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Prävisualisierung in Open-Source-Software Blender

Inspirieren und kalkulieren

Die Prävisualisierung von Sequenzen oder ganzen Filmen ist ein wichtiger Faktor in der Kalkulation geworden. Seit die Tools immer präziser werden, kommt jedoch auch immer mehr Inspiration für Filmschaffende hinzu. DoP Frederick Gomoll erläutert, wie er auf das Open-Source-Tool Blender für seine PreViz kam und gibt Tipps für den Einsatz.

DoP Frederick Gomoll
Foto: Georg Lucas Müller

Eigentlich brauchen wir zur Vorvisualisierung nichts. Vor jeder konkreten Planung, sei es analog mit Bleistift und Zeichenpapier oder digital mit Pixeln und Code am Rechner, kommt die Imagination. Oder wie Fotografie-Pionier Ansel Adams es formulierte, die Fähigkeit, das fertige Bild zu antizipieren, bevor die Belichtung stattfindet. Das ist eine Fähigkeit, deren Bedeutung in Zeiten digitaler Fotografie und Bewegtbildgestaltung zunehmend in den Hintergrund tritt. DoP Frederick Gomoll lernte das beim Belichten von chemischem Film in seiner Fotokamera. Doch das Schätzen dieser Kunst ohne Hilfsmittel hielt ihn nicht davon ab, sich während des Kamerastudiums erstmals mit den digitalen Mitteln zur Prävisualisierung auseinanderzusetzen. Dabei ist der Vorgang mitnichten neu. Seit es bewegte Bilder gibt, planen Kameraleute ihre Bilder. Der Begriff des Storyboards erblickte in den Walt-Disney-Studios das Licht der Welt. Das war Ende der 1920er, Anfang 1930er Jahre. In den Folgejahren entwickelten Werbeagenturen erste Formen animierter Zeichnungen, so genannte Animatics, mit denen sie Auftraggeber:innen die Budgets aus dem Kreuz leierten. Spätestens seit den großen Blockbustern ist das Konzept fest im Mainstreamkino angekommen, um große Projekte kalkulierbar zu machen.

Funktion

Seit Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre ist die Prävisulisierung oder auch PreViz vor allem ein Tool für die Produktionsplanung geworden. In seiner Funktion als Planungstool für Filmproduktionen ist sie heute im Einsatz, um komplexere Sequenzen überschaubar, kommunizierbar und vor allem kalkulierbar zu machen. Die Überschaubarkeit ist nötig, um die Sequenz in einzelne Teile zerlegen und so leichter planen zu können. Diese können dann leichter an alle involvierte Gewerken kommuniziert und mit ihnen diskutiert werden. So wissen alle: „Aha, das ist mit ,Raumschiff‘ und das mit ,Sturzflug‘ gemeint.“

Auch geht heute nicht selten die Phase des Concept Art voraus, um Konzepte für das Aussehen einzelner Elemente und der Welt zu erhalten. Und schließlich werden durch die beiden vorgenannten Phasen die Sequenzen kalkulierbar. So kann frühzeitig erkannt werden, ob das Budget überhaupt mit den Ideen übereinstimmt. Die PreViz ist meist gröber und vor allem weniger narrativ als das Storyboard. In ihr sind auch von der Schöpfungshöhe weiter oben angesiedelte Kreationen, wie das Concept Design nicht so relevant.


Wofür DoP Frederick Gogol die PreViz nutzt

  • Die Idee von einem Setdesign vorbereiten und später mit Szenenbild und Regie ausarbeiten
  • Lampen einbauen und Lichtrichtungen definieren.
  • Auflösung von komplexeren Szenen mit größeren Abläufen dem Team verdeutlichen

Was muss die Anwendung leisten?

  • Maßstabsgetreues Arbeiten
  • Sensorgröße und Brennweiten definieren
  • Wandfarben und Strukturen darstellen

Durch die voranschreitende technologische Entwicklung werden die Werkzeuge, mit der eine PreViz umgesetzt werden kann, nicht nur niedrigschwelliger zugängig, sondern auch komplexer in ihren Fähigkeiten. Wo in den 1990er Jahren simple Polygone als Autos für Actionsequenzen herhalten mussten, können in einer solchen Sequenz heute sogar Lichtquellen gesetzt und Brennweiten ausgewählt werden.

Das lange Zeit vorherrschende Tool in diesem Bereich war und ist FrameForge 3D Studio. Damit ist es möglich, Floorplans anzulegen, aber auch im dreidimensionalen Raum Sets zu konstruieren und dort Figuren, Möbel und Fahrzeuge zu platzieren. Weitere Tools die teils nur 2D, teilweise in unterschiedlicher Komplexität auch 3D darstellen können, sind Storyboard Pro, Shot Designer, ShotPro, iClone oder Moviestorm.

