Juliane Lorenz: »Ich war mir der Verantwortung nicht bewusst«
von Redaktion,
Juliane Lorenz hat den Geißendörfer-Ehrenpreis beim Filmplus 2013 erhalten. Sechs Jahre dauerte ihre Arbeits- und Lebensbeziehung mit Rainer Werner Fassbinder. Auch wenn sie mit Werner Schroeter den Deutschen Filmpreis gewinnen konnte, blieb sie Fassbinder doch bis heute am stärksten verbunden – als Leiterin der Fassbinder Foundation.
Als eine der ersten Editorinnen in Deutschland etablierte sie für ihre Arbeit den Begriff »Montage« und half so, das schöpferische und gestalterische Moment des Filmschnitts im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Uns erzählte sie unter anderem von Ihren Anfängen im Fassbinder-Universum, als sie gerade einmal Anfang Zwanzig war – und ihre Arbeit ohne Ballast anging:
Ich war komplett angstfrei, ich war mir der Verantwortung überhaupt nicht bewusst. Fassbinder hat einfach gefallen, dass ich mich traute. Und es ging stets Film auf Film weiter. Zwischendurch etwa habe ich noch Christian Hohoffs SPIEL DER VERLIERER montiert, den Rainer produzierte. Und als die erste Fassung drei Stunden lang war, sagte er: „Schätzchen, das geht nicht, dass du einfach machst, was der Regisseur sagt. Du musst ihm helfen! Der Junge hat ein tolles Drehbuch geschrieben und Du bist die Editorin. Du musst ihm helfen, wieder dieses Drehbuch zu finden.“ Es war die Zeit, als ich zum ersten Mal in Kontakt kam mit dem Gedanken, vielleicht Verantwortung haben zu können. Denn während dessen drehte Rainer schon DIE EHE DER MARIA BRAUN, ein was die Produktionsumstände betrifft schlimmer Dreh für ihn. Für mich brach dadurch plötzlich eine ganz andere Art von Ernsthaftigkeit in das Filmemachen ein, das ich bisher so idealisierte. Er, das große Genie, war zwischenzeitlich geradezu hilflos, das alles hat ihn überwältigt, und er bat mich plötzlich, ihn stets zu begleiten. Und ich merkte dabei auch, dass er offensichtlich funktionierende Grundstrukturen brauchte, um überhaupt in der ihm eigenen Konzentration und dem üblichen Tempo arbeiten zu können.