Für unsere Serie zur Kamera-Ausbildung in Deutschland sprachen wir mit Stephanie Hardt, Professorin für “Director of Photograpy Dokumentarfilm” und Anne Schultze-Lindemann, Absolventin der ifs, über die Ausbildung an der ifs Köln. Hier nun der zweite Teil des Interviews aus unserer Ausgabe 6.2017.
Stephanie Hardt: Das Besondere an der ifs ist ja auch, dass wir sehr wenige Studenten aufnehmen, zwischen acht und zehn pro Jahrgang, und das nur alle zwei Jahre. Dadurch haben wir eine sehr intensive Betreuung zwischen Professoren, Tutoren und Studenten, und es ergibt sich eine sehr familiäre Atmosphäre, durch die man auch auf jeden individuellen Studenten sehr konkret eingehen kann. Denn jeder Jahrgang ist anders zusammengestellt. Manche Jahrgänge haben unheimlich viel Vorwissen, bei manchen grätscht das hingegen so ein bisschen auseinander, wo zum Beispiel einige schon als Assistenten arbeiten und dann aber die anderen auf den neuesten Stand bringen können.
Anne Schultze-Lindemann: Bei uns war das sehr breit gefächert.
Stephanie Hardt: Dieses Jahr ist es sehr homogen, auch altershomogen. Wir haben noch nie so junge Studierende gehabt. Der oder die Jüngste ist 19, im Jahrgang davor war es 26. Aber dadurch, dass wir so klein sind, sind wir eben sehr flexibel, Und zur Professorenschaft sind es sehr kurze Wege. Jetzt kommen immer wieder neue Fachbereiche dazu, was sehr spannend ist. Wir haben jetzt Szenenbildner, Kostümbildner, einen Visual-Effects-Studiengang, ein Studio, ein Kino. So können die Studierenden sich im kontrollierten Studio-Setting noch ganz anders mit der Kamera austoben. Das ist ein Mehrwert, der sich seit dem Umzug in dieses Gebäude ergeben hat. Und dadurch, dass man dreieinhalb Jahre intensiv mit maximal bis zehn Studierenden verbringt, formen die auch mit ihrem Vorwissen und Neigungen den Lehrplan. Gewisse Inhalte sind zwar vorgegeben, aber man kann dann immer noch individuell darauf eingehen, und das empfinde ich etwas Besonderes. Es ist auch ein Austausch. Ich lerne durch die Lehre!
Anne Schultze-Lindemann: Der Vorteil an der ifs ist wirklich, dass alles hier sehr übersichtlich ist. Man hat einen sehr nahen und direkten Kontakt zu den Lehrenden, sowohl zu den Professoren, die uns die ganze Zeit betreuen, als auch zu den Tutoren, die für kürzere Zeit hierher kommen. Man geht ganz einfach nicht in einer Masse von vielen Studenten unter, sondern man hat hier beinahe eine Eins-zu-eins-Betreuung über die dreieinhalb Jahre des Studiums hinweg. Man lernt sich sehr gut kennen, man hat einen sehr intensiven Austausch. Von daher kann ich mir tatsächlich vorstellen, dass auch die Lehrenden viel von uns mitnehmen, von unseren Eigenarten, unseren Sichtweisen und Blickwinkeln, wie wir die Welt sehen, wahrnehmen und interpretieren. Es war eine sehr abwechslungsreiche Zeit. Wir haben ja nicht nur mit den Professoren zu tun, sondern es kommen auch für einzelne Seminare externe Kameraleute aus der Branche hierher zu uns. Man ist sehr nah beieinander, beinahe familiär.
Stephanie Hardt: Im besten Fall entstehen durch die Tutoren schon während des Studiums wichtige Kontakte mit der Branche. Daniela, mit der du jetzt arbeitest, hat ja deinen Abschluss-Film betreut.
Anne Schultze-Lindemann: Ja, diese Verbindung ist tatsächlich durch die Betreuung im Studium zustande gekommen.
