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Welche technischen Anforderungen stellen die Streaming-Dienste bei Auftragsproduktionen?

Klare Vorgaben

Marko Massinger ist Development & Technology Executive für das Streaming-Angebot eines internationalen Medienkonzerns und ASC Associate Member. Er hat uns im Heft 12.2022 die aktuellen technischen Anforderungen an Produktionen für Streamer erläutert.

Marko Massinger bei einer Panel-Diskussion
Foto: Lars Hübner

Als Development & Technology Executive entwickelt und produziert Massinger sogenannte „Scripted Original Series“. Er unterstützt Produzenten technisch und kreativ bei fiktionalen und non-fiktionalen Auftrags- und Koproduktionen, angefangen bei den technischen Anforderungen, über die Konzeption und Planung bis hin zur Delivery. Seinen beruflichen Hintergrund hat er sowohl in Contentproduktion und Storytelling als auch im Imaging Bereich.

Massinger war Mitglied des Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes und tritt als Speaker und Dozent auf. Gerade präsentiert er mit seinem Kollegen Ed Lachman (ASC) die gemeinsame Entwicklung einer monochromen Variante der ALEXA Mini LF, zusammen mit ARRI Rental und dem EL ZONE SYSTEM – eine Alternative zu False Color. Als Regisseur und Creative Director hat er im Virtual- und Augmented-Production-Bereich gearbeitet. Als Virtual Production Director betreute er den Spielfilm „3 1⁄2 Stunden“ für die ARD Degeto und den Netflix-Historienthriller „München – Im Angesicht des Krieges“. Daneben arbeitet er am Computational Imaging in mobilen Endgeräten, etwa Dual-, Triple, Quad-Kamerasystemen in Smartphones, Projekten im Bereich Automotive und mit klassischen Kamera- und Objektivherstellern.

Wie unterscheiden sich aus Ihrer Perspektive zunächst mal ganz generell gesprochen die technischen Anforderungen an Bild, Ton und Postproduktion bei Streamern, linearem TV und in der Filmindustrie?

Durch die unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Aus- gangsbedingungen der drei Bereiche ergeben sich hier eine technische und eine inhaltliche Komponente.Die Streaming-Anbieter müssen im Unterschied zu den vorwiegend gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern und den werbefinanzierten privaten Sendern ihre Produkte, also Abos, an Endkund:innen, neudeutsch Subscriber:innen verkaufen. In diesem B2C-Szenario und durch den starken Wettbewerb sind die Streamer bemüht, ihren Kunden kreativ, gestalterisch und technisch möglichst hochwertige Produkte und Inhalte anzubieten. Deshalb versuchen sie, ihren Content in 4K, UHD, WCG, HDR, in Dolby Vision oder HDR10+ herzustellen und zu distribuieren, möglichst mit mehrkanaligem Ton, etwa 5.1 oder Dolby Atmos.

Netflix und andere Auftraggeber haben ja irgendwann beschlossen, dass die meistgenutzte digitale Cine-Kamera für fiktionale Inhalte, die ARRI ALEXA Classic, nicht mehr ihren Anforderungen an die Auflösung entspräche. Erstmals wurde damals UHD in der Akquise mandatiert. Das zwang dann sogar Marktführer ARRI dazu, mit der LF, der Mini LF und der ALEXA 35 darauf zu reagieren.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kommuniziert dagegen bis heute, dass es sich nicht lohnt, technische Produktions-Setups jenseits von 1.080p SDR in der Breite aufzustellen, da viele Zuschauer noch nicht entsprechend ausgestattet seien. Dennoch gibt es auch dort inzwischen Ausnahmeprojekte, die sich aus technischer Sicht nicht hinter dem Content der Anbieter von Subscription-Video-on-Demand, kurz SVOD, verstecken müssen.

Testaufbau mit UHD-Kamera
Bei den Streamingdiensten ist UHD Mindeststandard. (Foto: Marko Massinger)

Aber läuft der Trend zu immer höher auflösenden Kameras nicht auch unabhängig von den Anforderungen der Streamer?
Es gibt definitiv einen konkreten Zusammenhang zwischen der Entwicklung von 4K-Workflows – nicht nur bei der Kamera, sondern auch in der Postpro – und den Anforderungen diverser Streamer, allen voran Netflix als First Mover. Wir sind im Moment allerdings nicht in einer Auflösungs-Hysterie. Es hat sich gezeigt, dass 8K als Ausspiel- beziehungsweise Distributionsformat kaum Benefits für die Consumer bietet. Durch die Auflösung des Auges und dessen maximales aktives Sichtfeld gibt es eine menschlich-biologisch-physikalische Limitierung im Verhältnis des Betrachtungsabstands zur Pixeldichte. Das bedingt, dass in den typischen Rezeptionsszenarien von Bewegtbildcontent die 33 Megapixel von 8K 16:9 gegenüber 4K UHD keinen nennenswerten Vorteil bringen. Als Ausnahme im Bereich der Wiedergabe könnte man in der mittelfristigen Zukunft zum Beispiel an den Einsatz in VR- oder AR-Brillen denken. Beim Dreh wiederum macht eine höhere Auflösung häufig Sinn, angefangen bei der Überkompensation der Bayer-Matrix bis hin zu praktischen Anwendungen in der Postproduktion beziehungsweise bei VFX.

4K wird uns auf dem Ausspielweg also noch lange erhalten bleiben. Sowohl die Farbauflösung in der Produktion – Stichwort: Wide Color Gamut – als auch auf den Endgeräten, vor allem OLED wird immer mehr zum Thema. Ebenso wird sich HDR noch weiter in den Mainstream des Medienkonsums hineinbewegen. Wenn nahezu jedes Mobiltelefon der Mittelklasse mit einem HDR-fähigen Bildschirm ausgestattet ist, wird auch Unscripted Content, also Dokus, Reality Shows und Ähnliches, immer mehr in HDR produziert und distribuiert werden.

Sind diese technischen Spezifikationen bei allen Streamern ähnlich? Kann man sich als Producer auf solche Standards einstellen?
Es gibt tatsächlich sehr klare Vorgaben der Streamer, aber auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wie, auf welcher Technik und in welcher Form gedreht werden darf. Gleichzeitig gibt es aber auch sehr viel Ermessensspielraum. Je komplexer das Vorhaben, desto wichtiger wird das Technik-Departement der Auftraggeber. Als Produzent sollte man diese Kollegen, aufgrund ihrer großen Erfahrung mit verschiedensten Produktionen und ihrer Kenntnis vieler Best Practices und alternativer Möglichkeiten, als wertvolle Berater und Begleiter betrachten. Es geht ihnen nicht zuvorderst um Reglementierung, sondern um die Unterstützung der Kreativen und der Kamera-, Ton- und VFX-Kollegen in den jeweiligen internen und externen Produktionen. [15275]


Wenn Sie mehr über die technischen Anforderungen der Streamingdienste lesen möchten: Das komplette Interview mit Marko Massinger finden Sie hier!


 

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