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Andreas und Daniel Sennheiser im Gespräch

Fokus auf Sennheiser-Werte

Zuschauer mit gelb bepolsterten Kopfhörern vor Fernsehen, deren Sendeton von Sennheiser Mikrofon-Klassikern stammt – Sennheiser war über seine lange Firmengeschichte gleichzeitig hinter und vor den Bildschirmen verwurzelt. 2022 markiert den Wendepunkt, an dem sich das Unternehmen ganz auf professionelle User fokussiert, wie Daniel und Andreas Sennheiser im Gespräch in unserem Heft 9.2022 begründeten.

Daniel und Andreas Sennheiser
Die Brüder Daniel (l.) und Andreas Sennheiser führen das Unternehmen als Co-CEOs und in dritter Generation. (Foto: Sennheiser)

Zwei Co-CEOs für Sennheiser – gemeinsam leiten Andreas Sennheiser und sein Bruder Daniel das Unternehmen Sennheiser in dritter Generation. Eine wirkliche Ressortverteilung gebe es nicht, stellt Daniel Sennheiser fest – auch wenn das „ein bisschen ungewöhnlich“ sei: „Es ist genau unsere Stärke, dass wir hier mit ganz unterschiedlichen Blickwinkeln auf das gleiche Thema gucken können und so gemeinsam zu guten Entscheidungen kommen können.“ Eine der wichtigsten Weichenstellungen der letzten Jahre, wenn nicht ihrer gesamten Karriere: sich nach längerer Vorbereitung als Unternehmen komplett vom Consumer-Geschäft zu trennen und es an den Audiospezialisten Sonova zu verkaufen. Seit 50 Jahren ist es das erste Mal, dass Sennheiser sich wieder voll- ständig auf das Pro-Geschäft konzentriert.

Sennheiser teilt es in die drei Segmente Pro Audio, Business Communication und die Marke Neumann. „Wir sind überzeugt, dass wir in allen drei Bereichen aus eigener Kraft überdurchschnittlich wachsen können, weil wir uns in den letzten Monaten gut aufgestellt haben. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, was die Strukturen betrifft.“ Selbst das Jahr 2021 sei schon sehr erfolgreich gewesen und besser als geplant gelaufen.

Auf den ersten Blick ganz selbsterklärend ist dieser Schritt nicht, von außen betrachtet sind die Technologien für die Märkte ähnlich, und in der lange zurückliegenden Phase vor der Trendwende zu den Sennheiser-Evolution- Serien gab es eher gegenläufige Überlegungen – machte die Mikrofonherstellung hierzulande überhaupt noch Sinn?

Kompetenzprofil Pro-Audio stärken

Andreas Sennheiser beschreibt den Weg zu dieser Entscheidung mit neuem Fokus auf das professionelle Business: „Wir haben uns im Rahmen eines Strategieprozesses genauer angeschaut: Welches sind die unterschiedlichen Markt-Dynamiken und welche sind die Dinge, die man besonders gut können muss, um erfolgreich zu sein, in Consumer- und den drei Pro-Business-Units. Wir haben dann einfach festgestellt, dass natürlich die jahrzehntelange Synergie sehr stark zwischen Kopfhörer-Technologie und Profi-Technologie da war, dass sie sich in den letzten Jahren aber natürlicherweise immer stärker entflochten hat.“ Das habe sich auch organisatorisch so abgebildet, dass es zwei separate Entwicklungen und zwei separate Vertriebe gab. „Es hat sich dann auch gezeigt, dass einfach perspektivisch die beiden Bereiche immer stärker unterschiedlichen Kompetenzprofilen unterworfen sind und wir haben uns einfach gefragt: Wo kommt Sennheiser her, was macht Sennheiser stark? Und das ist dort, wo wir technologische Differenzierungen hinkriegen, dort, wo wir einfach in der Breite besser sind als der Wettbewerb.“

Daniel und Andreas Sennheiser
Daniel und Andreas Sennheiser bei unserem Gesprächsaustausch – wie derzeit üblich via Teams

Nachvollziehbar ist auch, dass im Consumer-Geschäft mittlerweile andere Dinge wichtiger seien: „Economies of Scale, auch die Marketingpower, die finanzielle Power dahinter.“ Man sei daher zur Erkenntnis gekommen, dass alle Segmente für sich die beste Zukunft vor sich hätten, wenn man eins dieser „Kinder“ ziehen lasse – und sowohl die begonnene Consumer-Integration in Sonova sowie das eigene erfolgreiche Geschäftsjahr 2021 werte man bereits als Bestätigung für diese Sicht.

