Action Concept stellt die Produktion seiner Signature-Serie auf Anamorphoten um
Neuer Look für „Cobra 11“
von Timo Landsiedel,
Seit 24 Jahren und 36 Staffeln geht die Actionserie „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“ über deutsche Bildschirme. In über 120 Länder verkauft ist sie ein Exportschlager, ihr Look ist international. Der soll jetzt noch cinematischer werden: In Zukunft wird die Reihe mit HAWK V-Lite 1.3-Anamorphoten produziert. Wir haben uns in Ausgabe 4.2020 bei der Produktionsfirma Action Concept umgehört, woher die Idee kam und wie aufwendig sie ist.
Ein unscheinbares Industriegebiet am Rande von Hürth-Kalscheuren, eine halbe Stunde Autofahrt von der Kölner Innenstadt. Baustoffhandel, Wertstoffhof und Fleischgroßmarkt. Doch der biedere Schein trügt. Hier auf dem Gelände wurde Fernsehgeschichte geschrieben. In den nebenan ansässigen TV-Unternehmen, wie den ehemaligen MMC- und Eyeworks-Studios, entstanden Kultformate wie „Alles Nichts Oder!?“ und „RTL Samstag Nacht“. Etwas weiter nördlich, im Nobeo-Studio-Komplex, gastiert Günther Jauch mit „Wer wird Millionär?“. Wem auf dem Parkplatz vor der Adresse „An der Hasenkaule 1-7“ nicht schon die vielen ramponierten Fahrzeuge auffallen, der stolpert vielleicht über ein Gebäude mit ungewöhnlichem Schriftzug. „Autobahnpolizei“ prangt auf dem Vorbau eines Bürogebäudes. Hier sitzt Action Concept. Das Unternehmen produziert „Alarm für Cobra 11 – Die Autobahnpolizei“, die international erfolgreichste und langlebigste Serie aus Deutschland.
Kinolook zur Neuausrichtung
Auf bisher 36 Staffeln bringt es das Format seit der Erstausstrahlung im März 1996, in über 120 Ländern wird die Serie ausgestrahlt. Der langjährige „Cobra 11“-Produzent Hermann Joha, der zunächst nur für die Stuntsequenzen engagiert worden war, übernahm ab der dritten Staffel in 1997 die Gesamtproduktion und Weiterentwicklung des Formats. Das Team ließ in den Folgejahren zahlreiche Serien und Spielfilme mit Action-Anteilen folgen. Action Concept hat in den vergangenen 17 Jahren zehn Mal den renommierten Taurus World Stunt Award in Los Angeles für den „Besten Stunt in einem ausländischen Film“ gewonnen – meist mit den Stuntszenen aus „Alarm für Cobra 11“.
Für die aktuelle Staffel 36, deren Ausstrahlung in diesem Jahr stattfindet, soll es Neues geben. Die Serie bekommt neben Änderungen im Cast auch ein inhaltliches Update. Dieses wird durch einen neuen Look noch verstärkt. Der wird durch kinohaftere Beleuchtung und Änderungen im Szenenbild unterstützt. Maßgeblich für die technische Abteilung ist aber ein anderer Punkt: Die gesamte Bildakquise wird in Zukunft mit anamorphotischen Objektiven stattfinden. Ungewöhnlich für eine TV-Serie, da wesentlich aufwendiger als das Drehen mit sphärischen Objektiven. Aber die Entscheidung ist auch nachvollziehbar, wenn man den nächsten Schritt in Richtung hochwertiger Ästhetik gehen will.
Treibende Kraft bei dieser Entscheidung war DoP Christian Paschmann. Der Kameramann begann seine Karriere Anfang der 1990er Jahre als Kameratechniker bei Dedo Weigert in München. 1992/93 wurde er Kameraassistent und führte dann in der Folge auch als DoP die ersten Projekte an. 2001 holte ihn ein befreundeter Kameramann ans Set von „Alarm für Cobra 11“. Dort drehte er bis Mitte 2019 auf der Kombination ARRI ALEXA Mini und Ultra Primes wurden getauscht.
HAWK V-Lite 1.3
Der Anlass war eine Veränderung in der Serie und daraus resultierend der Wunsch nach einem neuen Look. Es gab immer wieder in den vergangenen 24 Jahren einen Wechsel der Co-Stars neben dem Aushängeschild Erdogan Atalay als Polizist Semir Gerkhan. Ein solcher Wechsel steht auch für Staffel 36 an. Mit größer werdendem Druck durch die Streamingdienste entschied die Produktion, auch den Gesamteindruck einer Neuerung zu unterziehen. „Wir wollen deshalb der ganzen Serie einen neuen Look geben, etwas Neues machen“, sagt DoP Paschmann.
„Irgendwann kamen dann auch die Optiken ins Spiel. Ich hatte immer wieder die Idee gehabt, mal andere Objektive zu nehmen, aber das ist immer auch eine Kostensache.“ Jetzt war der Moment günstig, einen cinematischeren Look auszuprobieren.
Anamorphoten waren ganz oben auf Paschmanns Wunschliste. Der DoP testete verschiedene Optiken mehrerer Hersteller, unter anderem auch die HAWK V-Lite 16 und die HAWK V-Lite-Reihe sowie eine Reihe sphärischer Objektive. Andreas Teichner von Vantage Film stellte ihm beide zum Testen zur Verfügung. Einen zweiten Test machte er dann im Studio am Set der Cobra 11, parallel zu den Dreharbeiten. So hatte er immerhin das gleiche Licht, das gleiche Set und somit den direkten Vergleich zum sphärischen Material. „Wahrscheinlich sind die HAWK-Optiken technisch gesehen nicht so ,perfekt‘ wie andere Optiken, jedoch für den Kameramann und für das Bild sind sie es“, sagt DoP Paschmann über die HAWK V- Lite 1.3. „Die anamorphotischen Linsen erzeugen eine kleinere Tiefenschärfe. Der Fokus, die Schärfe liegt auf den Schauspielern. Der Vordergrund und der Hintergrund sind unscharf. Die Konzentration liegt alleine auf der Schärfenebene im Bild.“
Angeschafft hat die Kameraabteilung der Hürther Actionschmiede die HAWK V-Lite 1.3 in den Festbrennweiten 20 mm, 28 mm, 35 mm und 65 mm. Hinzu kommen zwei HAWK V-Plus 1.3-Zooms mit den Brennweitendistanzen 80–180 mm sowie ein Zoom in 45–90 mm.
Unter den Focus Pullern der Serie kam der Umstieg gut an. Der Schärfebereich ist deutlich kleiner. Dafür sehen die Kameraassistenten auch sofort, ob sie auf der Schärfe liegen oder nicht. Die Brennweitenrange ist durchweg lichtstark, so bringen es die HAWK-V-Lite- Objektive zwischen 20 mm und 80 mm auf T2.2, die 110 mm haben immer noch T3 und die 140 mm noch T3.5. Die Objektive sind sehr kompakt und sogar kleiner als viele sphärische Objektive am Markt. Besonders wichtig für einen schnellen Wechsel am Set: Die Ringe für Fokus und Irisblende sind an der identischen Stelle am Objektiv und können so ohne große Umbauten an Follow Focus oder Funkschärfe-Motoren direkt nach dem Brennweitenwechsel eingesetzt werden. [12178]