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Drama entstand auf Schwarzweiß-Umkehrfilm

So drehte J-P Passi “The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“

Der finnische DoP Jani-Petteri Passi drehte “The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“ auf Schwarzweiß- Umkehrfilm und entwickelte bei Ludwig Drasers Andec Filmtechnik in Berlin, um dann in die digitale Postproduktion zu gehen. Birgit Heidsiek stellte in Ausgabe 5/2016 die Produktion vor, die unter anderem in Cannes und Bitola Preise abräumte.

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(Bild: Sami Kuokkanen)

Beim Dreh seines ersten Kinofilms „The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“, der bei den 69. Filmfestspielen in Cannes seine Weltpremiere feiert, hat der finnische Regisseur Juho Kuosmanen auf Kodaks Tri-X Schwarzweißumkehrfilm 7266 gesetzt. Entwickelt wurde das 16-mm- S/W-Umkehrmaterial bei Andec Filmtechnik in Berlin, das als eines der letzten Kopierwerke der Welt sämtliche Formate von Super 8 bis hin zu 35 mm in Farbe, Schwarzweiß oder Umkehr bearbeiten kann.

„Die Umkehr-Maschine läuft bei uns nur einmal pro Woche, weil diese Bearbeitung speziell ist“, berichtet Ludwig Draser, der seit über 30 Jahren als Geschäftsführer das Kopierwerk in Berlin-Kreuzberg betreibt. Über die Hälfte seiner Kunden kommen aus ganz Europa. Zu ihnen gehört auch die in Helsinki ansässige Produktionsfirma Aamu Film Company, die Andec Filmtechnik kontaktiert hat, um dort das 16-mm-S/W-Umkehrmaterial entwickeln zu lassen. Hinzu kamen Filmrollen mit Vision3 500T Color Negativfilm 5219/7219, welche die Produktion eingesetzt hat, nachdem sie sämtliche Bestände von dem 16-mm-S/WUmkehrmaterial verwendet hat, die Kodak in Europa und den USA vorgehalten hat.

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Mehr Licht als sonst: Regisseur Juho Kuosmanen, Kamera-Assistentin Elina Eränen und Kamermann J-P Passi. (Bild: Sami Kuokkanen)

Die Entscheidung, den Film in diesem Format zu drehen, haben der Regisseur Juho Kuosmanen und der Kameramann J-P Passi getroffen, um einen authentischen Look der sechziger Jahre zu generieren. Die Story von „The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“ basiert auf der realen Lebensgeschichte des finnischen Boxers, der 1962 in Helsinki für Finnland den Weltmeistertitel in der Federgewichtsklasse holen sollte. Beim Boxkampf gegen den Amerikaner Davey Moore wurde er jedoch in der zweiten Runde niedergestreckt.

Anstatt niedergeschlagen zu sein, erklärte Mäki, dies sei der glücklichste Tag seines Lebens, weil er erkannt habe, dass er kein Ruhm und Geld brauche, sondern die Nähe eines geliebten Menschen. „Noch am selben Tag hat er geheiratet“, berichtet Kuosmanen. Den jungen Regisseur hat diese Geschichte persönlich sehr berührt, weil er aus eigener Erfahrung weiß, wie es sich anfühlt, wenn man zu große Erwartungen an sich selbst stellt, aus Angst, die Chance seines Lebens zu verpatzen.

Eingespieltes Team

Nachdem er 2008 mit seinem ersten Kurzfilm „Kestomerkitsijät“ in den Nachwuchswettbewerb Cinéfondation in Cannes eingeladen worden war, gewann er dort 2010 für seinen Abschlussfilm „Taulukauppiaat“ („The Painting Sellers“) den auf 15.000 Euro dotierten Hauptpreis, der zugleich mit einer Einladung seines ersten Spielfilms zum Cannes Film Festival verbunden ist. Bei seiner Suche nach einem geeigneten Stoff für sein Kinofilmdebüt belastete ihn seine Zielsetzung, das perfekte Projekt finden zu müssen, bis er schließlich auf die Geschichte von Olli Mäki stieß.

