und der gesamte Workflow. Ich erinnere mich, dass ARRI damals ein Paket anbot, das einen Techniker einschloss, der sich um die Kamera und die dazugehörige Software kümmern musste. Das war eine echte Hürde. Es gab genügend Projekte, bei denen ich mir dachte: „Ja, das könnte ich auf 65 mm drehen!“ Aber dann wurde mir immer schnell klar, dass es dem Projekt schaden würde, all diese aufwendige Technik mitzuschleppen – große Ausrüstung, ein komplizierter Workflow, gigantische Datenmengen. Genau deshalb hat mich die neue ARRI ALEXA 265 so beeindruckt: Sie war superleicht und unkompliziert.
Also ist mit der neuen ARRI ALEXA 265 das 65-mm-Format mobiler und besser anwendbar? Ja, genau. Ich hatte das Gefühl, dass diese Kamera der ALEXA 35 sehr ähnlich ist – das ist die Kamera, die ich normalerweise benutze. Ich bin ein großer Fan davon, mit eigener Ausrüstung zu arbeiten. Aber es war wirklich spannend, dieses neue Gehäuse zu sehen. Es fühlte sich an, als wäre ich plötzlich in der First Class unterwegs– und dann zurück in die Touristenklasse, wenn man wieder zur gewohnten Ausrüstung wechselt. Ich hatte sofort den Wunsch, alle meine Filme im 65-mm-Format zu drehen, weil es so filmisch ist. Das Bild ist so breit ist wie 2.39:1, fast wie 2.40:1, das ist in dem Format fast nativ. Ich komme aus der Fotografie und beim 65-mm-Format war es fast so, wie mit den großen 8×10-Zoll-Negativen zu arbeiten. Es hat diese Tiefe die das Bild ganz besonders wirken lässt. Es ist auch ein sehr weites Bild, das ganz ohne Verzerrung auskommt. Da dachte ich sofort: „Wow, das ist der Rolls Royce unter den Kameras!“
Was hast du mit der ALEXA 265 gedreht und was war deine Idee dahinter? Wir hatten die Kamera nur für zwei Tage und wollten etwas drehen, das die ALEXA 265 und ihre Möglichkeiten auslotet. Ich rief eine enge Freundin an, eine ehemalige Primaballerina aus Schweden, die jetzt in L.A. lebt und als Choreografin arbeitet. Zusammen überlegten wir uns ein Konzept und stellten ein kleines Team aus Tänzern und einem Musiker zusammen, der uns auch den passenden Song vorschlug. Wir haben in New York im Central Park, der Queensboro Bridge und einem Dach in DUMBO – „Down Under the Manhattan Bridge Overpass“ – gedreht, mit der Brooklyn Bridge und vorbeifahrenden U-Bahnen im Hintergrund. Dabei haben wir überwiegend aus der Hand und mit einer Steadicam gearbeitet.
Welche Objektive hast du dabei verwendet? Ich habe hauptsächlich das Prime 65 S-Set von ARRI Rental verwendet – eine fantastische Wahl, da die Optiken nicht nur sehr schön, sondern auch extrem scharf sind. Nach einer langen Phase, in der ich eher auf den Vintage-Look gesetzt habe, finde ich gerade wieder Gefallen an dieser Präzision und Klarheit. Zusätzlich habe ich das 20-mm- und 24-mm-Objektiv aus dem Prime 65-Set genutzt, um noch weiter in den Weitwinkelbereich zu gehen. Für einige Porträtaufnahmen kam außerdem das 60-mm-DNA 1.6-Objektiv zum Einsatz, das sich dafür hervorragend eignet.
Wie war für dich der Umstieg von der gewohnten ALEXA 35 auf die neue ALEXA 265? Die ALEXA 265 fühlt sich wirklich an wie eine ALEXA 35 im Großformat. Die Kamera ist etwas breiter im Gehäuse, aber sie haben einige Dinge verbessert. Außerdem verbraucht die ALEXA 265 extrem wenig Strom, was wirklich beeindruckend ist. In vielerlei Hinsicht ist sie der 35 sehr ähnlich, allerdings hat der Sensor etwas weniger Dynamikumfang – vielleicht ein oder zwei Blendenstufen weniger. In den letzten Jahren habe ich viel mit dem EL-Belichtungssystem von Ed Lachman gearbeitet und ich nutze dafür immer einen kleinen separaten Monitor. Dieses System habe ich auch hier verwendet und es funktionierte einwandfrei. Außerdem muss man die ND-Filter bei der 265 physisch einschieben. Das hat mich ein wenig an die Zeiten des analogen Films erinnert, wo man daran denken musste, den richtigen Filter einzusetzen. Genau das ist uns auch passiert: Wir drehten in der U-Bahn, und mein erster Kameraassistent meinte, wir sollten einen Filter verwenden. Und dann kam die Erkenntnis: „Oh, die Filter…“ Diese Rückkehr zum Arbeiten mit physischen Filtern erfordert zwar ein Umdenken, eröffnet aber auch kreative Möglichkeiten. Wir haben manchmal absichtlich Licht durch den Filterschacht geworfen und ich dachte mir: Was wäre, wenn man dort ein Stück Papier mit einer Zeichnung oder einer Nachricht dort platziert? Leider hatten wir keine Zeit, das auszuprobieren, aber ich fand die Idee spannend, diese Funktion als kreatives Werkzeug zu nutzen.
Was hat ist dir an der ALEXA 265 am meisten gefallen? Für mich steht außer Frage, dass das Format – nicht nur die reine Sensorgröße, sondern die Art, wie die Bilder aussehen – sofort ein filmisches Gefühl vermittelt. Es erinnert mich an die Zeiten mit 35 mm, wenn man einen großartigen Schauspieler oder eine großartige Schauspielerin vor der Kamera hatte und sofort spürte: Hier entsteht etwas Besonderes. Dazu kommt die Handlichkeit der ALEXA 265 und ihr leichtes Gewicht, das es ermöglicht, sie überallhin mitzunehmen. Ich arbeite gern so oft wie möglich mit natürlichem Licht und in dieser Hinsicht war es wie ein wahr gewordener Traum. Wir konnten einfach in die U-Bahn springen und loslegen. Bei diesem Projekt hatten wir zum Beispiel am Ende eine Szene, in der die Tänzerin durch die U-Bahn geht – aufgenommen mit der Steadicam. Das war unglaublich unkompliziert, wie waren in fünf Minuten rein und wieder raus. Solche Möglichkeiten sind bahnbrechend: Dieses Format in einer so kleinen Kamera, gepaart mit dieser Qualität, wird die Art, wie wir arbeiten, verändern.
Also ab jetzt nur noch 65-mm-Format? Auf jeden Fall! Ich habe ARRI bereits kontaktiert, weil ich im Januar mit der Vorproduktion für einen neuen Spielfilm in Minnesota beginne. Ich habe sie gebeten, mir unbedingt eine ALEXA 265 zu reservieren. Sie sagten, sie hätten schon jetzt unglaublich viele Anfragen, vor allem aus Großbritannien. Aber ich hoffe wirklich, dass es klappt. Ich stelle mir diesen Film schon in der verschneiten Kulisse von Minnesota vor. Wir werden mit Melissa Leo arbeiten, mit der ich schon bei „The Knife“ zusammengearbeitet habe. Ich sehe sie in diesem Format vor mir, im Winter von Minnesota – es wäre einfach das perfekte Projekt. Sobald man mit dem 65-mm-Format gearbeitet hat, will man es immer wieder nutzen. Es ist ein Format, das süchtig macht. [15512]