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Michael Martens und Timo Koch von Riedel Networks im Interview

Richtig machen

Riedel Networks hat seine Wurzeln im Live-Produktions- und Broadcast-Bereich, aber hat in den vergangenen Jahren verstärkt die Industriekunden-Sparte ausgebaut. Mit der Neugründung der Sales Unit Media Division steht nun auch Broadcast wieder vermehrt im Fokus. Wir sprachen mit CEO Michael Martens und CCO Timo Koch über die Neuausrichtung.

Riedel Networks CEO Michael mMartens
Foto: Sven Kubeile

Machen wir zu Beginn einen Ausflug in die Geschichte – wie ist Riedel Networks Teil der Riedel-Unternehmensgruppe geworden?
Michael Martens: Gegründet wurde das Unternehmen 2001 von einem ehemaligen Entwicklungsleiter der Firma Arcor, der sich im Bereich kleinerer Netzwerke in Deutschland selbstständig gemacht hat. Dieses Geschäft hat er sukzessive ausgeweitet, bis er um 2006 herum Thomas Riedel getroffen hat, der zu dem Zeitpunkt die Anforderungen aus seinem Kundenkreis in der Formel 1 hatte, für diese ein globales Netzwerk aufzubauen, was schon damals lokal für die einzelnen Rennställe existierte. Nun wollten die Teams von ihm ein Netzwerk bekommen, was die Techniker in der Boxengasse mit den Technikern in der Fabrik verbinden sollte, um Daten auszutauschen. Das war seinerzeit eine große Herausforderung. Es gab Sprachbarrieren und die Teams mussten mit größeren Telekommunikationsunternehmen arbeiten, die nur sehr langsam tätig wurden. Das wollten die Teams nicht mehr und haben deshalb Riedel gebeten, eine andere Lösung zu finden. So kam es zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen, der Private AG, und man hat ein globales Netzwerk aufgebaut, das dann auf Basis der Formel-1-Kunden gewachsen ist. So sind auch die ersten zehn, zwölf Netzwerk-Knoten entstanden. Man hat den Datenverkehr an neuralgischen Punkten gesammelt und dann über Backbone geführt, beispielsweise von New York nach Frankfurt, von Frankfurt nach Mailand und von dort nach Maranello zu Ferrari.

Anfang 2012 hat diese AG Insolvenz anmelden müssen, weil sie neben der Kooperation mit Riedel selber nicht genügend Kunden erwirtschaften konnte und so in Zahlungsschwierigkeiten kam. Thomas Riedel hat dann das Unternehmen in Form eines Asset-Deals aus der Insolvenz herausgekauft, bei dem man nur die Unternehmensteile übernimmt, die man auch übernehmen möchte. Den Rest belässt man in der Insolvenz-Gesellschaft. Die Firma wurde dann umbenannt in Riedel Networks und Thomas hat mich gebeten, die Geschäftsführung zu übernehmen.

Riedel Networks hat sich in der Folge ein wenig von seinen Wurzeln in der Event- und Live-Produktion wegbewegt. Inwiefern ist da die Broadcast-Produktion, in der ja IP-basierte Anwendungen stark gewachsen sind, für das Unternehmen noch von Bedeutung?
Michael Martens: Obwohl in diesem Bereich die Umsätze heute nur 20 Prozent der Gesamtumsätze von Riedel Networks ausmachen, sind wir dort trotzdem gewachsen, nur nicht ganz so schnell wie im Enterprise-Bereich. Wir haben das Geschäft im Medienbereich zwar mitgemacht, uns an Ausschreibungen beteiligt und dort oft genug gewonnen, aber wir haben keine aktive Akquise gestartet. Genau das machen wir seit Februar dieses Jahres anders.

Seitdem wollen wir zusätzlich zu dem stark gewachsenen Enterprise-Geschäft, das uns eine sehr hohe Auslastung im Backbone bietet, auch das Mediengeschäft wieder nach vorne treiben und die Stärken nutzen, die wir im Telekommunikationsbereich und in der Vernetzung von Mittelstandskunden haben. Wir reden hier über IP-basierte Netzwerke, also das, was man heute im Broadcast-Bereich etablieren möchte. Das machen wir in der Telekommunikation schon seit 1984! Natürlich gibt es im Broadcast einen viel höheren Automatisierungsgrad, also Software Defined Networks. Das ist auch im Telekommunikationsbereich erst seit acht bis zehn Jahren aktuell.

