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Sagenwelt mit Tiefe

Wetterkapriolen und Umzug: König Laurin (2/2)

Am Freitag gab es bereits pünktlich zum DVD und Blu-ray Release den ersten Teil unseres Berichtes über “König Laurin” von Regisseur Matthias Lang und DoP Kaspar Kaven. Hier also der zweite Teil aus dem Film & TV Kameramann 7-8/2016.

sagenwelt-mit-tiefe-2Einstellungscheck an der Videocombo: DoP Kaspar Kaven (links) mit Regisseur Mathias Lang.°

Wetterwechsel

Einige der Motive waren also genau nach der Kargheit der Flora ausgesucht. Und wo findet man im Gebirge wenig Vegetation? Jenseits der Baumgrenze. Rund ein Drittel der sieben Wochen Drehzeit verbrachte die Crew deshalb auf etwa 2.200 Metern Höhe am Sellajoch in Südtirol. Mitten im Hochgebirge.

Bei der Motivbesichtigung zwei Wochen vor Drehbeginn war die Hochebene noch von 30 Zentimetern Schnee bedeckt gewesen. „Das war Psychoterror für uns“, erinnert sich DoP Kaven. „Wir mussten uns darauf verlassen, dass es innerhalb der zwei Wochen wegtaut.“ Immer wieder schickte das Team Leute hinauf, um den Schneestand zu prüfen. Tatsächlich hatten sie Glück. Pünktlich zum Drehbeginn war der Schnee geschmolzen. Das jedoch brachte auch Nachteile. Der Boden war jetzt derart aufgeweicht und matschig, dass keine PKW oder Jeeps dort hinaufkamen. So musste das Team täglich auf Quad-Bikes hochgeshuttelt werden, mittags zum Essen und abends zurück.

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Incognito: Die B-Kamera mit Operator in Sackleinen gehüllt. (Bild: Ivan Poletti, Kaspar Kaven, Robin Paralkar, Julian Coromines)

Auch das tägliche Wetter, im Hochgebirge zur Wechselhaftigkeit neigend, bereitete dem Kameramann am Sellajoch Kopfzerbrechen. Und damit auch das Licht. Hier mussten Kaspar Kaven und sein Team um Oberbeleuchter Martin Niklas improvisieren. Gut, dass sie damit bereits in der Vorplanung angefangen hatten. Sonst wäre vermutlich der Riesen-Teleskoplader von Baugerätehersteller Manitou nicht am Set gewesen.

Auf diesen montierten die Beleuchter eine 12kW-ArriSun-Einheit inklusive einer Seide auf 8×8-Rahmen. So konnten sie flexibel reagieren, schnell Winkel und Höhe verändern, sowie die Position der Szenen anpassen. Mit großen Lichteinheiten auf Stativen wäre das unmöglich gewesen. „Gerade im Gebirge war das sehr wichtig. Du hast einen halben Tag Sonne, plötzlich ist es bewölkt oder nieselt“, erklärt DoP Kaspar Kaven. „So konnten wir sehr gut die Sonne nachleuchten oder, wenn wir starke Sonne hatten, mit der Lampe aufhellen.“

Die Kapriolen des Wetters führten schließlich zu einer folgenschweren Entscheidung. Eigentlich war geplant gewesen, auch hier am Sellajoch den Rosengarten König Laurins zu erzählen. Das wären mehrere aufwändige Sequenzen gewesen, teils Tag-, teils Nachtbilder, jeweils in unterschiedlichen Stadien der Begrünung des Gartens. Alles unter freiem Himmel. „Wir hatten aber nicht die Möglichkeit, weitere Wettertage einzuplanen“, berichtet Kaven. Also verlegten Kameramann, Oberbeleuchter und Regisseur, in enger Absprache mit Szenenbild und Produktion, das Motiv Rosengarten in eine Höhle in Franken, in die Ludwigshöhle. „Im Nachhinein waren wir sehr froh darüber“, sagt der Kameramann. Hier waren die Dreharbeiten bei nahezu Studiobedingungen möglich, da es keine Abhängigkeit von Tageszeiten gab.

