Claus Pfeifer, Head of Connected Content Acquisition, Media Solutions, bei Sony Professional Solutions Europe, hat uns für unser Heft 11.2020 erläutert, wie sich das Unternehmen für den steigenden Bedarf an Remote-Lösungen aufgestellt hat.
Welche aktuelle Ausgangsssituation hat Sony bezüglich Remote-Lösungen am Markt beobachtet?
Wir haben aus vielen Gesprächen mit Kunden, aber auch aus einem aktuellen Report der Kollegen von IBM entnommen, was die größten Veränderungen sind, die Covid-19 gebracht hat. Letztendlich ist da ganz klar herausgekommen, dass Virtualisierung und Remote-Produktionen immer wichtiger werden und Bereiche wie Next-Generation-DTT-Standards oder immersive Formate wie 360- Grad- oder VR-Produktionen zurzeit eher als nicht so wichtig wahrgenommen werden.
Entscheidend ist für uns im Moment, die Kolleginnen und Kollegen wieder in die Produktion zu bekommen. Das hat
am am Anfang natürlich viele Diskussionen und gerade im Bereich IT große Umstellungen bedeutet. Ich glaube, jedes Unternehmen hat erst einmal damit zu kämpfen gehabt, die Produktion auf die Cloud zu verlagern. Zum Glück sind wir da ganz gut aufgestellt. Wir bieten einige cloudbasierte Tools, wie zum Beispiel die Ci Media Cloud oder das Hive-Produktionssystem, das wir mittlerweile auch als On-Demand-Modell cloud native anbieten können. Daran haben wir jetzt stark gearbeitet und dementsprechend konnte einiges an Produktion verlagert oder mit einem neuen Workflow versehen werden, und zwar mit Tools, die wir sowieso schon haben, auf die jedoch einige unserer Kunden aufmerksam gemacht werden mussten. Aber da hat sich die Medienwelt auch umgestellt. In einigen Bereichen ist es schneller gegangen, wie zum Beispiel in der News-Produktion. Dort war vielleicht auch der Drang etwas größer, direkt zu berichten. In anderen Bereichen hat diese Umstellung sicher ein wenig länger gedauert.
Wie wichtig sind Qualitätsstandards in der Remote-Produktion? Man muss da natürlich immer abwägen. Wenn die Inhalte am wichtigsten sind, dann ist die Qualität letztlich egal. Aber bei einer normalen Schalte bei einer normalen Interviewsituation, die entsprechend vorbereitet werden kann, sollte einfach ein gewisser Qualitätslevel gehalten werden. Das sehen wir ganz deutlich so. Deswegen haben wir auch viele Produkte in unserem Portfolilio, die beide Bereiche abdecken. Man kann ja eine Remote-Produktion oder auch Streaming mit einem relativ simplen RTMP-Protokoll realisieren. Man kann aber auch eine Stufe weiter nach oben gehen und unser „Quality of Service“ nutzen, wo abhängig von den Netzwerkbandbreiten die Übertragungsqualität und das Delay angepasst wird. Denn wenn man etwas mehr Delay akzeptiert, kann zum Beispiel ein Paket, das bei der Übertragung verloren gegangen ist, neu angefordert werden. Mit diesen Funktionalitäten kann man eine ganz gute Balance zwischen Bildqualität und Aktualität hinbekommen.
Neben der Qualität sind ja auch Zuverlässigkeit und Redundanz ein Kriterium in der Remote-Produktion. Wie lassen die sich gewährleisten?
Wir versuchen natürlich immer die Qualität oben zu halten und gleichzeitig eine gewisse Sicherheit zu bieten, mit redundantem Netzwerk oder redundanter Stromversorgung. Denn bei einer kompletten Verlagerung einer Produktion in die Cloud muss man sich natürlich fragen: Wie stabil ist das? Man kann aber auch hier eine Kompromisslösung finden, bei der zum Beispiel der Prozessor on premises bleibt, aber die Bedienung von außen geschieht. Dann kann es natürlich passieren, dass vielleicht manchmal ein Schaltsignal ein bisschen später kommt, aber das Bildsignal selbst wäre nicht in Gefahr, weil es immer weiter laufen wird. Bei einer Lösung, die wir zum Thema Smart Production präsentiert haben, kann ein bestehender XVS-Mischer bei einem Broadcaster einfach remote gesteuert werden. Das kann im Extremfall so aussehen, dass der Operator daheim im Wohnzimmer sitzt, die Videosignale zugespielt bekommt und dann von dort die Quellen umschaltet. Das wäre ohne weiteres möglich. Ob das dann im Einzelfall tatsächlich so gemacht wird, bleibt letztlich den Anwendern überlassen. Bei einer Sportübertragung ist so etwas vielleicht ein bisschen schwieriger, aber eine Interviewsituation wie etwa
in einer Talkshow-Runde könnte mit Smart Production wunderbar funktionieren.
Wie sieht es mit der Infrastruktur für Remote- und Smart Production aus? Investiert der Markt trotz der Krise in IP?
IP ist definitiv ein Thema, besonders dann, wenn man nicht nur einfach ein SDI-Kabel durch ein Netzwerkkabel ersetzt, sondern das Netzwerkkabel verwendet, weil man eine intelligente Lösung haben möchte, um Remote- oder Shared Production zu realisieren. Man könnte dann letztendlich ein Rechenzentrum auslagern und für mehrere Produktionen verwenden oder auch die Infrastruktur, die man in einem Übertragungswagen hat, an eine bestehende oder eine stationäre Infrastruktur andocken, so dass man die Qualität und seine Möglichkeiten jederzeit hochfahren kann. In diesem intelligenten Zusammenschließen von Remote Production und Rremote Integration sehen wir eine deutlich höhere Flexibilität für unsere Kunden und das wird nach wie vor auch stark angefragt. Aus unserer Sicht ist der Wunsch nach Flexibilität und IP ungebrochen. [13659]