Riedel Networks CEO Michael Martens
Für CEO Michael Martens ist die Gründung der Sales Unit Riedel Networks Media auch eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des Unternehmens. (Foto: Sven Kubeile)

Wir haben dann im Februar eine neue Sales Unit gegründet, die Riedel Networks Media, und haben Timo Koch gebeten, uns hierbei zu unterstützen. Timo kommt selbst aus dem Medienbereich und hat dort ein tolles Netzwerk. Gemeinsam bauen wir jetzt das Mediengeschäft mit der gleichen Priorität aus, mit der wir zehn Jahre lang das Enterprise-Geschäft ausgebaut haben. Wir werden dort auch weiterhin wachsen, aber wollen zusätzlich im Mediengeschäft versuchen, neue Akzente zu setzen.

Back to the roots.
Michael Martens: Ja, im Prinzip ist das schon so. Das Schöne ist: Es war ja immer mit dabei. Formel 1, DTM, der Eurovision Song Contest, all das haben wir immer gemacht. Insofern ist diese DNA sowieso schon in der Technik verhaftet. Dadurch haben auch unsere Enterprise-Kunden Vorteile, denn wir sind diejenigen, die ein Werk abschließen, die liefern, und zwar zu dem Zeitpunkt, wo es versprochen ist – und nicht eine Woche später, wenn das Event vorbei ist. Mit dieser DNA Enterprise-Kunden zu betreuen, hilft enorm dabei, Vertrauen aufzubauen. Und jetzt sagen wir „back to the roots“ – das Eventgeschäft und das Mediengeschäft stärken und ausbauen.


Zur Person

Michael Martens wurde im Mai 2012 CEO von Riedel Networks. Davor war er fünf Jahre im Management von Colt Technology Services und zeichnete dort für das Großhandels- und Mittelstandsgeschäft in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Osteuropa verantwortlich. Zuvor war Michael Martens Mitglied des Managementteams bei Verizon Business. Er begann seine Karriere 1984 bei der Deutschen Telekom als Telekommunikationshandwerker, ist ein Fachmann für Telekommunikation und hat Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Informationssysteme am AKAD-Institut studiert.

Timo Koch stieß im Mai 2023 als Chief Commercial Officer für die Media Division zu Riedel Networks. Hier ist er verantwortlich für das kommerzielle Geschäft und die Geschäftsentwicklung des Unternehmens im Medien- und Unterhaltungssektor und berichtet an den CEO Michael Martens. Timo Koch soll das bestehende Geschäft bei Broadcast- und Live-Veranstaltungen ausweiten und dabei das Potenzial der Unternehmensgruppe im Bereich Rechenzentren für neue Medienaktivitäten nutzen. Hierbei kann er auf seine langjährige Erfahrung im Bereich der Broadcast-Außenübertragung zurückgreifen.


Wo liegen denn in diesem Bereich die Chancen und Möglichkeiten?
Timo Koch: Das beste und auch bekannteste Beispiel im Moment ist das Thema Remote Production. Wir wissen alle, dass Remote Production sehr stark wächst, in mehreren Bereichen, Formen und Dimensionen. Remote Production wird immer wichtiger, bei den ganz großen Broadcast Events, aber auch bei den kleineren. Dabei wird auch das Thema Konnektivität, Leitungen und die Services, die dazugehören, immer bedeutender.

Timo Koch, Chief Commercial Officer der Media Division bei Riedel Networks
Timo Koch, Chief Commercial Officer der Media Division bei Riedel Networks, war per Video für das Gespräch mit „Film und TV Kamera“-Chefredakteur Uwe Agnes zugeschaltet. (Foto: Sven Kubeile)

Ich selbst komme aus dem Produktionsbereich und hatte lange Zeit eine eigene Firma in Belgien, die auch international operiert hat. Damals war das technische Setup relativ einfach: Man fährt einen Ü-Wagen ins Stadion, man baut die Kameras und das Ton-Equipment auf und man schickt ein SDI-Signal raus, zeichnet es auf oder man sendet es über Satellit. In der neuen Broadcast-Welt, die immer weiter wächst, wird das Thema IP immer wichtiger, egal ob nun IP schon im Ü-Wagen angewendet wird oder erst später. Man will dabei nicht nur das Signal vom Produktionsort senden, sondern erwartet heute auch zum Beispiel, dass das Personal von anderswo arbeiten kann, von zu Hause oder in einem anderen Büro. Ich habe schon Produktionen erlebt, wo nur drei, vier Leute vor Ort waren und zehn andere Operators, ob Replay, Ton oder Kommentator, irgendwo anders verteilt saßen. Das bedeutet: Das Netzwerk wird zunehmend ein wichtiger Bestandteil für eine eine professionelle Abwicklung solcher Produktionen.

Was sind konkret die Herausforderungen für solch ein Netzwerk und was macht Riedel Networks anders als andere Anbieter?
Timo Koch: Es ist natürlich ein Riesenvorteil, dass wir uns in der Media Division auf das Know-how von Riedel Networks stützen können. Wir haben haben 25 PoPs, also Points of Presence, in 20 verschiedenen Ländern, über die ganze Welt verteilt, die über die Jahre aufgebaut worden sind. Das Wissen und nicht zuletzt die Kontakte zu den lokalen Carriern, um die Verbindungen aufzubauen und zu überwachen, ist im Unternehmen vorhanden.

