Nachdem Hollyland schon einige Zeit das Solidcom C1 und Solidcom C1 Pro auf dem Markt hat, ist nun mit dem Solidcom SE eine günstige Alternative hinzugekommen. Wir haben herausgefunden, was das Intercom-System für das 2,4 GHz-Frequenzband kann, für wen es geeignet ist und wie hoch die Latenz bei der Verwendung ist.
Foto: Sven Kubeile
Ganz gleich, wohin man gerade schaut, ob zur Hollywood-Produktion oder zum kleinen Indie-Film, haben alle Produktionen eins gemeinsam: Die gesamte Crew ist mit Hollyland-Headsets ausgestattet. Das ist nicht etwa eine Beobachtung aus der Sicht eines Hollyland-PR-Mitarbeiters, sondern die eines Filmemachers, der sich auch auf Social Media herumtreibt und ein Auge auf die erfolgreichen Kollegen vom ASC hat. Und die Beliebtheit der Hollyland-Geräte kommt nicht von ungefähr. Auch wenn andere Intercom-Systeme wie etwa vom Marktführer Riedel skalierbarer, vielseitiger und in vielerlei Hinsicht einfach besser sind, braucht es manchmal am Set einfach die Möglichkeit, mit vier Personen unkompliziert vollduplex reden zu können: „Bring bitte noch einen V-Mount aus dem Case vorne links mit.”
Nachdem wir vor einer Weile das Hollyland Solidcom C1 bei uns im Test hatten, haben wir nun das Solidcom SE Global Version als Sample erhalten. Das Set bestand aus einem Master-Headset, drei Remote-Headsets, vier Akkus mit Ladeschale und einem Soft-Case sowie Zubehör. Generell kann das System mit insgesamt fünf Sprechstellen genutzt werden.
Direkt aus der Verpackung genommen und eingeschaltet, sind die Headsets miteinander verbunden und es kann sofort losgehen. Klappt man den Mikrofon-Arm herunter, geht das eigene Mikrofon live. Durch Betätigung der Mute-Taste kann man trotz heruntergeklapptem Arm das Senden beenden. Ab dann funktioniert die Mute-Taste als Push-to-Talk-Taste, um etwa in Live-Situationen schnell antworten zu können. Die Headsets arbeiten im grundsätzlich eher störanfälligen 2,4-GHz-Bereich und wechseln automatisch die Frequenz, sollte es bei der Belegung zu Konflikten kommen. Die Akkulaufzeit wird mit zehn Stunden beim Master- und zwölf Stunden bei Remote-Headsets angegeben. Das konnten wir in unseren Tests jedoch nie ausreizen. Das System ist spritzwassergeschützt und die internen Komponenten sind laut Hersteller mit einer Schutzlackierung versehen. Der USB-C-Port kann auch als Kopfhörer-Port für die Verwendung von eigenen Kopfhörern genutzt werden. Allerdings ist diese Funktion nur mit speziellen USB-C-auf-Klinke-Adaptern von Hollyland möglich.
Komfort und Tonqualität
Einmal in die Hand genommen, fällt auf, dass das System zwar überwiegend aus Kunststoff besteht, jedoch solide wirkt und einen hochwertigen und professionellen Eindruck macht. Die Kopf- und Ohrpolster in Lederimitat verschaffen den Headsets eine hochwertige Anmutung. Die Tonqualität ist für Kommunikationszwecke mehr als ausreichend und im Vergleich zum originalen Solidcom C1 ist die neu hinzugekommene Geräuschreduktion ein positiver Faktor. Allerdings schneidet die Unterdrückung bei leisen Signalen teilweise einiges ab. Deswegen ist diese Automatik eher in lauten Umgebungen sinnvoll, sodass der Umgebungslärm unterdrückt wird und nicht noch verstärkt auf die Ohren gelangt.
Hollyland gibt die Reichweite des Systems mit bis zu 350 Metern an, was wir nie ausreizen konnten, weil unsere Sets dafür schlicht zu klein waren. Doch 350 Meter sind erstaunlich weit für ein System, das sich gerade in dicht besiedelten Frequenzumgebungen zwischen Handys und WLAN-Access-Points einsortieren muss.
An der Ohrmuschel sind alle wichtigen Steuerelemente sowie ein ANC-Mikrofon untergebracht. (Foto: Sven Kubeile)
Latenz
Das Solidcom-SE-System ist hochwertig, von gutem Klang und hohem Tragekomfort geprägt. Das Einzige, was sofort auffällt, ist die hohe Latenz, was aber im Betrieb nur dann unangenehm wird, wenn man sich direkt gegenübersteht und dabei gleichzeitig die Mikrofone heruntergeklappt hat. Obwohl wir an dieser Stelle Praxistests machen, bei denen die Erfahrungen mit den Produkten mehr im Vordergrund stehen als Messwerte im Labor, haben wir uns in diesem Fall entschlossen, einen kleinen Testaufbau zu machen, um die Latenz messen zu können, denn aktuell gibt es dazu keine offiziellen Angaben des Herstellers.
Die Lautsprecher eines Smartphones fungierten dabei als Testsound-Generator. Nah am Lautsprecher wurden dann gleich weit ein Hollyland-Headset-Mikrofon sowie ein weiteres Mikrofon positioniert. Das Signal des zusätzlichen Mikrofons ging dann in ein Steinberg UR22 Audiointerface, das das Signal mit 192 kHz in Logic transportierte. Ein zweites Mikrofon wurde in der Hörmuschel eines empfangenden Headsets angebracht. Beide Signale wurden also mit dem gleichen Interface auf zwei separate Spuren aufgezeichnet. Die zeitliche Differenz zwischen dem Signal, das direkt hinter dem Signalgeber abgenommen wurde, und dem beim Headset ankommenden Signal betrug dabei 210 Millisekunden. Diesen Wert haben wir an Hollyland weitergereicht, um diesen gegebenenfalls verifizieren zu lassen. Dort sagte man uns, die vom Hersteller gemessene Latenz sei geringer, allerdings könne man auch keine konkreten Zahlen nennen.
In manchen Anwendungsfällen können 210 Millisekunden durchaus zu viel sein, etwa wenn zeitkritische Ansagen durchgegeben werden müssen. Für viele Filmschaffende ist die Latenz aber gut hinnehmbar und generell liefert das System eine gute Soundqualität und funktioniert ausgezeichnet. Kurz durchzusagen, dass jemand aus dem Kamera-Department bitte noch eben einen Kaffee vom Catering mitbringen kann, ist ohne Einschränkung möglich. Immer wenn man aber im gleichen Raum steht und die Intercom-Mikrofone eingeschaltet sind, sollte man sich bewusst machen, dass es über einen Tag hinweg nervig und ablenkend sein kann.
Fazit
Die Hollyland Solidcom SE Global Version Headsets sind im unteren Preissegment eine echte Ansage. Für alle, die ein vielseitiges, robustes und zuverlässiges Intercom-System suchen, das mit maximal fünf Sprechstellen für eher kleinere Produktionen geeignet ist und das eine wahrnehmbare Latenz hat, ist das SE eine gute Wahl. Steht ein Budget von über 500 Euro zur Verfügung, ist die Anschaffung des Solidcom C1 eine Überlegung wert. [15526]