Wir bleiben an den Themen dran. In der Ausgabe 7-8/2016 vom Film & TV Kameramann berichteten wir über ein Verfahren gegen eine Filmproduktion aus Köln. Der Vorwurf, den Rechtsanwalt Schmidt-Hug erhob, war schwer. Vor Gericht wurde eindeutig geklärt: Es war kein Lohnwucher! Jetzt nimmt die Firma Stellung, gegen die die Vorwürfe erhoben wurden.
Nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder darüber berichtet wurde, dass eine Kölner Produktionsfirma von mehreren Filmschaffenden wegen angeblichen Lohnwuchers und Vergütungen unterhalb des Mindestlohns verklagt worden sei, dürfen wir die Vielzahl an falschen Behauptungen und Unwahrheiten, die im Zusammenhang mit diesem Fall verbreitet wurden, richtig stellen:
Inzwischen ist der Rechtsstreit beendet worden. Deshalb dürfen wir, als rechtliche Interessensvertreter der betroffenen Produktionsfirma, zunächst einmal die Fakten des Falls klarstellen.
Es gab zu keinem Zeitpunkt mehrere Verfahren gegen die Produktionsfirma. Lediglich ein einziges Verfahren wurde vor dem Kölner Arbeitsgericht verhandelt und originär ging es dabei um eine Kündigungsschutzklage.
Kern der Sache war die vorzeitige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses der Produktionsfirma mit dem Aufnahmeleiter der Produktion. Aus einer Vielzahl von Gründen musste es noch vor Drehbeginn zu einer Umbesetzung dieser Position kommen. Der betreffende Aufnahmeleiter war somit lediglich gut eine Woche für die Produktionsfirma tätig. Im Interesse einer fairen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bot die Produktionsfirma dem Aufnahmeleiter eine Abfindung in Höhe seiner Wochengage von weiteren 2 Wochen an. Dieser Lösung stimmte der Aufnahmeleiter unter Vorbehalt einer Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt auch zu.
Nachdem die Produktionsfirma 14 Tage lang nichts mehr von dem Aufnahmeleiter hörte, meldete sich stattdessen der Anwalt des Aufnahmeleiters mit der Forderung bei der Produktionsfirma zurück, noch am selben Tag eine Erklärung dahingehend abzugeben, dass die volle Gage für den gesamten Zeitraum der Produktion zu zahlen sei. Anderenfalls würde man eine Kündigungsschutzklage erheben. Der erneute Versuch der Produktionsfirma eine einvernehmliche Einigung zu erzielen, in dem sie ein leicht verbessertes Abfindungsangebot unterbreiteten lies, blieb unbeantwortet. Stattdessen wurde Kündigungsschutzklage von der Gegenseite erhoben.
Erst nachdem die Produktionsfirma als Beklagte auf diese Kündigungsschutzklage reagierte, erhob der Rechtsanwalt des Klägers Vorwürfe des angeblichen Lohnwuchers. Diese Vorwürfe erhob er sowohl im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, als auch in einer gesondert von ihm angeblich für den Kläger gestellten Strafanzeige.
Dass diese Vorwürfe jedoch haltlos waren, zeigte sich bereits daran, dass die Staatsanwaltschaft schon die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens ablehnte, da sie die Vorwürfe nicht im Ansatz für plausibel hielt.
Dies hinderte den Rechtsanwalt jedoch nicht daran kampagnenartig gegen die Produktionsfirma vorzugehen. So legte er zunächst Beschwerde gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ein, um dann alle an der Produktion beteiligten Förderer und Sender über das laufende (von ihm selbst initiierte) Strafverfahren in Kenntnis zu setzen. Des Weiteren telefonierte er nahezu alle Teammitglieder der betreffenden Produktion ab, um noch weitere Verfahren gegen die Produktionsfirma eröffnen zu können. Bis heute hat er niemanden gefunden, der hierauf eingegangen ist. Es gab und gibt ausschließlich ein einziges Verfahren – nämlich das Verfahren des Aufnahmeleiters, der sich gegen die Kündigung, zu Wehr setzte.
Nichts desto trotz informierte der Rechtsanwalt in dem ihm selbst verfassten und verbreiteten Newsletter Filmschaffende, Gewerkschaftsverbände und Interessensvertretungen der Film- und Fernsehbranche über angebliche Klagen gegen eine Kölner Filmproduktionsfirma, in dem er aber nicht nur die haltlosen Vorwürfe zum Thema Lohnwucher erhob. Vielmehr stellte er faktisch schlichtweg falsche Behauptungen auf, dass z.B. Teammitglieder unter dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet worden wären, rechtswidrig Praktikanten zum Einsatz gebracht worden seien und aus diesen Gründen mehrere Filmschaffende gegen die Produktionsfirma Klage eingereicht hätten. Obwohl dies völlig frei erfunden ist, rannte er in der allgemeinen Diskussion um Tariftreue damit bei den Verbänden und der Fachpresse natürlich offene Türen ein.
