Warum setzen Filmemacher wieder vermehrt Zooms ein?
Zurück zum Zoom
von Timo Landsiedel,
Marius Milinski und Joscha Seehausen von Suprsteady haben die Arbeit mit dem Zoom neu entdeckt. Vor allem für schnelle Produktionsaufgaben wie ihre Comedyeinsätze für die „heute show“ seien die Objektive ideal. Wir haben sie in unserem Heft 10.2020 gefragt, worauf man achten muss, was ihr Wunschobjektiv wäre und wie so ein Comedydreh abläuft.
Was war der Auslöser für eure aktuelle Zuwendung zum Zoom? Joscha Seehausen: Die Wiederentdeckung der Zoomobjektive kam vor allem über unsere Gimbalarbeit. Ende 2017 haben wir groß investiert in ein MOVI-System. Aber uns fiel auf, dass auch sehr teure, hochqualitative Primes unterschiedlich schwer sind, was bei jedem Linsenwechsel dazu führt, dass man den Gimbal neu austarieren muss. Das hat uns viel Zeit gekostet.
Marius Milinski: Hinzu kommt: Wir haben viel Autowerbung gemacht in der Zeit. Dann montiert man den Gimbal an den Black Arm und muss ständig anhalten, um die Brennweite zu wechseln. Die einfachste Lösung war, ein Zoom-Objektiv zu nehmen und in einem Bruchteil der Zeit deutlich mehr Shots zu produzieren. Joscha Seehausen: Also haben wir uns umgeschaut, was es an Zoomobjektiven auf dem Markt gibt, die innen zoomen, ohne dass das Objektiv ausfährt und so sein Gewicht verlagert, und die außerdem auch innen fokussieren. Damit fielen erst mal fast alle Fotozooms weg. Dann wurden wir aufmerksam auf das ZEISS Lightweight Zoom 21-100, das sehr leicht ist, wie der Name schon sagt. Davon waren wir sehr angetan, weil es die Arbeit mit Gimbals ungemein erleichterte und einen Riesenzuwachs an Flexibilität brachte. Wir sparten nicht nur Zeit, sondern wurden dadurch auch kreativer!
Musstet ihr eigene Zoom-Vorurteile dafür überwinden? Joscha Seehausen: Zooms sind ja als Hauptarbeitsmittel immer noch verschrien. Wir kennen Zooms aus der EB-Arbeit und aus den Filmen der 1970er Jahre. In beiden Fällen sind es reine Funktionsobjektive, die für schlechte Qualität stehen. Mittlerweile sind die früheren technischen Probleme von Zooms wie eine flauere Schärfe durch die deutlich schärferen digitalen Sensoren gar nicht mehr so präsent. Teilweise sind die sogar schön, weil sie ein wenig die Härte digitaler Bilder abschwächen. Viele Leute treiben ohnehin Aufwand, ihre scharfen Linsen mit Filtern etwas weicher zu machen.
Was muss ein Zoom-Objektiv für euch noch technisch leisten? Marius Milinski: Aus meiner Sicht sollte es eine durchgängige Blende haben. Das ist jetzt beim ZEISS Lightweight Zoom nicht der Fall, macht es aber auch nicht zum K.-o.-Kriterium. Als wir es eingesetzt haben, fand ich das allerdings störend. Wenn man schnell die Einstellungsgröße wechseln muss und merkt: „Ach, die Haut war aber vorher heller!“ Das ist blöd. Ansonsten bin ich immer froh, wenn es möglichst wenig wiegt, weil ich gern viel aus der Hand drehe.
Joscha Seehausen: Und da sind wir beim nächsten Punkt: Bildstabilisation. Die ist unglaublich dankbar, weil man natürlich schnell in der Lage ist, aus der Hand etwas zu schießen. Die hilft dabei, diese ganz kleinen Mikrovibrationen vollständig zu entfernen. Um noch mal das Thema Gewicht anzusprechen: Es gibt von Canon das 17-120 mm – eine wirklich ganz tolle Optik, die mit einer Öffnung von T2.95 über fast den gesamten Bereich viel Licht einfängt und eine tolle Bildqualität hat. Problematisch ist die Bauform, das ist ein relativ großes Objektiv. Damit muss man dann hantieren. Bei unseren Comedydrehs ist es nicht nur so, dass man im Setup drei, vier Einstellungen macht, sondern über den Tag hinweg das Motiv auch zwei bis drei Mal wechselt. Die Kamera muss also immer wieder umgebaut und verstaut werden. Je kleiner das Objektiv ist, desto leichter kann man es an der Kamera lassen, fährt zum nächsten Motiv und dreht dort direkt weiter. Bei langen, schweren Optiken ist das schwieriger.
Marius Milinski: In letzter Zeit wird für mich ein funktionierender Autofokus immer wichtiger. Vor allem, weil wir immer mehr mit den neuen Canon-Kameras drehen. Ich bin ein großer Fan von Facetracking. Was wir immer brauchen, ist ein scharfes Gesicht, gerade in improvisierten Szenen, die sich nicht lange blocken lassen und in denen Dinge passieren, die man nicht vorhersehen kann. Es macht total Sinn, dass die Kamera einen da unterstützt. Mit dem Canon 18-80-Objektiv ist das möglich.
Joscha Seehausen: Spannend sind die Servo-Zooms, also Motoren an den Zooms, die herstellerseitig vorhanden sind. Wenn man selbst Motoren ansetzen muss, hat man an der Kamera zusätzliche Kabel und ein Gerät mehr, das sich am Rod lösen oder verschieben kann, und auch eine deutlich kompliziertere Ansteuerung. Da ist es toll, wenn man einen Servomotor fest am Objektiv verbaut hat, ich stecke ein Kabel rein und es funktioniert. Man möchte ja die Kamera so schnell wie möglich einsatzbereit haben und so wenig Zusatzteile wie möglich anbringen müssen, um das Gerät arbeitsfähig zu machen. Dafür sind die Servozooms in der Bedienung sehr angenehm. Es geht nicht nur darum, einen langsamen Zoom-In ohne Ruckeln zu machen. Nein, es ist auch toll, im laufenden Betrieb die Brennweite von 20 mm auf 50 mm zu ändern. Man hat die Kamera auf der Schulter, die rechte Hand am Servo, die linke an der Schärfe. Das ist eine tolle Arbeitsweise, wie ein EB-Kameramann, unglaublich schnell und flexibel. Es ist viel angenehmer, Kamera und Objektiv fest in der Hand zu haben. [13397]