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Wie gehen die Filmfestivals mit der Corona-Krise um?

Festivals ohne Begegnung

Vom 5. bis zum 10. Mai 2020 sollte das Internationale Trickfilm-Festival Stuttgart (ITFS) wieder zum Treffpunkt der Animations- und Effektbranche werden. Doch das Verbot von Kinovorführungen bis zunächst zum 15. Juni bedeutete auch: Das ITFS kann in diesem Jahr nicht wie geplant stattfinden und teilt dieses Schicksal mit zahlreihen anderen Festivals. Die Branche sucht nach alternativen Formaten.

Das ITFS in den Zeiten vor Social Distancing

Lange hatte die Leitung des ITFS gehofft, die Veranstaltung trotz des Corona-Virus durchführen zu können. Denn bei den einzelnen Veranstaltungen und Filmvorführungen kommen – bis auf das Open Air auf dem Stuttgarter Schloßplatz – unter tausend Besucherinnen und Besucher, was zunächst eine Messlatte für eine Genehmigung war. Doch das Festival wurde wie viele andere auch von der dynamischen Entwicklung der Lage überrollt. Spätestens als die Landesregierung Baden-Württemberg Mitte März generell Kinovorführungen bis mindestens zum 15. Juni untersagte, war klar, dass auch das 27. Trickfilm-Festival nicht in der bisherigen Form stattfinden kann.

Doch ähnlich wie andere Festivals wie die Oberhausener Kurzfilmtage, das Kopenhagener Dokumentarfilmfestival, das DOK.fest München oder das Werbefilmfestival spotlight in Stuttgart gab es einen Plan B. Man gehe dabei zweigleisig vor, wie Prof. Ulrich Wegenast, Geschäftsführer Programm des ITFS, erläuterte. Zum einen sollen ausgewählte Filme der verschiedenen Sektionen, von denen es eine Online-Zusage gibt, während der Festivaltage auf eine eigens entwickelte Website gestellt werden. Zum anderen sollen alle Wettbewerbsfilme aber auch 2021 auf dem Festival und damit im Kino gezeigt werden. Die Preise dieses Jahres sollen während der Eröffnung im kommenden Jahr vergeben und dann während des Festivals vor Publikum gezeigt werden. Soweit die Rechteinhaber zustimmen, sollen alle Filme dieses Jahrgangs auf eine durch Passwort geschützten Plattform präsentiert und dort vom Publikum gegen eine geringe Pauschalgebühr gesichtet werden. Dies ist nur während der sechs Festivaltage möglich. Zusätzlich gibt es einen kostenfreien Bereich, bei dem ein Film des Tages, Interviews, die Computerspiele der Gamezone und weitere Attraktionen geboten werden sollen. Für den Gamebereich könnte es vielleicht sogar eine Online-Preisverleihung geben. Dafür genutzt wird der eigene YouTube-Kanal und als Partner die Plattform „My Animation TV“.

Wegenast ist optimistisch, dass über Online-Marketing und Social Media das potentielle Publikum erreicht und für die virtuelle Ausgabe des ITFS begeistert werden kann. Das Festival habe über Jahre eine Community von rund 16.000 Fans aufgebaut, die durch die Online-Ausgabe sicher noch vergrößert werden könne. Die Umstände böten die Chance, die Digitalisierung des Festivals voranzutreiben. Durch die erzwungene Absage wird der Film & Medienfestival gGmbH als Veranstalter ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen, der sich nach Angabe des kaufmännischen Geschäftsführers Dieter Krauß noch nicht genau beziffern lässt. Beide Festivalleiter hoffen auf Unterstützung durch die öffentliche Hand und haben entsprechende Signale vom Land Baden-Württemberg und der Europäischen Union bekommen, ohne dass diese Unterstützung schon konkretisiert worden sei. Es sei sowohl für das engagierte Team als auch die Besucherinnen und Besucher äußerst schade, dass das ITFS nicht in der bisherigen Form stattfinden könne. Aber die Umstände böten auch die Chance für neue Erfahrungen und außergewöhnliche Formate.

Virtuelle Erfahrungen

Erste Erfahrungen mit der virtuellen Ausgabe eines Festivals haben Peter Frey und Michael Preiswerk von spotlight, dem Festival für Bewegtbildkommunikation gesammelt. Es war am 19. und 20. März im Stuttgarter Hospitalhof geplant. Nach dem Verbot öffentlicher Vorführungen stellten die beiden mit ihrem Team innerhalb von sechs Tagen auf eine Online-Version um. Zugute kam ihnen dabei, dass Werbespots sehr kurz sind und sie schon in den Vorjahren die Fachjury online versorgt hatten. Jetzt wurde auch die Sitzung der Fachjury ins Internet verlegt. Dabei waren die Diskussionen der 26-köpfigen Jury und der fachliche Austausch ebenso intensiv wie bei dem persönlichen Treffen. Insgesamt waren 331 Spots eingereicht worden, die Shortlist für die Jury betrug 88 Spots. Wichtig war dafür, die Online-Rechte mit den Einreichern zu klären. Sehr wichtig wurde die neue Kategorie „Social Influence“. Für die Online-Abstimmung des Publikums standen 54 Spots zur Auswahl, was von technischer Seite von Tom Wagner von der Mulando GmbH organisiert wurde. Insgesamt beteiligten sich trotz der kurzen Vorbereitungszeit rund 1.000 Nutzerinnen und Nutzer – mehr als der Hospitalhof gefasst hätte – und vergaben insgesamt 24.000 Stimmen. Peter Frey war davon so begeistert, dass es auch in den kommenden Jahren Online-Abstimmungen geben wird. Der neue Impuls habe spotlight spürbar bereichert. Dies ermögliche eine zahlenmäßig und geografische Ausweitung der Publikumsbeteiligung und erhöhe die Relevanz des spotlight Festivals, das sich schon immer dadurch auszeichnete, dass neben der Fachjury das Publikum abstimmen konnte. Alle Gewinner des Festivals können online gesichtet werden. Bis Mai soll auch das Forum mit Vorträgen und Diskussionen zu aktuellen Themen online zur Verfügung gestellt werden. [12459]

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