Green Shooting wird allerorts noch als moralisch wünschenswert, aber wirtschaftlich unrentabel angesehen. Die von Crew United angestoßene Initiative Crew Tech will das ändern und bringt Player aus unterschiedlichen Branchen zusammen, um neue Technologien, Geschäftsmodelle und Wege dorthin zu ergründen. Wir sprachen in unserem Heft 3/2019 mit Janine Golisano und Katrin Richthofer über das Vorhaben.
Ritter Sport hat es längst kapiert. Seit Jahren setzt der Schokoriese beim Anbau des Kakaos auf nachhaltiges Bewirtschaften der Böden. Hier wurde verstanden, dass es auf lange Sicht günstiger ist, seinen ökologischen Fußabdruck bewusst zu gestalten. Eigenes Engagement in den Communities der kakaoanbauenden Regionen Nicaraguas ist nur ein Teil der Strategie, Energieeffizienz und Umweltschutz an den Standorten in Deutschland gehören genauso dazu. Hier hängt die Filmbranche noch arg hinterher. Sicher, die Wirtschaftssektoren sind sehr unterschiedlich. Der Kostendruck ist höher geworden, Zeit fehlt, Produktionsteams kommen für fünf bis sieben Wochen zusammen, werden für das nächste Projekt neu zusammengewürfelt. Wenn von oben keine klare Vorgabe kommt, passiert nahezu nichts von allein. Wie stark der Kommunikationsbedarf bei dem Thema ist, zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem letzten Jahr. Bei einem TV-Film wurde die Entscheidung getroffen, „grün“ zu produzieren. Von Anfang an wurden alle Teammitglieder informiert, mit ins Boot geholt, für das Thema begeistert. Das Ergebnis war, dass alle die unterschiedlichen Maßnahmen begeistert mittrugen und zum Erfolg führten. Der nächste Film sollte auf gleiche Weise entstehen. Das Produktionsteam setzte die Arbeitsweise vom ersten Mal beim Team jetzt als bekannt voraus. Der Kommunikationsaufwand wurde gespart. Das Ergebnis war Unverständnis und Widerstand.
NETZWERK AUFBAUEN
Das wollen Janine Golisano, Katrin Richthofer im Team, mit Nicola Knoch und Stefanie Rall jetzt ändern. Die vier Frauen treiben seit 2018 die Initiative Crew Tech voran. „Erstes Ziel ist es, ein Netzwerk zu schaffen“, sagt Katrin Richthofer. „Der interdisziplinäre Austausch soll zu neuen Technologien und Geschäftsmodellen führen.“ Richthofer bearbeitet bei Crew Tech die Themen Innovation sowie Technologietransfer. Als Kamerafrau und Geschäftsführerin des Studienzentrums für Filmtechnologie der HFF München konzipiert und plant sie seit Jahren Workshops und Konferenzen für HFF und Imago. „Der Ursprung waren die Treffen des Netzwerks der Nachhaltigkeit, die Crew United drei Mal in den letzten zwei Jahren veranstaltet hat“, sagt Janine Golisano. „Hier holten Oliver Zenglein und Vincent Lutz die vielen Initiativen zum Thema Green Shooting erstmals an einen Tisch.“ Golisano ist bei Crew Tech für Netzwerkentwicklung und Kommunikation zuständig. Die selbstständige Kommunikations- expertin ist vor allem im Bildungssektor und in der Filmwirtschaft aktiv, wo sie zuletzt einen Verband mit aufbaute.
Die wichtige Erkenntnis aus diesen Treffen: zu Nachhaltigkeit in der Filmtechnik besteht enormes Potenzial und auch Bedarf. Klar war auch, dass sich eine Veränderung nicht in der Freizeit der Organisatoren würde erreichen lassen. Förderberater André Klein kannte die „richtige“ Förderung für Zenglein und Lutz, die sich sich seit Jahren für eine vor allem soziale und faire Filmbranche einsetzen. Mit der Verleihung des FairFilmAward fördern sie Produktionen mit vorbildlichen Arbeitsbedingungen. Gemeinsam entwickelten sie die Idee einer auch formell nachhaltigen Initiative, um Player aus der Filmtechnikbranche mit branchenfernen Unternehmen zusammenzubringen. Förderung kam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das Förderprogramm ist Teil der Förderinitiative Innovationsforen Mittelstand. Crew Tech legt den Schwerpunkt, wie schon im Namen angedeutet, auf neue Technologien, mobile Stromerzeugung und Lichttechnik sind ebenso im Fokus wie Technologievisionen. [7956]