Stephanie Hardt: Dieses System ist ja hier an dieser Schule noch recht neu. Ich habe aber jetzt schon einige Absolventen gehabt, die mit ihren betreuenden Tutoren, die als freie Kameraleute arbeiten, nach dem Abschlussfilm ihre Zusammenarbeit weiter ausgebaut haben und dann im Anschluss auch dadurch Jobs gefunden haben. Ich wünsche mir sehr, dass das in Zukunft auch so weiterläuft.
Anne Schultze-Lindemann: Was ich als besonders empfinde: obwohl die Schule so klein ist, ist sie wahnsinnig gut ausgestattet. Es gibt wie du schon sagtest ein Studio, Kino, eine Grading Suite. Ich habe auf dem Weg hierher noch einmal den Artikel im Film & TV Kameramann über die Hamburg Media School gelesen, die ja eine ganz andere Philosophie hat. Die haben so etwas ja bewusst nicht und greifen auf das professionelle Umfeld in Hamburg zurück. Hier ist das alles aber schulintern, und das fand ich während meines Studiums richtig gut. Dadurch, dass wir die Grading-Suite hier an der Schule haben, mussten wir unser Material selbst graden, und wir haben dadurch eben auch gelernt, was es tatsächlich heißt zu graden: was man machen kann, was man erwarten kann und wo die Grenzen sind.
Viele Kamera-Studiengänge in Deutschland sind männlich dominiert, was die Studierenden angeht. Wie sieht das an der ifs aus? Stephanie Hardt: Ich finde, die Kamera-Arbeit ist ein weniger und weniger männlich dominiertes Feld. Das hat sich in der Zeit, die ich im Beruf bin, schon unheimlich gebessert. Das sieht man auch daran, dass wir in jedem Jahrgang mittlerweile drei oder vier Studentinnen aufnehmen. Das finde ich schon bezeichnend.
Das ist ungefähr die Hälfte der Studierenden? Stephanie Hardt: Ja, fast die Hälfte…
Anne Schultze-Lindemann: … also wir waren zwei, und in ersten Semester waren zwei Mädels, und nach uns waren es auch zwei.
Stephanie Hardt: Im neuen Jahrgang haben wir drei oder vier. Auf jeden Fall wächst es. Wir haben zunehmend mehr Bewerberinnen, und in der Folge auch mehr Kamera Studentinnen. Es ist allerdings nicht die einzige Lösung, dass man gut ausgebildete Kamera-Studentinnen in die Industrie entlässt, sondern es geht dann in der Folge auch um die Sichtbarkeit dieser Talente. Deswegen habe ich mich mit Birgit Gudjonsdottir und Daniela Knapp zusammengetan, und wir haben eine Art Netzwerk ins Leben gerufen, „cinematographersxx.de“, das wie ein Schaufenster funktioniert soll, als Sichtbarkeitstool, damit man uns auch findet! Es gibt ja schon viele Frauen der Filmbranche, aber bisher war das wirklich eher ein Sichtbarkeitsproblem. Ich kenne sehr viele Kamerafrauen, aber ich suche sie natürlich auch, weil sie meine Vorbilder sind und verfolge so ihren Lebensweg. Und bin dadurch natürlich auch im Bilde, dass es nicht nur eine einzige Kamerafrau unter den ganzen Kameramännern gibt. Aber die allgemeine Wahrnehmung ist doch noch mal eine andere. Ich komme immer wieder an den Punkt, dass es etwas besonderes ist, eine ausgebildete Kamerafrau zu sein. Ich habe das bei meinem Werdegang aber nie als Hindernis empfunden, obwohl man mir das immer wieder so gespiegelt hat. „Da musst du ja noch in die Muckibude gehen.“ „Da kannst du das mit der Familie knicken …“ Aber für mich war es selbstverständlich, dass ich das auch kann. Für mich gab es da keinen Unterschied. Ich glaube auch, es ist die beste Herangehensweise, sich nicht einschüchtern zu lassen und es als einfach selbstverständlich anzusehen, dass man diesen Beruf ausüben kann wie jeden anderen auch, und ich fühle mich dadurch in dieser Auffassung bestätigt, dass immer mehr Frauen in diesen Positionen sichtbar werden.