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DoP Christoph Iwanow dreht mit der RED Weapon

Größtmögliche Performance

Auf dem Filmsommer Sachsen stellte Ludwig Kameraverleih die RED Weapon Helium 8K vor. Günter Neuhaus, Leiter der Berliner Niederlassung und Digital Cinematography-Experte des Unternehmens, erzählte von seinen Erfahrungen mit der RED und seinen Erfahrungen damit im Verleih. DoP Christoph Iwanow hat die Kamera für das Projekt „A Flirt“ (AT) eingesetzt. In unserer Ausgabe 9/2017 finden Sie das gekürzte Interview, hier nun das Interview mit den Beteiligten in voller Länge.

Christoph Iwanow ist DoP und Steadicam-Operator. 2016 übernahm er bei dem ARD-Film „Prinz Himmelblau und Fee Lupine“ erstmals die Bildgestaltung bei einem Langfilm. Als zweiter Kameramann und Steadicam-Operator drehte er beispielsweise „Magical Mystery“ und „Schubert in Love“.
Christoph Iwanow ist DoP und Steadicam-Operator. 2016 übernahm er bei dem ARD-Film „Prinz Himmelblau und Fee Lupine“ erstmals die Bildgestaltung bei einem Langfilm. Als zweiter Kameramann und Steadicam-Operator drehte er beispielsweise „Magical Mystery“ und „Schubert in Love“. (Bild: Foto: Markus Rock)

Mit dem Fashion-Film „A Flirt“ wollen Regisseur Markus Rock und sein DoP Christoph Iwanow einen futuristischen Look erzeugen und zielen damit auf eine Auswertung auf Festivals und im Web ab. In den Hauptrollen sind das israelische Modell Amit Mach- tinger und John Schwenzer zu sehen. Yuri Salvater übernahm die erste Kameraassistenz, Benjamin Hirlinger das Licht als Oberbeleuchter. Neben Ludwig Kameraverleih unterstützte Maier Bros. das Projekt.

Was zeichnet die RED Weapon Helium 8K aus?
Christoph Iwanow:
Generell ist die Weapon Helium 8K ein guter Allrounder, zudem leicht und einfach zu bedienen. Das Spannendste neben den 8K ist, dass sie einen deutlich größeren Sensor als eine S35-Kamera hat. Das definiert die Bilder stärker und erhöht die Visualität. Also ähnlich wie bei dem Unterschied zwischen S16 und S35, auch wenn der natürlich kleiner ausfällt, da dies kein Full-Frame ist. Unabhängig von Budget und Genre ist das ein wesentlicher Vorteil des Helium-Sensors. Mit ihren 8K eignet sich die Kamera natürlich für Produktionen, die eine aufwendige Postproduktion vor sich haben und sehr viel mit Keys und Trackings oder im LowKey-Bereich arbeiten. Die hohe Auflösung erleichtert hier die Arbeit – besonders, wenn das Projekt in 4K abgeliefert werden soll, denn dann ist die nächste Alternative die Alexa 65.
Günter Neuhaus: Die Weapon ist die RED mit der größtmöglichen Performance. Sie bietet die niedrigste Kompressionsrate mit der maximalen Bildwiederholfrequenz. Alle anderen REDs der DSMC2-Plattform, wie die Epic-W oder die Raven, sind in diesen Punkten schwächer aufgestellt. Der Rechner in der Weapon ist der potenteste.

Warum habt ihr euch bei „A Flirt“ für die Weapon entschieden?
Christoph Iwanow: In erster Linie waren ihr Kontrastumfang, Kompression und die Auflösung entscheidend. Mit der Fußgängerüberführung am ICC, dem Internationalen Congress Centrum in Berlin, hatten wir zwar ein tolles und kontrastreiches Motiv – genau wie wir wollten –, doch wegen der Auflagen der Stadt konnten wir keinen Generator für einen großen Lichtaufbau in die Nähe des Motivs bringen. Die hohe Auflösung mit 8K war zudem ein Pluspunkt für mögliche Retuschen, die wir uns für die Postproduktion offenhalten wollten.

Was spielte noch eine Rolle?
Christoph Iwanow:
Die Wettervorhersage für den Dreh war sehr wechselhaft und letztendlich hatten wir auch kaltes, windiges Wetter mit permanenten Lichtwechseln. In dem Moment ist man für den Kontrastumfang einer Kamera sehr dankbar. Zudem wollten wir einen definierten, transparenten Look erreichen. Wir haben Hintergründe leicht überbelichtet und mussten gleichzeitig die Reflexionen der Metallverkleidung kontrollieren, um Aberrationen zu vermeiden. Deswegen wollte ich nicht mit
einer alten Objektiv-Serie drehen und bin mit Ludwig Kameraverleih auf die ARRI Master Anamorphoten gekommen. In der Farbkorrektur werden wir die Highlights und Hauttöne ein wenig zurücknehmen, die bei RED etwas kräftiger – aber im Grading unproblematisch – sind.

