Johanna Kreuz ist Erste Kameraassistentin in München. Sie hat für unser Heft Heft 4.2023 in den Antworten auf die Drei Fragen verraten, warum ihre Arbeit sie manchmal an ein Videospiel erinnert und warum sie seit sieben Jahren Mitglied im BVK ist.
1. Was ist dein Arbeitsschwerpunkt?
Als 1st Assistant Camera arbeite ich überwiegend im szenisch-fiktionalen Bereich. Das war von Anfang an mein Traumjob. Zu meinem Arbeitsfeld zählen Filme und Commer- cials. Die Mischung bietet Abwechslung und Flexibilität. Vor Beginn der Dreharbeiten wird meist gepreppt. Das heißt, ich erstelle Kameralisten, bin im regen Austausch mit DoP, Produktion und Camera Rental. Während der Testtage wird im Verleih sämtliches Equipment gecheckt, um für den Dreheinsatz vorbereitet zu sein. Zusammen mit dem DoP bilden wir Assistenten ein starkes Team, behalten den Überblick und ich versuche, die technischen Anforderungen der Kameraarbeit schon im Vorfeld zu optimieren. Die DoPs können sich so während der Dreharbeiten voll auf ihre Visualisierung konzentrieren.
Mit der Schärfe lenke ich die Blicke, live im Moment. Oft gilt es, sich spontan auf die Gegebenheiten einzustellen und MacGyver-mäßig den kreativen Prozess mit jeweils passen- den technischen Lösungen zu begleiten. Flow, Gefühl und Timing spielen bei der Schärfe eine wichtige Rolle, um von Take zu Take Veränderungen ausgleichen zu können. Meist orientiert sie sich am „point of interest“ oder gibt der Szene zum Beispiel durch Schärfenverlagerung eine weitere Ebene. Solche Entscheidungen treffe ich intuitiv oder in Absprache mit dem DoP. Als Focuspullerin im Digitalzeitalter erlebe ich meine Arbeit ähnlich wie ein Videospiel, in dem es darum geht, die Konzentration zu halten und das nächste Level zu erreichen!
2. Bist du in einem Verband aktiv?
Seit sieben Jahren bin ich Mitglied im Berufsverband Kinematografie BVK. Auszeichnend für den Verband finde ich, dass sich hier auch Urgesteine der deutschen Filmgeschichte wiederfinden. Als Teil der BVK-Familie kann ich auf die Kompetenz und den Erfahrungsschatz des Berufsverbandes zählen. Auch juristische Hilfe wäre bei Bedarf möglich. Wenn ich an die diesjährige Jahreshauptversammlung in München denke, war das wieder eine willkommene Zusammenkunft von Kollegen und Freunden. Es ist auch eine tolle Gelegenheit sich kennenzulernen, neue Kontakte zu knüpfen und sich auszutauschen. Hier treffen sich Profis der jeweiligen Fachbereiche, die durch ihre persönlichen Ansichten und Meinungen auch den Horizont der anderen erweitern können.
Als 1st AC verbringe ich in der Regel mehr Drehtage an unterschiedlichen Sets als ein DoP. Viele Situationen habe ich bereits in ähnlicher Weise erlebt, so dass die Kamerakollegen auch von meinen Erfahrungen profitieren. Auch im Berufsverband als Spiegel der Gesellschaft und deren Entwicklung lässt sich eine Umbruch-Stimmung bemerken. Vor allem in den technischen und Head-of-Positionen ist der Frauenanteil nach wie vor sehr gering. Frauen erleben es im Beruf immer wieder, dass sie nicht nach Qualifikation, sondern nach Geschlecht und Alter beurteilt werden. Gemeinsamkeiten mit anderen Mitgliedern verbinden und geben mir das Gefühl, gesehen und verstanden zu werden.
3. Wofür schlägt dein Herz außerhalb der Arbeit?
Für meinen Freund, meine Familie und für alle Menschen, die mir wichtig sind. In meiner Freizeit suche ich mir gerne neue Herausforderungen. Ich fahre Ski, Snowboard und tauche. Vor kurzem habe ich auch Tennis für mich entdeckt. Dabei macht mir großen Spaß, Kontrolle und Reaktionsfähigkeit weiter zu steigern. Beschleunigung, Geschwindigkeit und Flugrichtung bewegter Objekte einzuschätzen fällt mir berufsbedingt eher leicht! Weitere persönliche Interessen sind branchenverwandt: Der Zauber der analogen Fotografie fasziniert mich. Auslösen, dem Moment die Vergänglichkeit nehmen. Meine kleine Drohne bietet mir Möglichkeiten, auch in der Vogelperspektive kreativ zu werden. Und ich reise gerne, bin offen und interessiert für Kultur, Land und Leute. Deshalb mag ich Reiseproduktionen, da wird man schnell von Locals integriert und in die Gemeinschaft aufgenommen. Das ermöglicht mir einen authentischeren Blick: eintauchen, jeweilige Freizeitangebote auszuprobieren, die Schönheit der Natur genießen und neue Freunde finden. Ich bin gespannt, welche Abenteuer mich in Zukunft noch erwarten. [15306]