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Kameramann aus Berlin

Drei Fragen an Thomas Eirich-Schneider

In jeder Ausgabe stellen wir unsere “Drei Fragen” an Filmschaffende aus allen Gewerken. Im Heft 1-2.2020 erzählte uns Thomas Eirich-Schneider, Kameramann aus Berlin, warum Intuition für ihn besonders wichtig ist und warum in letzter Zeit Holzspielzeug einen Platz in seinem Leben gefunden hat.

1. Was ist dein Arbeitsschwerpunkt?
Ich beschreibe mich gern als Bildgestalter und Dokumentarfilmer, somit etwas ambivalent in der Herangehensweise meiner Arbeit. Es ist der Bereich zwischen den klar getrennten Welten, der mich anzieht und den ich mit meiner Kamera erforschen möchte. Ich arbeite gern genreübergreifend und verbindend. Ich denke, dass es unendlich viele Geschichten zu entdecken gibt und es dafür ebenso unendlich viele Wege und Möglichkeiten des Erzählens und Bebilderns. Am Dokumentarfilm liebe ich das völlig Unbekannte und das tiefe Eintauchen in fremde Welten. Es zwingt mich und meinen Bauch entscheiden zu lassen, was mich wiederum fordert und voran bringt. Im fiktionalen Film mag ich die hohe Gestaltungsfreiheit, das Arbeiten im größeren Team und die fast grenzenlose Umsetzung starker visueller Ideen. Bei meiner Kameraarbeit dreht es sich oftmals um Intuition. Als erster Zuschauer sehe und spüre ich die Geschichte durch meinen Sucher. Alles, was nicht in meinen gezogenen Rahmen abgebildet wird, existiert später nicht im Film. Intuition ist dabei der wichtigste Begleiter meiner Bildsprache und das Vertrauen der Regie unabdingbar.

Während meines Studiums an der (damals noch) HFF Potsdam Konrad Wolf hatte ich ein ganz wunderbares Seminar bei Birgit Gudjonsdottir. Wir wurden ganz unvorbereitet mit einer Situation konfrontiert und sollten diese mit der Kamera einfangen. Diese wurde dreimal wiederholt und wir werteten nach jedem Take unser gedrehtes Material aus. Das erste Mal also unwissend, das zweite Mal wissend und das dritte Mal wissend, aber versuchend wieder unwissend zu drehen. Dank solcher Momenten, habe ich gemerkt, wie wichtig für mich diese Art des Drehens ist.

Letzten Endes steht bei einer Entscheidung für ein Projekt immer die Frage, ob der Film für mich persönlich wichtig ist, an vorderer Stelle. Filmzeit ist Lebenszeit. So versuche ich, Filme zu drehen, die mich nicht nur selbst faszinieren, sondern die auch einen Mehrwert mit sich bringen. Filme, die aufwecken, verstören, anders sind, zum Nachdenken anregen und am liebsten die Welt verändern können. Ob Demokratische Republik Kongo, Nordkorea, moderne Sklaverei, philosophische Roadmovies oder ein moderner Jesus aus Afrika – je ferner, eigenartiger und komplexer, desto besser.

2. Bist du in einem Verband aktiv?
Ich frage mich schon seit langem, ob und welcher Verband der „richtige“ für mich ist und bin immer wieder hin- und hergerissen zwischen BVK und AG DOK. Die Ambivalenz meiner Kameraarbeit spiegelt sich auch in der Unschlüs- sigkeit über den richtigen Verband wider. Wahrscheinlich werde ich einfach bald in beide eintreten und dann gar nicht mehr zum Drehen kommen.

Vor zwei Jahren wurde ich zu meiner Freude in der deutschen Filmakademie aufgenommen. Auch wenn es sich dabei nicht um einen klassischen Berufsverband handelt, genieße ich das Miteinander und die Möglichkeiten, sich mit Kollegen auch gewerke-übergreifend auszutauschen. Ich finde diesen Austausch sehr wichtig und engagiere mich in meinem Kollegenkreis schon lange persönlich für ein offenes Miteinander. Im Studium war es selbstverständlich, diesen Austausch zu haben und einen Einblick in die Arbeit der Kollegen zu bekommen. Das vermisse ich oft in meinem Berufsalltag. Die Verbandsarbeit müsste in Deutschland noch publiker, attraktiver und früher mit der Ausbildung verknüpft werden.

3. Wofür schlägt dein Herz außerhalb der Arbeit?
Da ich gern tief in meine Projekte versinke, ist Arbeit für mich keine reine Arbeit, sondern immer auch Lebenszeit und dadurch ein wichtiger Teil von mir. Ich entdecke Welten, Orte und Kulturen, die mir ohne meine Kameraarbeit für immer verborgen geblieben wären. Ich genieße es sehr, unterwegs zu sein und komplett im Projekt aufzugehen. 2019 hat privat aber viel für mich verändert. Im April kam unsere Tochter zur Welt. Seitdem gibt es neben dem Beruflichen auch einen verstärkten Fokus auf das Private, weshalb ich versuche, meine Projekte bewusster auszuwählen. Momentan nehme ich mir eine komplette Auszeit und verbringe ein halbes Jahr Elternzeit mit meiner Tochter. Diese Tochter-Papa-Zeit ist ziemlich besonders für mich und vieles ist neu.

Daneben genieße ich die Ruhe, abseits des immer auch stressigen Filmlebens, gern und viel in der Natur, beim Kochen, gutem Wein und mit Freunden. Ab und an suche ich auch den handwerklichen Ausgleich, baue und bastele gern Möbel und momentan viel Holzspielzeug. Ansonsten würde ich gern noch viel öfter auf Filmfestivals gehen und alle möglichen Filme sehen, wenn denn immer die Zeit dafür wäre. [11749]

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