Kino.to ist tot, die Streamer verlieren keine Zeit
von Christoph Gröner,
Der Kampf um Inhalte und Urheberrechte im Internet wird in Deutschland mit bislang ungekannter Härte geführt. Kreative in der Filmbranche können die Entwicklungen der letzten Wochen kaum kalt lassen.
Auf der einen Seite stehen die Rechteinhaber, die über ihre Inhalte auch im Internet bestimmen wollen. Betreiber von sogenannten Streaming-Seiten führen dagegen ihren als uneigennützig dargestellten Kampf für eine Kostenlos-Kultur. Wie seit wenigen Wochen klar belegt ist, haben sie dabei nicht nur gesellschaftskritische Motive.
Zumindest die Betreiber von kino.to haben beträchtliches Geld unter anderem damit verdient, ihren Nutzern Bandbreite zur Ansicht illegal eingestellter Filme anzubieten.
Ausgangspunkt der jüngsten Entwicklungen waren Razzien der Polizei, die die Seite kino.to nach monatelangen Ermittlungen am 7. Juni lahmlegte. Allein in Deutschland waren 250 Polizisten dafür im Einsatz. Unter Federführung der Staatsanwaltschaft Dresden wurden zunächst 13 Personen verhaftet. Später wurden Konten eingefroren, auf denen Millionen-Gewinne vermutet wurden. Der mutmaßliche Kopf der Bande, ein Mann aus Leipzig, soll nach ersten Ermittlungen mindestens 2,5 Millionen Euro mit seinem illegalen Gewerbe angehäuft haben, drei Autos wurden beschlagnahmt. »Der war kein Robin Hood«, urteilte ein Fahnder. Die Ermittlungen gegen die Hintermänner der Seite, die bis zur ihrer Schließung laut Google zu den 70 beliebtesten Seiten in Deutschland zählte, werden andauern. Die GVU, Lobby-Gruppe der Medienindustrie zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, feierte einen Erfolg, den sie durch die Übergabe von Informationen an die Staatsanwälte mit initiiert hatte; nicht nur Constantin-Film-Chef Martin Moszkowicz sprach von einem »wichtigen Meilenstein«.
Zwei neue Portale in kürzester Zeit online gegangen
Die Freude wehrte allerdings nur kurz: Zum einen machte sich die Netzgemeinde lustig über die Tatsache, dass nun Millionen Nutzer mit einer Suche nach einem neuen Portal belastet würden, »im Schnitt zwei Minuten lang«. Tatsächlich sind der GVU derzeit mehr als 40 illegale Portale in Deutschland geläufig, die ähnlich wie kino.to funktionieren.
Zudem formierten sich nur kurz nach der medienwirksamen Schließung die verbliebenen Internet-Betrüger offenbar neu. Am 20. Juni ging video2k.tv an den Start, die Betreiber brüsteten sich diesmal sogar mit der »Unabschaltbarkeit« ihres Angebots. Ob tatsächlich die gleichen Leute hinter der illegalen Streaming-Seite stehen, blieb zunächst unklar. Schließlich bekämpfen sich die Filmdiebe auch untereinander mit E-Mail-Angriffen und Eigen-PR, um sich Nutzer zu sichern. Besonders deutlich ist das vor wenigen Tagen Mitte Juli geworden, als unter dem Namen kinox.to ein weiteres Portal auftauchte, auf dem schwarz kopierte Filme angeboten werden. »Eure Lieblings-Online-Stream-Webseite ist zurück als Kinox.to«, heißt es vollmundig auf der Seite, die ähnlich wie der geschlossene Namensvetter aufgebaut ist.
Egal wer die Hintermänner und -frauen der verschiedenen Seiten sind, eines ist in jedem Fall sicher: Der Kampf um die Nutzer in dem rechtlichen Graubereich hält an. Davon werden die Streaming-Anbieter auch kaum lassen, so lang sich damit Millionenbeträge verdienen lassen und die Verfolgung der Täter – wie bei kino.to – erst nach Jahren zu substanziellen Erfolgen führt.