Seit wann hat Ludwig die RED Weapon im Einsatz?
Günter Neuhaus: Die Weapon Dragon haben wir seit November 2015 und die neue Sensor-Plattform Helium bekamen wir Ende November 2016. Insgesamt haben wir im Unternehmen je drei Weapon Dragons und Heliums und vier Maschinen Epic-W Helium, dazu noch drei Raven.

Wie laufen die Buchungen im Rental?
Günter Neuhaus: Die Buchungen sind noch relativ verhalten. Das liegt vor allem an Vorurteilen gegenüber der RED, denn tatsächlich gab es bei der RED One immer wieder Ausfälle. Das lag aber nicht an der Kamera selbst, sondern an der V-Mount-Speiseplatte, die RED damals verbaut hatte – damit haben sie sich keinen Gefallen getan. Diese Platte führte manchmal zu kurzfristigen Stromunterbrechungen. Wir haben sofort, als das Problem erkannt war, sämtliche Kameras mit qualitativ hochwertigen V-Mount-Platten ausgerüstet. Diesem alten Vorurteil arbeiten wir vehement entgegen. Deutschland ist – von der Farbe des Kameraherstellers her gesprochen – ja ein blaues Land. Hier ist das Stammland der Firma ARRI, und ARRI hat ein Standing in der Branche, das sich ganz klar in der Auswahl der Produktionsplattform auswirkt.

Warum setzt ihr euch für RED bei den Produktionen ein?
Günter Neuhaus: Grundsätzlich sind wir ein Dienstleistungsunternehmen und wir passen uns dem Markt an. Ludwig Kameraverleih hat aber keine filmanaloge Historie, insofern, dass wir nie SR2-, SR3- oder 35-mm-Kameras im Rental hatten. Also sind wir 2008 mit dem digitalen 35-mm-Sensor der RED One eingestiegen, daraus resultiert unser Engagement für RED. Zudem sieht das Unter- nehmen RED die Bedürfnisse der Rentalhäuser, sie bieten einen Trade-In für alte Kameras, wenn sie ein neues Produkt auf den Markt bringen – und durchaus einen lukrativen Trade-In. Wir gehen davon aus, dass wir Ende des Jahres zwei unserer Weapon mit dem VistaVision-Sensor ausstatten können. Dieser Sensor hat dann die Abmessungen 40,96 mal 21,6 Millimeter und einer daraus resultierenden Bilddiagonalen von 46,3 Millimeter. Die Panavision Millennium DXL hat denselben Sensor verbaut. Da wir seit 2016 Panavision Agent sind, kann diese Kamera auch bald bei uns gemietet werden.

Musste dich Günter bei „A Flirt“ von der RED überzeugen?
Christoph Iwanow: Nein, ich drehe immer mal mit RED, mal mit ARRI. Die RED Weapon war von Anfang an im Gespräch. Ich finde es spannend, neue Techniken auszuprobieren und zu sehen, was sich daraus entwickelt. Denn jedes Tool wirkt sich immer auch auf die fertige Arbeit aus.

Was hat die RED neben den 8K noch für Vorteile?
Günter Neuhaus: Erstaunlicherweise ist im Markt überhaupt noch nicht angekommen, dass sich mit der neuen DSMC2-Plattform von RED ein Direct-to-Edit-Workflow generieren lässt. Mit der DSMC2-Plattform habe ich im Prinzip drei Aufzeichnungsmodi, die sich auswählen lassen. Der erste ist RAW only, das zweite ist RAW und ProRes, respektive DNxHD, und der dritte wäre nur ProRes oder DNxHD. Im ProRes-Codec ist dann in 2K bis XQ-4444 und in 4K bis HQ4:2:2 möglich.

Welchen Modus hast du gewählt, Christoph?
Christoph Iwanow: Wir haben 8K und parallel in ProRes 422 2K aufgezeichnet. Das hat zwei Vorteile: Man kann einerseits mit dem Regisseur am Abend das ganze Material des Drehtages durchgehen, ohne dass man auf die Muster des DITs warten muss – allerdings sind die Muster dann nicht farbkorrigiert. Anderseits können Produktionen, die auf einen schnellen Workflow angewiesen sind und ohne DIT am Set arbeiten, mit den ProRes-Proxies am nächsten Tag direkt in den Offline-Schnitt gehen und ihren Workflow beschleunigen.

Wie lassen sich nach dem Offline-Schnitt die 8K-Files zuordnen?
Christoph Iwanow: Das ist recht einfach. Jeder Clip hat einen Ordner, in dem sich das Redraw und das Proxy, also beispielsweise das ProRes, befinden. Die Dateinamen sind bis auf die Endung identisch. Das lässt sich im Schnittprogramm relinken.

Aber die Proxies haben keine 8K?
Günter Neuhaus: Ja, damit habe ich nur 2K oder 4K in der Auflösung. Wenn ich beim 8K-Sensor und 4K- Aufzeichnung den Nyquist-Shannon Abtasttheorem zu Grunde lege, habe ich mehr oder weniger echte physikalische 4K. Durch den Bayer-Pattern-Sensor sind 4K ja keine echten 4K.