Höhle mit Garten

Dafür war der Aufwand nicht klein. Die Höhle hat eine große Öffnung. Durch die waren die fränkischen Wälder zu sehen – nicht das bergige Südtirol. Also ließen Kaven und Oberbeleuchter Niklas eine große Bluescreen vor der Höhlenöffnung errichten. Diese wurde in der Postproduktion später durch Panoramen aus Südtirol ersetzt. Die Studiobedingungen waren aus mehreren Gründen wichtig.

sagenwelt-mit-tiefe-8Die Ludwigshöhle mit Bluescreen und Licht-Setup.°

Zum Einen war der Hauptdarsteller Florian Burgkart zum Zeitpunkt des Drehs 15 Jahre alt. In diesem Alter darf er nicht für Nachtdrehs eingesetzt werden. Viele der Szenen im Rosengarten jedoch spielten nachts. In der Höhle ließ sich das jetzt tagsüber simulieren. Ein weiterer Punkt war noch komplexer. Im Normalfall wird an einem Motiv unchronologisch nach Lichtkontinuität gedreht. Der Rosengarten hat im Film jedoch drei Begrünungsstadien, verwildert, aufgeräumt und in voller Blüte. Die waren sehr aufwändig im Umbau, das war jeweils nur über Nacht möglich, unter Einsatz von 20 Mitarbeitern der Szenenbildabteilung.

Jedoch gibt es im Drehbuch Szenen, die sowohl in den drei unterschiedlichen Stadien als auch Tag oder Nacht spielen. Also ersannen Kaven und sein Oberbeleuchter ein Licht-Setup, das dem Rechnung trug. Sie bauten sechs Halb-kW-Par-Scheinwerfer mit Chimära an das Bluescreengerüst. Nur durch Folienwechsel und Variation der Aufhellung konnten sie so schnell zwischen Tag und Nacht springen. Der Anschluss zum Rosengarten war die Wohnhöhle Laurins. Diese war von Szenenbildnerin Maike Althoff in einem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden. Dieser liegt im südtiroler Städtchen mit dem wunderbaren Namen Unsere liebe Frau im Walde.

Der Ort liegt rund 600 Kilometer von der Ludwigshöhle entfernt. In beiden Drehregionen, Bayern und Südtirol, war die Drehlogistik ein großer Aufwand, wenn Komparsen, Crew und Technik in drei verschiedenen Ländern, Deutschland, Österreich und Italien, koordiniert werden mussten.

Natürlich war auch dieser Dreh nicht vor den kleinen Problemen gefeit. Die B-Kamera passend zu integrieren, ist immer eine Herausforderung. Oft sind nur Kompromisse in der Bildaufteilung möglich. Auch Kaven stand vor diesem Problem, besonders, wenn die A-Cam auf der Steadicam saß und sich frei am Set bewegte. „Ich musste die B-Kamera daher oft verstecken“, sagte Kaven und verrät: „Wir haben die B-Kamera samt Operator oft in Kartoffelsäcke gewickelt, damit die Steadicam noch weite Shots machen konnte.“

Neu für Kaven in der häufigen Kombination von A-, B- und C-Kamera war, dass er ähnlich amerikanischer Sets, an denen die DoPs nicht ihre eigene Kamera schwenken dürfen, zusammen mit Regisseur Matthias Lang vor der Videokombo saß.

sagenwelt-mit-tiefe-10Ein Fest für die Kamera: Der 360 Grad ausgestattete Marktplatz.°

Kleines Team, große Bilder

Einen speziellen Second-Unit-Drehtag hatte sich Kaspar Kaven schon früh gewünscht und diesen schließlich auch durchgesetzt. Dessen Motto war „Kleines Team, große Bilder“. Kaven fürchtete, dass ein großes Team zu schwerfällig sein würde, um flexibel auf das von der Natur gebotene zu reagieren. „Wir sind bewaffnet mit Drohne, Alexa, einem Kamera-Assistenten und zwei Stuntreitern mit Pferden in den Naturpark Fanes losgezogen“, sagt Kaven. Hier entstanden Landschaftstotalen, Reitershots und ein paar Kletterschüsse.

„Das hat sich gelohnt, davon ist vieles im Film.“ Ein großer Vorteil war laut Kaspar Kaven, dass ab der zweiten Drehwoche der Editor Theo Strittmatter am Set war und parallel den Rohschnitt erstellte. So hatten Regie und Kamera die Möglichkeit, sich Szenen im Vorschnitt anzusehen, um spontan zu entscheiden, noch einen Gegenschuss zu drehen oder ein paar Close-Ups nachzuliefern.

DIT Robin Paralkar lieferte laut Kaven „ziemlich präzise Dailies“. Nach 34 Tagen wurden am 17. Juni 2015 die Dreharbeiten zu „König Laurin“ abgeschlossen. Nach der Beendigung des kreativen Schnitts durch Strittmatter und dem folgenden Picture Lock machte sich Holger Neuhäuser mit seinem Assistenten an die rund 300 VFX-Shots des Films.

Neuhäusers Position war insofern ungewöhnlich, als dass er bei „König Laurin“ VFX-Artist und VFX-Supervisor war. Laut Kaven ist das eine gute Kombination, um die weit verbreitete „Fix it in Post!“-Plattitüde zu vermeiden. Meike Weimann war verantwortlich für das finale Grading bei der CinePostproduction in München.

 

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