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Die Technologie des Sliders

Welcher Slider ist der richtige?

Der Slider kam als eine Begleit-Erscheinung der DSLR Filmerei erst jetzt richtig im Produktionsalltag an. Wenn ein Fotoapparat Bewegtbild liefern kann, dann muss sich beim Filmen die Kamera auch bewegen, damit der Unterschied zum Foto sofort sichtbar ist. Der Startschuss für die massenhafte Slider-Bewegung liegt noch nicht einmal 10 Jahre zurück. Das Angebot an Slidern ist kaum zu überschauen. Für die Ausgabe 7-8/2016 gab uns Hans Albrecht Lusznat einen Überblick, woran man denken sollte.

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Twin Dolly in Aktion bei Talkshow Krauthausen im April 2016 in München (Bild: Hans-Albrecht Lusznat)

Ein Slider besteht aus einer Schiene mit verschiebbarem Wagen, auf dem die Kamera starr oder über einen Schwenkkopf beweglich montiert ist. Dabei ist im Gegensatz zum Dolly ein Mitfahren des Kameramanns nicht vorgesehen. Die Slider-Schiene wird auf einer Fläche aufgebaut oder auf Stativen montiert, je nach Länge braucht man mindestens zwei oder mehrere Unterstützungspunkte. Die optische Achse liegt parallel zum Verschiebeweg (Blick in Richtung der Schiene) oder steht in einem bestimmten Winkel zur Bewegungsrichtung, meist rechtwinklig, das ist dann wie der Blick aus dem Zugfenster. Zwischen optischer Achse und Bewegungsachse gibt es einen Abstandsvektor, der durch die Befestigung der Kamera und einen nötigen Schwenk- oder Nivellierkopf entsteht. Der Fahrwagen hat in der Regel mit der Schiene zwei Berührungspunkte, die durch die Schienenbreite gegeben sind. Ruckler gibt es, wenn durch Unregelmäßigkeiten auf der Schiene der Wagen kurz aus der normalen Lage abhebt. Dabei dreht sich der Wagen mit Aufbau um einen Punkt, der genau auf der gegenüberliegenden Schienenseite liegt. Die Störung wird umso stärker wahrgenommen, je weiter der Brennpunkt der Optik vom Drehpunkt entfernt ist. Daraus folgt: je breiter die Basis, sprich die Spurbreite der Schiene ist, umso ruhiger wird die Fahrt. Gleichzeitig ist eine höhere Standsicherheit des Wagens gegeben. Vor allem bei Einsatz schwerer Kameras sollte eine Kippsicherung eingebaut und auch aktiviert werden. Manchmal besteht sie aus Hebeln, die man nach Aufsetzen des Wagens unter die Schiene schwenken muss.

Von Monorail bis Kurve

Die Güte der Bewegung hängt auch von der Fahrtechnik ab. Einfache Gleitlager sind wenig geeignet, Kugellager sind das Mindeste, und vielfach werden Gummiräder verwendet, wie sie auch an Inline-Skatern oder Skateboards zum Einsatz kommen. Auf alle Fälle darf der Wagen kein Spiel haben. Das Sliderprinzip fällt praktisch in den Bereich der Lineartechnik, einem Teilbereich der Antriebstechnik, die sich mit translativer Bewegung hauptsächlich im industriellen Produktionsbereich beschäftigt, und beispielsweise Komponenten zum Verschieben von Werkzeugen, Werkstücken, Toren und Fenstern bereitstellt.

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POV Slider: Raul Krauthausen (links) mit Schauspieler Samuel Koch im Gespräch. (Bild: Hans-Albrecht Lusznat)

Der erste wirkliche Slider für den Filmbereich wurde in Schweden von Kameramann Lars Hansare zusammen mit Rune Ericson (Erfinder von Super 16) entwickelt und Ende der 70er Jahre unter dem Markennamen Camrail weltweit verkauft, und war dann in den 1980er Jahren vom Markt verschwunden. Seit 2010 wird das System von Stockholm aus verliehen, Ersatzteile sind lieferbar. Das Besondere am Camrail-System war die Möglichkeit, auch Kurvenschienen einzubauen. Eine andere frühe Variante war das Super-Track-Schienensystem, bei dem der Schienenwagen über Seilzug und Gegengewicht gesteuert wurde, und ein Kippen der Schiene fast bis in die Senkrechte möglich war.

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Camrail: Auch Kurven waren machbar. (Bild: Camrail)

Slider gibt es ab knapp 100 Euro aufwärts zu kaufen. Es gibt einfache Systeme für kleinste Kameras mit Monorail- Schiene meist in Rechteckprofil-Version bis zu Slidersystemen mit verlängerbaren Schienen, großer Spurbreite und Kameranutzlasten von 30 Kilogramm und mehr. Grob kann man sie in zwei Gruppen einteilen, Slider mit integrierter Kugelschale oder Flatbase zur Verwendung mit großen Schwenkköpfen und schweren Kameras, und Slider für DSLR und leichte Videokameras.