Ich bin zwar relativ neu im Telekom-Geschäft, aber dieses Know-how haben wir ja in Haus. Wenn jetzt noch das Broadcast-Wissen, hinzukommt, nicht nur von mir, sondern auch von anderen Mitarbeitern, die ebenfalls schon länger im Broadcast-Geschäft unterwegs sind, können wir genau diese zwei Bereiche verbinden: IP-Telekom mit all seinen technischen Herausforderungen und die Workflows von TV- und Broadcast-Produktionen. Wenn man dann etwas weiter auf die Riedel-Gruppe schaut, dann lässt sich feststellen, dass wir sehr gut aufgestellt sind. Wir haben eine ganz klare Broadcast-DNA. Wir atmen und leben das und wir glauben, dass wir hier einen richtig guten Service abliefern können.

In einem Credential für Riedel Networks heißt es wörtlich „kleinere Firma mit makellosen Referenzen“.
Michael Martens: Wir sind klein. Das ist vollkommen richtig, aber das macht uns auch beweglich. Wir sind keine Deutsche Telekom, wo es teilweise einzelne Abteilungen gibt, die größer sind als wir, was aber auch gleichzeitig deren Problem ist: nämlich die Kommunikation untereinander! Bis dort Dinge erledigt sind, dauert es einfach, und bis bis dort ein Prozess stattgefunden hat, ist bei uns wahrscheinlich die Arbeit schon längst komplett getan.

Was das betrifft, sind wir klein. Wir werden auch niemals riesengroß werden. Aber wir werden vielleicht von heute 75 auf 250 Mitarbeiter wachsen. Auch das ist immer noch relativ klein. Kein Siemens, aber auch nicht mehr Garage. Von daher haben wir immer noch die Mentalität eines inhabergeführten Mittelständlers und nicht die eines großen Unternehmens.

Und zu den „makellosen Referenzen“ für Riedel Networks: Wenn ich bei meinen früheren Arbeitgebern in der Telekommunikation in verantwortlicher Position zum Kunden zitiert wurde, waren das in der Regel erst einmal unangenehme Gespräche. Solche Gespräche führe ich hier überhaupt nicht, im Gegenteil. Es ist teilweise eher so, dass wir den Kunden anrufen müssen, um uns wieder in Erinnerung zu bringen, weil er uns einfach vergessen hat! Er hat bei uns eine Dienstleistung bestellt, wir haben ihm diese Dienstleistung zur Verfügung gestellt und dann funktioniert einfach alles. Das meinen die Kunden mit „makellos“. Tatsächlich nimmt der Kunde die Dienstleistung nicht wahr. Was wir liefern, funktioniert und wir bringen den Kunden immer weiter in die nächste Entwicklungsstufe. Wir machen es von Anfang an richtig.

„Richtig machen“ ist offenbar eine wichtiger Begriff im Unternehmen.
Michael Martens: Ich habe eine Führungsmannschaft, die sehr viel Erfahrung mitbringt. Wir haben für viele Telekommunikations-Unternehmen gearbeitet und haben überall gesehen, welche Fehler gemacht wurden. Diese Fehler wollen wir hier nicht wiederholen. Und wenn man etwas nicht von Anfang an richtig macht, sondern später etwas nachar- beiten muss, dann hinterlässt das keinen guten Geschmack. Es ist nicht richtig, wenn man das Gefühl hat, etwas müsse noch besser gehen.

Das ist etwas, das wir aus dem Event-Geschäft mitgebracht haben und wo die Firma auch lernt. Man kann eben nicht erst eine Woche nach dem Start der Formel-1-Saison eine Leistung liefern. Das funktioniert nicht. Ich muss eine Woche vorher fertig sein. Es ist manchmal schwierig, das den Lieferanten zu erklären. „Warum willst du denn jetzt schon eine oder zwei Wochen vor dem Event die Leitung haben?“ Weil die Teams vorher kommen und ich vorher aufgebaut und getestet haben muss. Wenn die Teams kommen, dann wollen sie sich einstöpseln und ihre Arbeit erledigen. Da muss meine Arbeit schon längst erledigt sein. Und wenn ich an die Themen nicht gleich richtig herangehe, wann dann? Andernfalls würde es zu viel Zeit und Geld kosten. Eine ordentliche Planung und richtige Ausführung ist enorm wichtig. Dann muss ich nicht nacharbeiten – und vor allen Dingen keine unangenehmen Gespräche mit Kunden führen! [15363]

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