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Deutsche Filmmaking-YouTuber beim Roundtable-Gespräch

Mehr Persönlichkeit, weniger Technik

YouTube ist die erfolgreichste Bewegtbildplattform im Web, mit Formaten aus allen Bereichen des Lebens. Auch die deutschsprachige Filmmaking-Community ist dort vertreten. Timo Landsiedel lud drei der reichweitenstärksten YouTuber in seinen Hinter-der-Kamera-Podcast ein und fragte sie, wie sich ihre Formate entwickelten, was die Monetarisierung für eine Rolle spielt und welches Potenzial sie für die Community sehen.

Screenshot des Online-Roundtable-Talks
Foto: Timo Landsiedel

Wenn früher im trauten Heim der Abfluss verstopft war, führte der kürzeste Weg zu fachlichem Rat in den Baumarkt. Heute wird bequem vom Smartphone aus Google geöffnet. Nicht selten sind hier die ersten angezeigten Einträge YouTube-Videos. Das gilt für Tutorials über den korrekten Austausch eines Waschbeckensiphons genauso wie für Anleitungen zum Erstellen eines Kinolooks im Colorgrading. Denn natürlich entdeckte auch die Filmmaking-Community schnell das Potenzial der Bewegtbildplattform.

International gibt es eine derartige Fülle an YouTubern und Influencern, dass man schnell den Überblick verliert. Auch sind leider viele von ihnen „Ambassadors“ irgendwelcher Marken, die sie dennoch ohne mit der Wimper zu zucken „rezensieren“ und dabei – oh Wunder – ganz begeistert sind. Diese Player haben wie etwa Peter McKinnon teilweise Millionen Follower und haben deshalb ihre Inhalte über das Filmmaking hinaus auch deutlich dem Content-Mainstream angepasst.

Lücke füllen

Auch hierzulande haben sich Formate etabliert, die Tipps, Tricks und Tests zum Thema Video, Schnitt und Filmausrüstung in den Mittelpunkt stellen. Die Formate unterscheiden sich inhaltlich teilweise deutlich. Das liegt in den­ Anfängen und Richtungen begründet, aus denen sich die Macher den Kanälen genähert haben.

Als Andreas Abb vor etwa zehn Jahren begann, sich auch für das Filmmaking-Feld auf YouTube zu interessieren, begann es seiner Wahrnehmung nach zum ersten Mal damit, dass sich YouTuber eine Identität aufbauten. Er nennt hier frühe deutsche YouTuber wie den Lifestyle-Influencer Sami Slimani oder den Gamer Gronkh: „Die Leute, die zum ersten Mal angefangen haben, eine Präsenz aufzubauen, die mehr war als: ,Ich platzier‘ mal ein paar Videos.‘“ Abb spricht in dem Zusammenhang von Markenaufbau, den ja viele der deutschen YouTuber der ersten Stunde mittlerweile auch in die echte Welt tragen konnten und zum Beispiel Modelabels gegründet haben.

Andreas Abb
Der Frankfurter Filmemacher und Videoproduzent Andreas Abb (Foto: Andreas Abb)

Andreas Abb: Komischerweise – obwohl ich damals für verschiedene Onlinemagazine tätig war und wir auch ­ Videos gemacht haben – kam so dieser Gedanke, selbst auf YouTube etwas zum Aufbau zu platzieren, damals noch nicht. Das kam bei mir erst sehr viel später. Auch ein bisschen durch Martin tatsächlich, weil ich selbst Camera Cave halt immer gerne geschaut hatte und irgendwann so dachte: „Das kann ich doch auch.“

Marius Milinski: (lacht)