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Hoch hinaus: Der Super Track Slider aus den 80er Jahren. (Bild: Camrail)

Schwachpunkt Schienenübergang

Schienensysteme mit Verlängerungsmöglichkeit, wie es auch schon das Camrail war, haben oft einen Schwachpunkt, der genau im Anschluss zweier Schienenstücke liegt. Den Übergang absolut stoßfrei zu gestalten ist eine besondere Kunst, die selten so problemlos gelingt wie beim Twin Dolly der niederländischen Firma Solid Grip System. Bühnenmann und Grip Onno Perdijk hat aus seiner Berufspraxis Dollyschienen entwickelt, die nahtfreie Übergänge garantieren. Was bei großen Dollys funktioniert, das geht auch beim Twin Dolly mit einer Spurbreite von 25 Zentimetern. Die beiden Schienenprofile sind hier im Winkel von 45 Grad zum Boden geneigt und der Fahrwagen nutzt mit je vier Laufrädern auf jeder Seite – je ein Paar steht im 90-Grad-Winkel zueinander – den oberen gebogenen Teil der Schiene und fährt spielfrei. Weil die Schienen so präzise ineinander greifen, sind die Übergänge ohne Ruck zu überfahren, eine Eigenschaft, die ich bei der Aufzeichnung mehrerer Folgen der Talkshow „Krauthausen“ erproben konnte.

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Panther U-Bangi-Slider im Einsatz am Set. (Bild: Panther GmbH)

Hier war eine XDCAM-Kamera mit Aufsatzmonitor auf einem Sachtlerkopf im Einsatz. Durch die Schwenkbewegung und auch den Zoomhandgriff wirkten zusätzliche Kräfte auf den Fahrwagen. Der Fahrwagen, knapp 5 Kilogramm schwer, wird mit Hebeln gegen Kippen gesichert, hat eine Feststellbremse und bietet einen schwenkbaren Arm zur Nachführung von Kabeln. Die Kugelschalen für 150, 100 und 75 Millimeter sind wechselbar, die optionale Mitchell-Base ist an vier Punkten nivellierbar. Wenn man die Fahrt stoppt, bleibt der Fahrwagen stehen, ohne Nach- oder Zurückschwingen. Die Schienen des Twin Dollys können ebenerdig oder auf Kamerastativen oder schweren Lampenstativen aufgebaut werden.

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Twin Dolly, professionelle Dollyschienen im 45 Grad Winkel, Fahrwagen und Unterbau. (Bild: Camrail)

Der Scooter Dolly von Movietech ist dem Twin Dolly ähnlich, nur verwendet er die normalen Dollyschienen um 90 Grad geneigt. Der Fahrwagen fährt mit vier Rädern auf der Seite der Dollyschiene, weitere vier Räder drücken von unten gegen die Schienenrundung. Alle Schwenkkopfadapter sind verfügbar, sowie Schienenlängen von 90, 160 und 230 Zentimetern. Die Schienen lassen sich auf einem Magnumdolly, auf dem Boden oder auf einem beziehungsweise mehreren Stativen befestigen.

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Scooter Dolly der Firma Movietech im Studio-Aufbau. (Bild: Movietech)
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(Bild: Hans-Albrecht Lusznat)

Oft nicht verlängerbar

Viele Slider sind nicht verlängerbar und haben eine feste vorgegebene Länge zwischen 60 und 120 Zentiemtern. Als Besonderheit gibt es Modelle, bei denen sowohl der Stativadapter wie die Kameraplattform als zwei getrennte Fahrwagen ausgeführt sind, die gegenläufig miteinander verbunden auf der Schiene fahren und so die volle Schienenbreite links wie rechts vom Befestigungspunkt benutzt werden kann, wie beim Slider Plus der Firma Edelkrone. Für Zeitraffer- und Stop-Motion-Anwendungen lassen sich Slidermodelle mit Motoren ausstatten, die in ihren Bewegungen aufeinander abgestimmt werden können. Bei Produktaufnahmen kann man so eine Vorbeifahrt mit einem Schwenk kombinieren, der die Objektmitte im Bild hält und eine Pseudo-Kreisfahrt imitiert.

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(Bild: Hans-Albrecht Lusznat)
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Im Vordergrund ein Slider von Glidecam mit typischen Aufbau für Mehrkameraproduktion. (Bild: Hans-Albrecht Lusznat)

Eine Sonderform des Sliders gibt es schon länger als Zubehör für die elektromechanischen Kameradollys unter der Bezeichnung U-Bangi und ist eine Vorrichtung zur seitlichen Verschiebung der Stativkugelschale, wobei diekomplette U-Bangi-Schiene in der Halterung zum Dolly verschoben wird. Die Firma Panther hat dieses Zubehörteil inzwischen in der dritten Generation unter der Bezeichnung U-Bangi-Slider im Programm. Das System bietet mit Profilschienen Fahrwege von 48 bis 296 Zentimeter, zwei Spurbreiten, drei verschiedene Fahrschlitten für Slider- oder U-Bangi-Funktion, alle Stativanschlusssysteme, ist mit hohem Kameragewicht bis maximal 250 Kilogramm belastbar, lässt sich auf dem Dolly, auf dem Boden oder auf normalen Stativen einsetzen und kann auch mit Elektroantrieb ausgerüstet werden. Dieses High end- Slidersystem hat natürlich seinen Preis.

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