Beim Podcast „Hinter der Kamera“ ist dieses Mal Felix Korfmann zu Gast. Der Kameramann drehte in den vergangenen 20 Jahren über 90 Dokumentationen und Reportagen in rund 40 Ländern. Im Gespräch geht es um mehrere Werke aus den letzten 20 Jahren, außerdem erzählt Korfmann von seiner Ausbildung, was er bei seiner ersten Doku „Zerrissener Iran“ lernte und was er jedes Mal macht, wenn er nach Hause kommt.
Warmes Kunstlicht wirft lange Schatten auf den Beton der Rollschuhbahn. Das charakteristische Geräusch von sich drehenden Radlagern auf ebenen Flächen mischt sich mit dem Sound eines Technopopbeats. Die rollschuhfahrenden Mädchen halten sich an den Händen, fahren Figuren, lachen ausgelassen – und sie tragen Kopftücher. Der Umschnitt macht klar:. Das hier ist keine Metropole an der Westküste der USA. Das haushohe Wandgemälde an einem Wohnge- bäude deklamiert weithin sichtbar „Down with the USA“. Wir befinden uns in der iranischen Hauptstadt Teheran, im Jahr 2002. Diese Bilder hat DoP Felix Korfmann eingefangen
Schnell an die Kamera
Bei den Dreharbeiten für „Zerrissener Iran – Jugendliche Lebenswelten in der islamischen Republik“ steckt Korfmann noch mitten in seiner Ausbildung zum Mediengestalter Bild und Ton. Es hätte deutlich einfachere Projekte gegeben, die er hätte „nebenher“ machen können. Aber Korfmann ging es noch nie um „einfach“ oder „nebenher“. Schon als Jugendlicher fotografierte und reiste er gerne. Am liebsten tat er dies in Kombination. Dass dies in seinem Beruf irgendwann zum Leitmotiv werden könnte, wagt er damals noch nicht zu träumen. Denn nach der Schule beginnt er zunächst ein Studium der Wirtschaftswissenschaften. „Was mir überhaupt nicht lag“, so Korfmann. „Dann habe ich etwas anderes gesucht.“ Ein Freund von ihm hatte gerade eine Mediengestalter-Ausbildung begonnen. Irgendwas mit Medien, das konnte sich Korfmann auch vorstellen. Also schnappte er sich ein Branchenbuch, suchte sich Produktionsfirmen heraus und verschickte Initiativbewerbungen. Zunächst erhielt er zahlreiche Ablehnungsschreiben. Damals war es sehr schwer, in Berlin einen Ausbildungsplatz zum Mediengestalter zu ergattern. Schließlich lud ihn ein Unternehmen für ein Praktikum ein und bot ihm noch im Gespräch einen Ausbildungsplatz an. Die Firma produzierte ein Kulturprogramm für den Lokalsender Fernsehen aus Berlin (FAB) und hatte nur ein kleines Team. Das war für Korfmann ein Riesenvorteil, denn es hieß, er wurde sehr früh verantwortlich bei Kamera und Schnitt eingesetzt.
Doch der Lernprozess war dort begrenzt. „Ich habe schon nach wenigen Monaten gemerkt, dass ich da nicht wirklich weiter komme“, sagt Korfmann. Auf den Kulturveranstaltungen, bei denen er eingesetzt wurde, bekam er mit, auf welchem Niveau die Teams der öffentlich-rechtlichen Sender arbeiteten. Also hörte er sich in der Berufsschule bei seinen Mit-Azubis um und bewarb sich noch innerhalb seines ersten Jahres bei einer anderen Firma, in deren Schrank sechs EB-Einheiten standen, die Avid-Schnittplätze hatten und für mehrere Korrespondenten im Einsatz waren. Dieses Unternehmen ging insolvent und in CinePlus über, wo Korfmann schließlich 2003 seine Ausbildung beendete. „Da hatte ich schon ziemlich viele Möglichkeiten, mich auszuprobieren“, sagt DoP Korfmann über die Zeit bei Cine-Plus. In deren Studios wurde damals die Talkshow „Koschwitz“ produziert, die viele Chancen zum Sammeln von Erfahrung bot. „Da konnte man Einleuchten helfen, Kamerafahrten beobachten, wie die entwickelt und ausgeführt wurden im Livebetrieb.“
Erster Film im Iran
Später in der Ausbildung durfte Korfmann auch mal einen ausgefallen Studiokameramann ersetzen und den Stress einer Livesituation kennen lernen. Darüber hinaus lernte er den EB-Alltag in der Tiefe kennen, machte viel politische Berichterstattung in der Hauptstadt. „Was erst mal spannend ist, aber dann auch visuell nicht so interessant für mich war“, so der DoP. „Aber diesen Druck, schnell Bilder zu generieren und quasi auf Knopfdruck zu funktionieren, hat man da gelernt.“
Schon in der Ausbildung tat er sich mit Regisseur Jakob Preuss zusammen, um einen Film zu drehen. Das machen nicht wenig Mediengestalter während der Ausbildung. Oft ist es jedoch die hundertste Tarantino-Parodie, die hierbei das Licht der Welt erblickt. Preuss und Korfmann stand der Sinn nach einer Dokumentation. Beide kennen sich aus Schulzeiten. Preuss war um die Jahrtausendwende Praktikant im Auswärtigen Amt gewesen. Wie auch Korfmann wollte er reisen und die Welt kennenlernen.
Der Iran gehört immer noch zu den Orten auf dieser Welt, von denen wir nur sehr einseitig etwas in den Medien erfahren. Was wir hören, sind oft die negativen Dinge, zum Beispiel ganz aktuell die Unterdrückung der Frauen durch das religiöse Unrechtsregime. „Man hatte halt diese Nachrichtenbilder, die Bilder der Mullahs, das waren so die gängigen Bilder des Irans, irgendwelche brennenden Amerikafahnen, die auf Demonstrationen verbrannt wurden“, so Korfmann. „Wir haben aber auch von einem anderen Bild des Irans gehört, von einer Jugend, die ähnlich wie wir zu leben schien und sich ihre Freiräume in diesem Regime suchte.“ Korfmann und auch Preuss hatten Iran-Exilanten im Freundeskreis in Berlin. Sie suchten noch mehr Kontakt in die iranische Community und lernten so Leute kennen, die nach Teheran fuhren und dort Verwandte besuchten. [15352]