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Female Filmmakers Cologne

Bei der Arbeit sicher fühlen

Im Juni 2022 gründeten sechs Frauen in Köln das Netzwerk Female Filmmakers Cologne (FFC) mit dem Ziel, in einen genderübergreifenden Austausch zu gehen und weiblich gelesenen Personen einen geschützten Raum zu bieten. Wir sprachen für unser Heft 5.2023 mit zwei Mitbegründerinnen, Kamerafrau Sarina Laudam und Regisseurin Fitore Muzaqi.

Regisseurin Fitore Muzaqi auf einem Filmset
Foto: Sergio Cuomo

Wie ist euer Netzwerk entstanden?
Sarina Laudam: Die Idee zu unserem Netzwerk kam mir, als ich feststellte, dass sehr viele Kolleginnen und generell viele Filmemacherinnen im gleichen Kölner Stadtteil wie ich leben. Da wir uns sowieso ständig über den Weg liefen, beschlossen wir kurzerhand, uns einfach gemeinsam zum Austausch über das Arbeiten beim Film zu treffen. Als Selbstständige fehlt einem nämlich oft ein beständiges Netzwerk. Es gibt kaum einen persönlichen Austausch zwischen Solo-Selbstständigen, außer auf den vereinzelten jährlichen Events der Filmbranche. Dabei ist gerade der regelmäßige Austausch über alltägliche Hindernisse und Erfolge beim Filmemachen extrem wichtig – insbesondere für uns weiblich-gelesene Personen.
Im Rahmen des Internationalen Kurzfilmfestivals in Köln startete FFC in der Cine-Bar im Rex am Ring-Kino in das erste offene Treffen für alle Filmemacher. Fast 300 Kolleg:innen tauschten sich aus über ein großes Bedürfnis nach dieser Initiative, nach Bewusstseinswandel und nach einer langfristigen Veränderung der Gesellschaft. Es ist wichtig darzustellen, dass wir in Deutschland eine bunte Gesellschaft haben.

Wie hat sich das Netzwerk weiterentwickelt?
Sarina Laudam: Inzwischen haben wir über 800 Follower auf Instagram, ein eigenes Büro und einen regen Austausch mit Filmfestivals, anderen Verbänden und Vereinen. Jeden ersten Dienstag im Monat haben wir einen Stammtisch, allerdings geschlossen für weiblich-gelesene FLINTA-Personen. FLINTA ist ein Sammelbegriff für Frauen, Lesben, Intersexuell, Non-Binary. Wir wollen einen Safespace kreieren, in dem wir frei sprechen können. Bei jedem Treffen bereiten wir ein aktuelles Thema vor, das die Filmbranche beschäftigt und/oder unsere Arbeit gerade beeinflusst, und wollen dadurch eine Diskussion und ein Umdenken anstoßen.

Dabei ist es uns auch wichtig, immer ein bestimmtes Wording, also ein Vokabular, zu verwenden, das niemanden diskriminiert und wir uns gegenseitig empowern. „FLINTA“, „Safespace“, „Empowerment“: Das sind alles Begriffe, die viele Menschen außerhalb der „Bubble” noch nicht oder nur wenig kennen. Daher wollen wir auch Sichtbarkeit für diese neue Sprache schaffen. Wir wollen niemandem sagen, du bist falsch, weil du das nicht kennst, im Gegenteil, wir wollen dafür sensibilisieren, die Menschen miteinbeziehen und in einen offenen Diskurs starten – besonders mit unseren männlichen Kollegen. Das ist unser großes Ziel.

Fitore Muzaqi und Sarina Laudam (rechts) auf dem 44. Filmfestival Max Ophüls Preis
Fitore Muzaqi und Sarina Laudam (rechts) auf dem 44. Filmfestival Max Ophüls Preis (Foto: FFMOP)

Bei unseren Treffen stehen auch oft Set-Erfahrungen im Vordergrund. Dazu gehören leider auch immer noch Übergrifflichkeiten und Machtmissbrauch am Set. Mit „MeToo“ haben solche Dinge nicht schlagartig aufgehört. Die Realität sieht immer noch so aus, dass wir uns weiterhin am Set damit konfrontiert sehen. Persönlich habe ich schon einiges erleben müssen, viele meiner Kolleginnen leider auch. Zwar wird es in den seltensten Fällen körperlich, doch der psychische Druck steigt mit jeder Konfrontation. Es sind meistens abfällige Sprüche oder Gesten, die wir zu hören bekommen. Dabei kann Machtmissbrauch auch unterschwellig und subtil sein. Oft fragt man sich dann im Nachhinein, ob man selbst einen Fehler gemacht hat, das Ganze provoziert hätte, und letztlich zweifelt man nur an sich selbst. Das Bewusstsein darüber, dass immer noch Übergriffe am Set stattfinden und dass wir darüber sprechen wollen, schafft auch Selbstbewusstsein, so etwas zu erkennen und sich Hilfe zu holen, denn auf der Arbeit möchten wir uns sicher fühlen. Insbesondere unsere männlichen Kollegen sind aufgerufen, sich aufzuklären und unsere Verbündeten zu sein. Wenn verbale oder sogar körperliche Übergriffe am Set passieren, dann würde ich mir wünschen, dass Kollegen – sei es Regisseur, Produzent, Kameraassistent oder Maskenbildner – dies aufmerksam beobachten. Vielleicht fragen sie mal „Hey, ist alles okay bei dir? War das gerade in Ordnung für dich?“

Fitore Muzaqi: Belinde Ruth Stievert hat in ihrer Serienstudie von 2022 in über 146 deutschen Serien die Männer- und Frauenanteile analysiert. Der Frauenanteil im Bereich Creation liegt bei nur 16,7 Prozent zwischen 2017 und 2021. Bei solchen Ergebnissen stellt sich die Frage, wer in den Chefpositionen sitzt und diese Jobs aus welchen Gründen vergeben hat. Es kann nicht einfach unkommentiert stehen gelassen werden, dass hauptsächlich Männer diese Jobs bekommen – auch nicht von Männern.

Und es wird noch komplizierter, denn Thema ist hier nicht nur Mann und Frau. Wir müssen tatsächlich differenzieren, welche Frauen damit gemeint sind. Bei dem Frauenanteil ist nicht angegeben, ob es sich auch um Women of Color handelt. Auch wurde Inklusion nicht mit einbezogen. Das heißt, wir können bei der Studie davon ausgehen, dass hauptsächlich weiße Frauen gemeint sind, die keine Behinderung haben. Da ist einfach ein extrem großer Knick in der Optik, der einen Teil der Gesellschaft ignoriert. Wir können uns natürlich nicht immer alle um alle Themen dieser Gesellschaft kümmern, aber bei diesen Ana- lysen stellen sich die Machtverhältnisse deutlich dar, und zwar nicht nur durch die Auftraggeber:innen der Studien oder der Personen, die sie durchführen, sondern auch durch ihre undifferenzierte Art, die einen Großteil der Gesellschaft einfach ignoriert: On Top sind die weißen Männer, dann kommen die weißen Frauen, dann erst kommt der Rest. Menschen mit Behinderung, Schwarze, Muslime bilden das Schlusslicht. Das ist eine Hierarchie des Patriarchats, die wir hinterfragen und ändern müssen. [15328]


Hier geht es zum kompletten Interview mit Sarina Lauda und Fitore Muzaqi!


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