Bei der Umsetzung dieses Filmvorhabens arbeitete er zum dritten Mal mit dem Kameramann J-P Passi zusammen, mit dem er bereits den in Locarno preisgekrönten Kurzfilm „Kaupunkilaisia“ („Citizens“) sowie seinen Abschlussfilm „The Painting Sellers“ gedreht hat, der 2011 fünffach für die Jussi Awards in Finnland nominiert worden war. Bei „The Happiest Day in the Life of Olli Mäki“ mit von der Partie war der Beleuchter Sami Kuokkanen, den der Kameramann schon für Kuosmanens vorherige Filme engagierte hatte. „Es hat unsere Kommunikation erleichtert, dass wir ein eingespieltes Team sind“, berichtet Passi. „Unsere Beleuchter-Crew war relativ klein. Sie bestand in der Regel nur aus dem Oberbeleuchter und seinem Assistenten. Bei besonders aufwändigen Szenen kamen noch ein oder zwei zusätzliche Lichttechniker hinzu. Im Kamera- Bereich hatten wir einen ersten und einen zweiten Kamera- Assistenten.“

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J-P Passi mit der Arriflex 416. (Bild: Sami Kuokkanen)

Gedreht wurde der komplette Film mit einer Kamera. Zu den größten Herausforderungen für den Kameramann gehörte der Boxkampf, für den es keine Storyboards gab, sondern nur einen Beleuchtungsplan. „Ich hatte eine Liste mit den Einstellungen, die wir brauchen, und den Optiken, die wir wahrscheinlich dafür einsetzen“, erläutert Passi. „Die Box-Szenen sind überwiegend bei den Proben mit den Schauspielern einstudiert worden, so dass ich versuchte, mir zu merken, wie sie sich bewegen, so dass ich im Ring filmen konnte, ohne ihnen mit der Kamera in die Quere zu kommen. Das hat sich angefühlt, als ob ich der dritte Partner bin, der mit zwei Männern tanzen möchte, die nur daran interessiert sind, sich zu schlagen.“

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J-P Passi und sein Regisseur Juho Kuosmanen planen eine Szene. (Bild: Sami Kuokkanen)

Die Szenen, in denen er sich mit der Kamera außerhalb des Ringes befand, waren etwas einfacher und nicht ganz so gefährlich. In einigen Schlüsselmomenten habe ich sie gebeten, eine bestimmte Position im Ring einzunehmen, um ihre wichtigsten Schläge einzufangen. Da Boxen ein sehr anstrengender Sport ist, konnte ich die Schauspieler nicht bitten, ihren Kampf über eine längere Zeit fortzusetzen. Das hieß für mich, dass ich die entscheidenen Momente nicht öfter verpassen durfte.“

Muster mit Wartezeit

Mit dem Workflow beim Dreh auf chemischem Film ist der Kameramann bestens vertraut. „Der größte Unterschied im Vergleich zum Video-Dreh ist, dass wir wesentlich länger auf die Dailies warten mussten und die Aufnahmen nur mit einem Video-Rekorder kontrollieren konnten“, sagt Passi. „Ich finde, das ist ein Vorteil – zumindest wenn jemand unter diesem Druck arbeiten kann – denn dadurch bin ich aufmerksamer, wenn die Kamera läuft. Ich konzentriere mich stärker auf die folgenden Szenen, anstatt mich mit dem Material zu beschäftigen, das bereits gedreht ist; es sei denn, dass es damit große Probleme gibt.“ Da die Energie einer Crew beim Dreh stets begrenzt ist, hält er es für besser, sich komplett auf die aktuelle Situation zu konzentrieren. „Wenn die Dailies erst ein oder zwei Wochen nach dem Dreh geliefert werden, sind sie nicht mehr aktuell und daher nur ein Thema, wenn es technische Probleme mit dem Material gibt. In solchen Fällen meldet sich das Kopierwerk oder die Firma, die das Material abtastet, wenige Tage später.“

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Starke Kontraste: Jarkko Lahti als Oli Mäki. (Bild: Sami Kuokkanen)
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Schwarzweiß heißt nicht schlechte Laune: Kamera- Assistentin Elina Eränen scherzt mit einer Darstellerin. (Bild: Sami Kuokkanen)
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Die Überprüfung des gedrehten Materials am Set wurde wie gewohnt über eine Videoausspiegelung bewerkstelligt. (Bild: Sami Kuokkanen)

Nach der Entwicklung des Tri-X-Schwarzweiß-Umkehrfilms bei Andec Filmtechnik wurde das Material per Kurier zur Abtastung nach Brüssel geschickt. „Wir haben uns für diese Lösung entschiedenen, weil wir schon vorher mit dieser Firma zusammengearbeitet haben und sie einen guten 2K-Scanner besitzen“, so Passi. Geschnitten wurde der Film in Helsinki, während das Grading und die visuellen Effekte bei Chimney Pot in Stockholm erfolgten. „Wir haben bei dieser Produktion das Beste aus beiden Be – reichen“, resümiert der Kameramann: „Der einzigartige Look, die Textur und das Gefühl dieses organischen Materials und die digitale Nachbearbeitung, wo sie erforderlich ist.“

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