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Rik Hoerée, CEO Riedel Group Product Division, im Interview

Ausbau zur Videomarke

Im Dezember 2021 wurde Rik Hoerée zum CEO der Riedel Product Division ernannt.Wir blickten gemeinsam zurück auf das erste Jahr in seiner neuen Position und erfuhren, in welche Richtung sich das Unternehmen seiner Meinung nach entwickeln soll.

Rik Hoerée beim Interview
Foto: Sven Kubeile

Rik, Sie sind seit etwa einem Jahr in Ihrer neuen Position als CEO der Riedel Product Division. Was waren aus Ihrer Sicht rückblickend die wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen in Ihrem Verantwortungsbereich in dieser Zeit?
Das wichtigste Ereignis war sicherlich das „Supply Chain Event“, auf das wir uns nicht gerade gefreut haben. Aber das war natürlich vom ersten Tag an eine große Herausforderung. Zum Glück verhält sich dieses Problem ein bisschen wie ein Rennen in der Formel 1: Wenn es auf die Rennstrecke regnet, ist sie für jeden Fahrer nass! Genau das war hier beim Supply-Chain-Problem der Fall. Alle unsere Konkurrenten hatten genau die gleichen Probleme. Das Positive daran ist, dass wir uns durch diese Herausforderung gekämpft und trotzdem unsere Planziele für dieses Jahr erreicht haben. Ich spreche von den Gewinnzielen, denn hier liegt offensichtlich die Herausforderung. Es gibt enorme Steigerungen der Warenkosten, wobei es Zwischenhändler gibt, die die Preise auf absolut verrückte Niveaus treiben. Zum Beispiel wird ein Artikel, der normalerweise einen US-Dollar pro Stück kostet, jetzt für 250 US-Dollar verkauft. Und dann haben Sie die Wahl, entweder die Lieferung einzustellen und Ihre Kunden geraten in Schwierigkeiten, oder Sie beliefern Ihre Kunden weiter und nehmen den Rückschlag hin, weil Sie diese Kostensteigerung nicht Ihren Kunden in Rechnung stellen können. Es gibt keine Möglichkeit, die Preise zu erhöhen, was für die gesamte Branche gilt, die mit dieser schwierigen Situation zu kämpfen hat. Dieses Problem war also die größte Herausforderung im vergangenen Jahr.

Was war neben den Lieferkettenproblemen Ihre wichtigsten Themen als neuer CEO der Product Division?
Ich habe diese neue Position mit einem gewissen Kontext angetreten, da ich Riedel schon seit geraumer Zeit kenne. Ich war seit 2003 Distributor für einige Regionen in Europa, bin vor zehn Jahren in das Unternehmen eingetreten und habe seitdem in verschiedenen Rollen gearbeitet. Es besteht also eine lange Beziehung zu Riedel. Trotzdem habe ich als Erstes einer Reihe von Leuten zugehört, sowohl Führungskräften im Unternehmen als auch Leuten in der Produktion. Welche Probleme möchten sie gelöst sehen und was würden sie in Zukunft anders handhaben? Man versucht, sich ein Bild vom Status quo zu machen und von dort aus weiterzuarbeiten.

Wir befinden uns inmitten großer Veränderungen. In der Branche gibt es viele Probleme, wobei besonders die Lieferketten eine Rolle spielen, da Anbieter entweder große Probleme haben oder ganz vom Markt verschwunden sind. Aber es gibt auch einen großen technologischen Wandel, auf den wir uns vorbereiten müssen. Was bedeutet das konkret für Riedel? Riedel war früher ein hardwarezentriertes Unternehmen, das sich in Zukunft zu einem viel stärker softwarezentrierten Unternehmen entwickeln wird. Das ist das Bestreben. Es ist ein organisatorischer Wandel, es ist aber auch ein Wandel sowohl aus technologischer Sicht als auch aus Sicht der Herangehensweise. Das führt zu vielen Veränderungen im gesamten Unternehmen. Ich persönlich bin jemand, der Veränderungen liebt, aber nicht jeder in einem Unternehmen denkt so. Es ist eines meiner Hauptziele als CEO der Product Division, diese Änderungen umzusetzen und dabei alle mitzunehmen. Es ist ein bisschen wie bei den US-Marines: Wir lassen niemanden zurück. Das ist meiner Meinung nach der wichtigste Punkt, um Veränderungen in einem Unternehmen voranzutreiben. Jeder, der heute Teil unseres Unternehmens ist, hat zu unserem Erfolg beigetragen. Das gilt es zu würdigen und für die Zukunft weiter auszubauen. Das sind meine wichtigsten Ziele.

