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Stereograf aus München

Drei Fragen an Martin Hans Schmitt

In unserer Rubrik „Drei Fragen“ stellen wir in jedem Heft eine Filmschaffende oder einen Filmschaffenden mit drei Fragen zu Arbeitsschwerpunkt, beruflichem Engagement und Freizeit vor. Im Heft 10.2024 schilderte Martin Hans Schmitt, Stereograf aus München,  wie Ingrid Steeger in einer Fernsehreihe der 1980er Jahre seine Begeisterung für 3D entfachte. 

Porträt von Martin Hans Schmitt
Foto: Irini Körber

 1. Was ist dein Arbeitsschwerpunkt?

Ich bin eine eierlegende Wollmilchsau, in einer Person Kameramann, Stereograf, Tonmann, Cutter, Color Grader, Mischtonmeister, Pressesprecher, Lizenzverkäufer, Filmproduzent und auch das DVD- und BluRay-Authoring vollführe ich in Eigenregie. Mit anderen Worten: Ich bin ein echter Indie-Filmer, der seine Dokumentarfilme in 2D und 3D ohne jegliche Filmförderung stemmt. Die Auswertung erfolgt hauptsächlich via Weltvertrieb über Plattformen wie Amazon Prime, Netflix und dutzenden anderen Onlinewegen weltweit. Deshalb sind meine Filmproduktionen auch immer englischsprachig.

Als zusätzliches Standbein arbeite ich als technischer Angestellter in einer kleinen Video-Abteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München. Dort drehen wir Image- und Werbefilme für die Universität. Hier ist die Herausforderung, komplizierte Zusammenhänge in eine kurze filmische Form zu gießen. Viele Professoren sind in der Lage, maänderartige Sätze zu formulieren. Mit diplomatischen Fingerspitzengefühl muss man die Wissenschaftler dann dazu bringen, ihre Texte so verfassen, dass auch im Medium Film der Sprechertext von den Zuschauern noch verständlich aufgenommen werden kann.

Des Weiteren liegt ein Arbeitsschwerpunkt meiner Uni-Tätigkeit im Aufzeichnen von Schulunterricht, der dann den Lehramtsstudenten und Wissenschaftlern online zugänglich gemacht wird.

Für die Stereographie schlägt mein Herz seit 1982. Damals gab es in den dritten Programmen 3D-Testsendungen im Anaglyphenverfahren, die unter unter dem Titel „Wenn die Fernsehbilder plastisch werden“ ausgestrahlt wurden. Unvergessen ist der Moment, als Ingrid Steeger ihren Staubwedel vor dem Röhrenfernseher ausschüttelte.

Nach einigen beruflichen Umwegen konnte ich dann auch als Mit-Produzent und Editor im Jahr 2001 den ersten volldigitalen Kurzfilm der Welt „Cyberheidi 3D“ mit einem selbstgebauten 3D-Kamera-Rig, bestehend aus zwei Sony-DVCAM-Kameras, an der Hochschule für Fernsehen und Film München realisieren. Im IMAX-Kino fand dann die Weltpremiere statt.

Nach dem Diplom-Abschluss an der Filmhochschule München 2002 sind bisher acht Dokumentarfilme entstanden, darunter 3D-Produktionen und Filme, die sich unter dem Motto „Faszination Weltraum“ zusammenfassen lassen. Letzteres bescherte mir auch eine ungeplante Einnahmequelle. Da die NASA nämlich ihr Mediencenter über Nacht aus finanziellen Gründen schließen musste, entstand das Problem, dass die Filmproduzenten kein Originalmaterial der Weltraummissionen mehr beziehen konnten. Hier konnte ich in die Bresche springen, da ich mir über die Jahre ein umfangreiches Archiv der Apollo-Mondlandemissionen aufgebaut hatte und ich in der Lage bin, Stock Footage an die Produktionsfirmen zu lizenzieren.

2. Bist du in einem Verband aktiv?

Ich bin Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm e.V. sowie der Deutschen Gesellschaft für Stereoskopie. Die AGDok ist stets ein guter Ratgeber hinsichtlich rechtlicher Fragen und wenn es sein muss, kann man hier auch einen Medienanwalt zu vergünstigen Honorar-Konditionen engagieren. Darüber hinaus nehme ich gerne an den Inselfilmer-Tagen teil. Bei dieser Filmklausur tauschen sich die AGDok-Mitglieder in offener Diskussion über ihre Produktionen aus und so bekommt man von Dokumentarfilmprofis Tipps und Tricks, um seine Filme noch weiter zu verbessern.

Die Deutsche Gesellschaft für Stereoskopie ermöglich die persönliche Begegnung mit anderen 3D-Enthusiasten und in der Vereinszeitschrift werden neue Methoden für die 3D-Postproduktion vorgestellt. Neben den Netz-Ressourcen ist das eine gute Quelle, sein stereografisches Know-how zu erweitern. Insbesondere werfen ich hier ein Auge auf die 2D- zu 3D-Konvertierung von „flachen“ Filmen. Die Entwicklung der KI schreitet hier rasant voran und die Ergebnisse können manches Mal sogar räumlicher wirken als eine echte 3D-Aufnahme mit zwei Kameraperspektiven.

Diese neue Möglichkeit der Erschaffung von dreidimensionalem Content konnte ich auch bei meiner letzten Produktion „How I Survived the Pyongyang Film Festival 3D“ einsetzen. In diesem 75-minütigen stereoskopischen  und animierten Dokumentarfilm berichte ich von meinen Erlebnissen auf dem Internationen Film Festival Pjöngjang, zu dem ich 2018 mit einer Science-Doku über Teleskope in der Atacama-Wüste eingeladen worden war. Diese sehr persönliche Nordkorea-Doku war dank KI zugleich auch mein erster Animationsfilm und wurde im Jahr 2024 unter anderem bei Amazon Prime in den USA und in 3D auf meinem kleinen YouTube-Kanal veröffentlicht.

3. Wofür schlägt dein Herz außerhalb der Arbeit?

Da die Arbeit als LMU-Filmemacher und Indie-Filmer natürlich viel Zeit in Anspruch nimmt, bleibt kaum Zeit für Freizeitaktivitäten. Was ich aber regelmäßig genieße, ist der Besuch von Kunstatelierausstellungen in München sowie der Besuch von Konzertveranstaltungen der Musikrichtung „Industrial“. Einmal abschalten tut auch mal gut! [15479]


Sie möchten auch unsere Drei Fragen beantworten? Dann füllen Sie hier online den Fragebogen aus!


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