Fokus auf den professionellen Markt

Für Sennheisers Geschäftspartner und insbesondere die betroffenen, eigenen Teams war die Umstellung natürlich erst eine Herausforderung. Die Entwicklung werde aber sowohl von der Belegschaft, den Kunden und den einzelnen Standorten als Vorteil erlebt und alle Vertriebe gingen diesen Weg mit. „Die Realität ist, dass wir stark einstellen, dass Sonova stark einstellt und dass unsere Umsätze wachsen“, betont Andreas Sennheiser. Sonova wird die Consumer-Produkte unter einer unbegrenzten Sennheiser-Lizenz weiterführen und ergänzt Sonovas bisherige Marken Phonak, Unitron, AudioNova und Advanced Bionics. „Für die Märkte war, glaube ich, das Wichtigste zu wissen, dass auch bei der Consumer-Seite immer noch die Kernmannschaft und die Kernkompetenz der letzten 40 Jahre Erfahrung mit an Bord ist.“ So soll sichergestellt bleiben, dass die Qualität der MarkeSennheiser in allen vier Bereichen – von denen einer nun nicht mehr unter eigener Leitung steht – gewährleistet bleibt.

Neumann und Sennheiser Pro Audio

Neben Business-Communications gibt es mit Neumann und Pro-Audio von Sennheiser zwei Units, die sich gelegentlich überschneiden – aber weiter individuell weiterentwickelt werden sollen, so Daniel Sennheiser: „Wir haben drei separate Teams für Business-Communications und für Pro-Audio und das Neumann-Team. Sie haben eigene Ressourcen und eigene GL. Wir gucken, was dort funktioniert, und es stehen eigene Strategien, eigene Portfolios dahinter. Wir werden in allen drei Bereichen signifikant – viel mehr, als in der Vergangenheit – investieren, damit wir eben die richtigen Produkte haben können. Damit wir die Kunden besser verstehen, und dass wir uns auch an die Ökosysteme andocken können, die dort existieren. Mein Bruder hat gerade über Teams und Zoom gesprochen, was im Business-Com-Bereich sehr wichtig ist. Aber wir sehen ja auch im Live-Umfeld immer mehr Systeme, die auf den Markt kommen, beziehungsweise Netzwerke, die dort spielen.“ Neumann habe zudem in der Pandemie davon profitiert, dass viele Künstler nur noch zu Hause beziehungsweise im Studio arbeiten konnten, und sich dann ein Neumann-Mikrofon gekauft haben. Diese jetzt entstehende Zukunft mit mehr hybriden Events wolle man ebenfalls mit Mikrofonen begleiten.

Neue Produkte und Zukunftsarbeit trotz Krisen

2022 steht für die Audiowelt natürlich auch weiter im Zeichen drastischer Ressourcen- und Lieferketten-Engpässe. Andreas Sennheiser bestätigt ebenfalls erheblichen Aufwand beispielsweise mit Re-Designs, um die weitere Fertigung von Produkten zu gewährleisten. „Wir versuchen aber natürlich, wann immer wir etwas anfassen müssen, nicht nur einfaches Re-Design, sondern dass wir vielleicht auch die Chance nutzen, es noch mal ein bisschen besser zu machen, über ein Firmware-Upgrade Funktionen mit reinzubringen. Wir haben im letzten Jahr mit Sicherheit in Summe – grob abgeschätzt – 25 bis 30 Prozent der Entwicklungsressourcen zu Spitzenzeiten auch mal für Re-Designs verwenden müssen. Aber natürlich dann eben immer schauend, dass wir auch noch mal eine Verbesserung reinbringen. Wir sind zum Glück nie in die Situation gekommen, dass wir tatsächlich nicht an der Zukunft arbeiten konnten – weder in der Produktion, noch in der Entwicklung. Wir haben neue Produkte entwickelt, wir haben neue Produkte auf die Straße gebracht und auch unsere Produktion war das gesamte letzte Jahr voll durchgängig ausgelastet. Auch wenn wir noch mehr hätten produzieren können, wenn wir mehr Teile gekriegt hätten.“

Er sieht einen Grund dafür in der Unternehmensfähigkeit, sehr gute Netzwerke zu halten, sowohl zu den Chipherstellern als auch zu wichtigen Kunden. „Aber auch durch gleichzeitig die Fähigkeit, intern einfach viele Dinge zu machen, die andere schon lange ausgesourct haben. So haben wir einfach auch einen besseren Stand gehabt in so einer Situation, wo man vielleicht mittags etwas anderes entscheiden musste als man morgens noch gedacht hat. Das hat uns in dieser extrem kurzzyklischen Zeit auch die Möglichkeit gegeben, doch noch die Kunden zumindest mit dem, was sie gebraucht haben, zufriedenzustellen. Daniel Sennheiser lenkt den Blick dazu noch einmal auf die eigene Belegschaft: „Vor allem auch, weil wir so wahnsinnig engagierte Menschen haben, die für uns arbeiten. Es ist unglaublich, wie flexibel und engagiert sich alle unsere Mitarbeiter in den letzten 24 Monaten gezeigt haben, wo wirklich auch viel Unsicherheit da war. Aber ich glaube, das hat uns alle sehr zusammengeschweißt als Team.“ [15247]

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