So wurde diese Newsletter-Meldung unreflektiert und ohne der betreffenden Produktionsfirma die Möglichkeit der Stellungnahme einzuräumen von Verbänden und Teilen der Presse aufgegriffen und weiter verbreitet.
Um kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen und da die arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung noch nicht beendet war, entschloss sich die Produktionsfirma erst einmal nichts Weiteres zu unternehmen.
Nunmehr ist das Verfahren jedoch beendet. Explizit wurde insoweit festgestellt, dass es sich nicht um Lohnwucher handelt und dass der Aufnahmeleiter und sein Anwalt entsprechende Behauptungen auch nicht länger äußern dürfen. Für die vorzeitige Kündigung seines befristeten Arbeitsvertrags hat der Aufnahmeleiter eine Abstandszahlung in Höhe des anfänglich unterbreiteten außergerichtlichen Angebots der Produktionsfirma erhalten.
Trotz einer ausdrücklich gerichtlichen Verpflichtung des Aufnahmeleiters, nach Beendigung des Verfahrens die entsprechenden gegen die Kölner Produktionsfirma gerichteten Behauptungen mit Bezug auf den Vorwurf des Lohnwuchers nicht mehr aufrechtzuerhalten, wobei dies auch ausdrücklich den Prozessbevollmächtigten des Aufnahmeleiters, also den Rechtsanwalt umfasste, erschien dann in der darauf folgenden Woche im Online-Auftritt des Branchenmagazins „Film & TV Kameramann“ ein Artikel, in dem der Rechtsanwalt in einem ausführlichen Interview sämtliche Vorwürfe wiederholte. Der Rechtsanwalt hatte es schlichtweg versäumt, die zuständige Redaktion über den Ausgang des Verfahrens in Kenntnis zu setzen.
Dieses Verhalten deckt sich jedoch wiederum mit seinem Engagement und Gebaren im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. Dort erschien er nämlich mehrfach unter Verweis auf andere dringliche Termine nicht zu Verhandlungsterminen. So war er persönlich nur beim ersten Gütetermin anwesend, in dem er aber genau die Einigung ablehnte und verhinderte, die nunmehr mit dem Aufnahmeleiter zur Beendigung des Verfahrens getroffen wurde. Bemerkenswert insoweit bleibt, dass der Aufnahmeleiter vor Gericht mitteilte, dass sein Rechtsanwalt viele der Schritte gegen die Produktionsfirma ohne sein Wissen veranlasst hätte – so auch alle Vorgänge um den Vorwurf des Lohnwuchers. Am Ende steht er nun mit einer Anwaltsrechnung dar, die deutlich über der Abfindungssumme liegt.
Frank Fischer
Rechtsanwalt
Ruhmann Peters Altmeyer
Zur Einordnung
In der Ausgabe 7-8/2016 interviewte Uwe Agnes Rechtsanwalt Steffen Schmidt-Hug. Dieser hatte über seinen Newsletter von einem Verfahren berichtet, in dem er die klagende Seite vertrat. Es ging um vermeintlichen Lohnwucher in angeblich mehreren Fällen. Am 20. Juni erschien unser Heft, einen Monat später veröffentlichten wir am 19. Juli das Interview auch online.
Das jedoch hätte schon nicht mehr passieren dürfen. Denn am 13. Juli bereits stellte das Arbeitsgericht Köln folgendes fest. Der Redaktion liegen die offiziellen Gerichtsunterlagen vor, wir zitieren aus dem amtlich vorgelegten Vergleich des Arbeitsgerichts:
„3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass bei ihrem Arbeitsvertrag kein Lohnwucher vorgelegen hat. Der Kläger verpflichtet sich, entsprechende Behauptungen, auch durch seinen Prozessbevollmächtigten, nicht aufrechtzuerhalten.“
Seit Ende Juli stehen wir in Kontakt mit der angeklagten Produktionsfirma. Erst von ihr erfuhren wir von dem Ausgang des Verfahrens, woraufhin wir den Artikel selbstredend sofort von der Homepage nahmen.
Die Produktionsfirma entschied sich nach einiger Überlegung dazu, auch weiterhin anonym zu bleiben. Die Redaktion kann das unter Berücksichtigung der Sachlage nachvollziehen und respektiert diese Entscheidung.
Ich bin absolut dafür, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und zu unterstützen und finde es bedenklich, was in der Branche da passiert. Blind auf dem Ruf der Arbeitgeber rum zu trampeln, finde ich aber genauso bedenklich!