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Kamera-Ausbildung: Hochschulen in Deutschland

Babelsberg: Tradition und Beweglichkeit

Deutschlands älteste Filmschule hat eine spannende Geschichte. Zum 60. Jubiläum kam 2014 der Rang der Universität dazu. Uwe Agnes und Bernd Siering haben sich den Studiengang „Cinematography“ angesehen.

Valentin Selmke an der Kamera (Bild: Bernd Siering)

Richtig verlaufen kann man sich eigentlich nicht auf dem Weg zur Filmuniversität in Babelsberg. Wer sich zu Fuß nähert, sieht auf der einen Seite ein riesiges Gerüst, auf dessen abgewandter Seite Felsen nachgebaut werden: Babelsberg gibt sich wirklich Mühe, dem Besucher mit einer guten, alten Filmkulisse einen angemessenen ersten Eindruck zu präsentieren. Auf der anderen Straßenseite steht ein hypermoderner Glas-und-Stahl-Bau, vor dem, obwohl eigentlich offiziell noch Semesterferien sind, etliche vorwiegend in Schwarz gekleidete junge Menschen stehen, sich lebhaft unterhalten und ihre Reden dabei ebenso lebhaft mit ihren Händen unterstreichen. Künstler, Philosophen oder Filmstudenten? Vielleicht ja alles zugleich.

Der erste Eindruck ist jedenfalls der von schierer Größe. Das liegt sicher zum Teil an der Lage der Hochschule direkt neben dem Gelände des Studios Babelsberg, dem ältesten Filmstudio der Welt, wie man sich mit Ehrfurcht erinnert. Aber auch die Universität wirkt für eine reine Filmhochschule gewaltig groß. Denn der Studienfach Kamera, das hier “Cinematography” heißt, ist nur einer von vielen – in Babelsberg gibt es Bachelor- und Masterstudiengänge unter anderem in Regie, Drehbuch, Schauspiel, Animation, Montage oder Szenografie.

Babelsberg kann dabei auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Filmuniversität ist aus der bereits 1954 gegründeten Deutschen Hochschule für Filmkunst hervorgegangen und später und bekannt als Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF). Als einzige Filmhochschule in Deutschland hat sie seit 2014 Universitätsstatus.

Von weitem zu erkennen: die Filmuniversität (Bild: Bernd Siering)

Obwohl wie erwähnt noch Semesterferien sind, wirkt die Hochschule keineswegs wie ausgestorben und die luftigen Gänge sind belebt. Im einem Vorführsaal direkt neben dem gewaltigen überdachten Atrium trifft sich Susanne Schüle, Professorin für Cinematography mit den Master-Studenten Valentin Selmke und Johannes Greisle, um mit ihnen ihre aktuellen Arbeiten zu besprechen. Schüle ist eine von drei Professoren am Fachbereich und betreut gemeinsam mit ihren Kollegen Peter Badel und Michael Hammon zwischen acht und zehn Studierenden pro Jahrgang: nur 10 Prozent aller Bewerbungen in Babelsberg sind erfolgreich.

Erfahrungen machen

Umgeben von kadmiumgelben Polstern sichtet Schüle mit ihren Studenten Rohmaterial, das Johannes Greisle von einem dreimonatigen Dokumentar-Dreh in Bulgarien mitgebracht hat. Handwerklich muss man den Master-Studenten sicherlich nichts mehr beibringen, denn schon nach den drei Jahren des Bachelor-Studiums befinden sie sich auf technisch hohem Niveau. Die Herausforderungen liegen nun eher in der persönlichen Entwicklung, im Umgang mit Schwierigkeiten am Set und der Kommunikation im Team. Besonderen Eindruck hat der Dreh in einer bulgarischen Therme hinterlassen. “Ich stand bis zur Hüfte im gefühlt 50 Grad heißen Wasser und drehte ein Interview”, erinnert sich Johannes Greisle. Die Sprache verstand er nicht, also blieb ihm verschlossen, was wichtig war und was nicht. So drehte er am Rande der Erschöpfung weiter, und das Gespräch zog sich schier endlos hin. “Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass die Autorin und der Interviewpartner nur noch belangloses Zeug geplaudert haben – ohne dass ich das Signal bekam, die Kamera abzusetzen.”
So ein Benehmen eines Autors gegenüber dem Kameramann ist im besten Fall gedanken-, wenn nicht gar respektlos, gehört aber zu den Dingen, die Kameraleuten alle Tage begegnen. Um so wichtiger ist es Susanne Schüle, die wie alle Professoren im Studienbereich Cinematography aus der Praxis kommt und alle Arten von Konflikten im Team am eigenen Leib erlebt hat, mit ihrer Erfahrung weiterhelfen zu können. Generell, so ist der Eindruck, gibt es eine besondere Kultur an der Hochschule, die Studierenden mit Problemen im beruflichen wie privaten Umfeld nicht allein zu lassen.
“Wir wollen für Kamera-Studierende während des Studiums Hilfestellung geben, wenn es um Themen wie persönliche Entscheidungen geht – die Gründung einer Familie, Auslandsaufenthalte, Annehmen von Jobs oder nicht”, sagt Susanne Schüle. “Ich hatte zum Beispiel schon Frauen, die zu mir kamen und mit denen ich darüber gesprochen habe, wie man es schaffen kann, als Kamerafrau zu arbeiten, und trotzdem eine Familie zu gründen. Wie gehe ich damit um, wenn ich weiß, ich möchte Kinder bekommen und muss deswegen für eine Zeit aussetzen, möchte aber dennoch als Kamerafrau erfolgreich arbeiten. Das sind Themen, die wir auch im Rahmen des Studiums besprechen.”

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