Also vor dem Helium-Sensor war noch kein echtes 4K möglich?
Günter Neuhaus: Jein. Da konnte ich zwar mit dem Dragon 6K-Sensor aufzeichnen und auf ein 4K runterrechnen. Damit war ich zwar schon besser als ein nur 4K, aber eben kein physikalisch echtes 4K. Das ist jetzt mit der 8K-WEAPON-Helium möglich.
Christoph Iwanow: Mit den anamorphotischen Optiken kommt man auf 5.184 Pixel Breite und 4.320 Pixel Höhe, also circa auf 5,1K.

Was zeichnet den Helium-Sensor sonst physikalisch aus?
Günter Neuhaus: Weil das eh von den Leuten kommt, die in erster Linie auf die reinen Zahlen achten: Die Größe der einzelnen Photozelle hat sich verringert. Beim Dragon war die Photozelle 5 mal 5 Mikrometer groß, jetzt beim Helium misst sie nur noch 3,6 Mikrometer. Ich habe zwar nun 8.192 × 4.320 Photozellen, aber da die Photozellen kleiner sind, komme ich auf eine geringere Diagonale gegenüber dem Dragon-Sensor.
Also haben die Helium-Kameras nicht den größeren Sensor, es ist nur der größere Sensor bezüglich der Auflösung. Wenn man sich von der physikalischen Seite her annähert, könnte man glauben, das würde eine schlechtere Lichtausbeute ergeben, weil ja weniger Licht in die einzelne Photozelle selber fällt und dementsprechend weniger Spannung abgegeben wird. Ich lade aber jeden Kameramann, jede Kamerafrau ein, Blendenreihen zu fahren und mal einen Belichtungstest zu machen, um den Sweet Spot der Kamera zu finden. RED hat vermutlich in das Preprocessing eine Noisereduction implementiert, um das Bild entsprechend zu entrauschen.
Aufgrund des kleineren Photozellenformats fällt das Rauschen feiner aus. Und feineres Rauschen ist wesentlich unauffälliger. Natürlich haben wir das bei uns im Haus getestet. Wir machen das mit jedem Kameratyp, wenn er vom Hersteller neu bei uns eintrifft.

Wer führt die Tests bei Ludwig durch?
Günter Neuhaus: Die Azubis können das immer gut, weil sie sich dann mit der neuen Technologie auseinandersetzen müssen – und man schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe, weil sie zudem lernen, wie sie mit einer neuen Kamera umzugehen haben. Sie bekommen klare Vorgaben für den Testablauf, das gedrehte Material wird dann von unseren Technikern analysiert.

Wo gebt Ihr das in die Post?
Günter Neuhaus:
Das entwickeln wir selber in unserer eigenen digitalen Schiene, die wir für unsere Qualitätssicherung betreiben. Wenn Produktionen Material generieren, das möglicherweise „fehlerhaft“ ist, müssen wir als Qualitätsrental selbst sagen können, ob das vielleicht eine Fehlbedienung ist – oder ein technisches Problem der Kamera.

Was nutzt ihr dafür?
Günter Neuhaus: Wir haben eine Vollversion von DaVinci Resolve und die entsprechenden RAW-Entwickler der verschiedenen Hersteller Canon, Sony, RED, ARRI. Somit können wir an digitalen Problemen alles analysieren und auch zu einem entsprechend belastbaren Statement kommen.

Welches Format würdet ihr empfehlen, wenn ich keine 8K brauche?
Christoph Iwanow: Wer kein REDRAW in 8K benötigt und trotzdem den vollen Sensor nutzen will, kann immer noch auf das ProRes HQ422 4K (bis 120 fps) oder ProRes XQ 4444 2K (bis 29,97 fps) setzen, das für mittlere Produktionen eine gute Alternative sein kann. Die ProRes werden ohne Windowing aus dem 8K herausgerechnet. Sprich: Sie haben eine wesentlich höhere Qualität als REDRAW 2K. Sie sind aber natürlich keine Raws, sondern ISO, Farbtemperatur, LUTs etc. sind wie bei den Proxies in das ProRes eingebrannt.
Günter Neuhaus: Leider haben die Kameras im 4K-Recording-Workflow kein 444. Aber, man muss die Kirche im Dorf lassen: Wenn man jetzt keine hochkomplexen CGIs, Greenscreen, Bluescreen oder Grading habe, komme ich mit einem 422-HighQ-Workflow für einen TV-Prime-Time 90-Minüter durchaus klar.

Was ist beim Drehen aufgefallen?
Christoph Iwanow: Bei „A Flirt“ habe ich zum ersten Mal anamorphotisch gedreht und hatte ein wenig Bedenken, dass wir Probleme mit dem Desqueezen des anamorphen Bildes auf den Monitoren am Set oder im Schnitt haben werden. Aber das stellte sich als absolut unbegründet heraus. Nachdem wir im Menu Ana 2x eingestellt hatten, haben wir zwar kurz gestutzt, da die Kamera anzeigte, dass sie jetzt 11K aufnehmen will, aber das war nur ein Anzeigefehler. Alle Displays, Proxies und das Raw im RedCine sind sofort desqueezed.

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