Rik Hoerée beim Interview
Rik Hoerée sieht die Lieferketten-Probleme als große Herausforderung für Riedel wie auch für die gesamte Branche. (Foto: Sven Kubeile)

Wie würden Sie die aktuelle Situation der Riedel-Gruppe beschreiben?
Ich würde unsere Situation als erstaunlich gut bezeichnen! Es gibt nicht viele Unternehmen in unserer Branche, die ein so gutes Jahr hatten wie wir, nachdem wir alle die Covid- Pandemie überstanden haben. Offensichtlich erholt sich der Markt, was zum Teil darauf zurückzuführen sein dürfte, dass jetzt Investitionen getätigt werden, die zuvor aufgeschoben wurden.

Die gute Nachricht ist, dass Riedel als Unternehmen weltweit noch viel Wachstumspotenzial hat. Zunächst einmal gibt es Regionen, in denen wir geografisch oder lateral gesehen noch nicht im richtigen Maße präsent sind und wo wir noch kein großes Team haben. Aber auch aus vertikaler Sicht bauen wir beispielsweise unser Videogeschäft weltweit aus. Das hat in den letzten Jahren bereits stark zugelegt und wir unternehmen weitere Schritte in diese Richtung. Einer davon war die Übernahme von zwei neuen Unternehmen, um einerseits unsere Softwarestrategie weiter voranzutreiben und andererseits in ein breiteres Videoprodukt-Portfolio zu investieren.

Sie beziehen sich auf die Übernahme von SDNsquare und SimplyLive, die beide im vergangenen September stattfanden. Können Sie erläutern, was jedes Unternehmen zu Ihrer Strategie beitragen wird?
Beginnen wir mit SDN Square, das in erster Linie ein Technologieunternehmen ist. Ursprünglich auf Universitätscampus in England und Belgien gegründet, ist es ein Spin-off eines Universitätsprojekts, das viele Kenntnisse über SDN-Orchestrierung generiert hat. Da alles sich in Richtung IP bewegt, ist die Orchestrierung von SDN und IP-Netzwerken natürlich ein Kernbestandteil. Dies war ein Baustein, den wir für unsere Weiterentwicklung identifiziert hatten, und der in den nächsten fünf Jahren realisiert werden sollte.

Als sich die Gelegenheit bot, ein Kernkompetenzzentrum zu erwerben, das über umfangreiche Erfahrung verfügte und die größten Produktionen weltweit mit seiner Technologie versorgt hatte, nutzten wir diese Gelegenheit. Wir erwarben die Technologie und gewannen die Kernmitarbeiter in diesem Team, um beides in unsere Lösung für die Zukunft zu integrieren. Wir haben uns jedoch dazu entschieden, das Produkt des Unternehmens einzustellen, um uns darauf zu fokussieren, dieses Produkt von dort, wo es heute ist, dorthin bringen zu können, wo wir glauben, dass es für die Zukunft benötigt wird. SDNsquare selbst hielt dies auch für notwendig. Die Weiterentwicklung des Produkts, während es gleichzeitig noch angeboten würde, hätte aber den nötigen Fokus nicht ermöglicht. SDNsquare befand sich zudem auch in einer ausreichend frühen Phase der Marktdurchdringung, um diese Entscheidung treffen zu können.

Bei SimplyLive hatten wir einen ganz anderen Grund für unsere Übernahme. Wie ich bereits sagte, beabsichtigen wir, unser Portfolio an Videoprodukten zu erweitern und Riedel als Videomarke auszubauen. Dabei suchen wir nach softwarezentrierten Lösungen und die können Sie bei SimplyLive definitiv finden. Es ist eine codebasierte Lösung, die in der Cloud ausgeführt werden kann und einige neue Bereiche für uns abdeckt, von Zeitlupenwiedergabe – was für Riedel ein völlig neues Thema ist – bis hin zu Vision-Mixing und VAR-Lösungen, die dann perfekt zu unserem Bolero-S- System passen.Auch die Technik dahinter ist sehr interessant und wurde von ehemaligen EVS-Leuten entwickelt. Sie kennen sich auf diesem Gebiet bestens aus, haben sich 2016 selbstständig gemacht, bis hierher weiterentwickelt und passen sehr gut in die Gesamtstrategie für Riedel.

Was müssen wir noch tun? Wir bewegen uns in einem turbulenten Umfeld, wenn wir uns ansehen, was in letzter Zeit in der Welt passiert, mit dem Krieg in der Ukraine, der Inflation und einer möglichen Rezession. Es gibt auch viele Turbulenzen im Technologiewandel, die dann große Veränderungen und Neuorientierung bei den Herstellern erfordern. Viel wichtiger sind aus meiner Sicht jedoch die Veränderungen auf Kundenseite, denn letztendlich bauen Hersteller Produkte für Kunden. Deshalb müssen wir herausfinden, in welche Richtung unsere Kunden gehen, welche Probleme sie lösen müssen und welche Lösungen wir ihnen anbieten können. [15290]

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