Aufbau eines Projekts

So einfach in der Anwendung wie FrameForge ist Blender sicher nicht. Doch laut Gomolls Einschätzung ist ein Erlernen der Basics mit den frei im Netz erhältlichen und stetig weiter entwickelten Tutorials zügig möglich. Auf der Grundlage können schon erste für eine Studio- und Setplanung anwendbare Projekte umgesetzt werden.

Die Oberfläche von Blender erinnert ein wenig an die etablierte Aufteilung, die auch von Adobe Photoshop, After Effects oder anderen Programmen bekannt ist. Das Hauptfeld mit dem Inhalt nennt sich 3D-Viewport, rechts finden sich die Outliner mit den Domänen der Manipulation, darunter deren Eigenschaft als Properties und ganz unten die Timeline.


Tipps für den Einstieg in Blender

Der Blender Guru vermittelt die Basics:
https://www.youtube.com/@blenderguruofficial

Bei Polygon Runway gibt es Tutorials für den Aufbau von Low-Poly-Projekten:
https://www.youtube.com/@polygonrunway

Auf The CG Essentials gibt es Tutorials zu allen Aspekten, die Blender abgdeckt:
https://www.youtube.com/@TheCGEssentials

Blender Kit ist eine Datenbank mit über 10.000 digitalen Modellen:
https://www.blenderkit.com


Zum Starten hat Gomoll hat einen Tipp. Wer die ersten Tutorials durchgearbeitet hat und in etwa weiß, wo er welche Funktion findet, kann das ausprobieren. Viele Film- und TV- Studios haben ihre Grundrisse samt Maßeinheiten als PDF oder Grafik online. Mit einem Screenshot holt man sich das entsprechende Studio in Blender. Die Grafik kann man dann deckungsgleich auf das Raster des 3D-Viewports anpassen. Darauf lassen sich schnell einfache Formen, wie Rechtecke als Wände bauen. So ist innerhalb weniger Minuten das Studio, in dem man drehen möchte als 3D-Modell nachgebaut. Darin kann dann auf die gleiche Weise ein Set gebaut werden. Über die Blender-Ergänzung Blender Kit lassen sich in das Set über 10.000 Assets, wie Autos, Stühle, Tische oder Kerzenleuchter hineinsetzen. Das Kit ist eine Ergänzung, um nicht jedes Asset in Blender selbst nachbauen zu müssen. Rund 60 Prozent von dessen Inhalt sind kostenlos. „Wenn man sich mit den Grundfunktionen auskennt, kann man jetzt anfangen, Kameras zu platzieren, Licht zu setzen und über die Timeline mit Keyframes Fahrten und Bewegung zu erzeugen.“

Drei Screenshots der Blender-Software
Oben der Grundriss des Sets mit Maßeinheiten, in der Mitte die dreidimensionale Version mit virtueller Kamera und virtuellem Kader, unten dann der fertige Render des virtuellen Kamerabilds mit gesetzten Lichtquellen. (Grafik: Frederick Gomoll)

Beispiel Werbedreh

Für ein Werbefilm-Projekt für The Shack Production baute DoP Gomoll das rechteckige Set in Blender vor. Hier sollte in einem nach vorne geöffneten, orangenen Quader der Protagonist stehen. Dafür konstruierte Gomoll den Grundriss des Szenenbilds präzise maßstabsgetreu nach. In seinem virtuellen Set konnte er nun die Farbe, in diesem Fall ein knalliges Orange wählen und vor allem Leuchtstoffröhren als Lichtquellen setzen.

Studioset für Werbedreh
Das fertige, im Studio aufgebaute Set mit platzierten Lichtquellen und Kameradolly. (Foto: Georg Lucas Müller)

In der dreidimensionalen Version des Setnachbaus konnte Gomoll dann seine virtuelle Kamera einrichten und mit den aktuell gängigsten Kameramodellen seine favorisierte Sensorgröße auswählen, darunter die der ARRI ALEXA LF oder der RED MONSTRO 8K, aber auch klassisches Super 16 oder APS-C für Canon-Fotokameras. Danach wählte Gomoll die Brennweite im Menü für die Darstellung des Renderbildes. Dieser virtuelle Kader wird bei einer im 3D-Raum platzierter Kamera in einem Rahmen innerhalb des Bildes angezeigt, in den Beispielbildern ist dieser Kader in der Farbe gelb-trans- parent dargestellt. Für seinen Kunden und seine Crew konnte Gomoll dann ein fertiges Renderbild dieses virtuellen Kaders ausgeben. Das erspart ein „Ach, das hab‘ ich mir aber anders vorgestellt!“ beim Kunden und ermöglicht Gomoll ein schnelles, effizientes Arbeiten. [15288]


Möchten Sie mehr über den Einsatz von Blender in der Prävisualisierung erfahren? Den kompletten Artikel finden Sie hier!


 

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