Martin Flindt: Sehr lustig zu hören auf jeden Fall. Bei mir ist es so: Ich habe diese erste Generation deutscher YouTuber völlig übersprungen. Ich habe die damals nicht geguckt, kenne die natürlich heute alle, Gronkh und wie sie heißen. Bei mir ging es dann erst so richtig aktiv los mit diesen ganzen filmthematischen Sachen, Philipp Bloom aus UK, Andyax aus Norwegen. Dann habe ich Mike Suminski entdeckt und bei Mike dachte ich so: Aha, das macht jemand auf deutsch? Okay, vielleicht kann man da wirklich auch in Deutschland etwas starten und reißen. Ich hatte dann ein Wartesemester an der Uni, hatte nicht viel zu tun, keine Vorlesungen, und dachte, ich starte jetzt einfach mal, bevor ich mich in der WG langweile. Und dann habe ich einfach die Kamera angeschmissen. Und dann ging es auch schon los. Das ist aber auch schon acht Jahre her.

Der Kölner DoP und Vlog- ger Marius Milinski am Set
Der Kölner DoP und Vlogger Marius Milinski am Set (Foto:Marius Milinski)

Marius Milinski: Das ist witzig. Ich hatte tatsächlich auch Philipp Bloom als Riesenvorbild, hatte auch ähnlich wie er einen Blog in Schriftform. Und mich hat total gestört in der frühen Zeit, was du auch gerade beschreibst, dass es keine deutschen Kanäle gab. Und ich dachte, die ganzen Fragen, die ich als angehender Filmemacher so hatte, die wusste ich im Englischen gar nicht zu platzieren. Auch bei Größen, die noch ein viel größeres Einzugsgebiet haben. Und ich dachte mir: „Hey, ich wäre gerne so eine Ansprechperson für Leute, die Fragen haben.“

Strategie und Community

2015 startete Flindt den YouTubekanal Camera Cave und ist damit der am längsten aktive von den drei YouTubern. Der Aufbau der Kanäle folgte bei allen Dreien zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlicher Intensität. Alle drei berichten im Podcastgespräch davon, dass zu Anfang der Communityaufbau noch leichter war. Man kannte jeden Kommentierenden mit Namen und beantwortete fast alle Kommentare noch selbst. Dann gab es bei allen einen Punkt, ab dem der Aufwand überhand zu nehmen drohte. Wenn keine Videos mehr kommen, weil der Austausch den Arbeitstag dominiert, müssen Prioritäten gesetzt werden. Zudem sind die Fragen teilweise auch sehr grundlegend gewesen und waren bei Google besser aufgehoben. „Aber das habe ich anfangs sehr genossen“, so Martin Flindt: „Besseres Feedback gibt es ja nicht, wenn Leute direkt kommentieren.“ Über das aktive In-Kontakt-Treten mit den Followern hinaus habe es aber bei keinem eine echte Strategie hinter den Videos gegeben, die lange geplant oder gar durchgezogen wurde. Das lief eher über Zufallstreffer seitens der Zuschauenden und die klugen Reaktionen darauf.

Andreas Abb: Das waren sogar mehrere solche Punkte, die ich lustigerweise sehr genau benennen kann. Einer war – und das vermutlich das erste Mal, dass ich bei einem Video ein bisschen strategisch vorgegangen bin – relativ am Anfang, da hatte der Kanal vielleicht so 100 Abonnenten roundabout gehabt. Die DJI Mini oder Mini 2, das weiß ich nicht mehr genau, kam raus. Ich hatte mich damals ein bisschen mit den Analytics beschäftigt und festgestellt, dass das Suchvolumen nach der DJI Mini hochgegangen war auf YouTube. Also dachte ich mir: Machst doch mal ein Drohnenvideo, haust die ganzen Tags rein und guckst, ob du von dem Suchvolumen profitieren kannst. Ich habe damals relativ unsexy einfach nur ein Video gemacht, wo ich Drohnengesetze erklärt habe, oder was sich Anfang 2020 ändern sollte. Habe das so schlau, wie ich damals konnte, getaggt – und das Ding ist tatsächlich viral gegangen. Ich hatte damals im Schnitt vielleicht so 150 Aufrufe pro Video. Und dieses Video hatte innerhalb von einem Monat über 100.000 Aufrufe. Das Video kam im November 2019 raus und ich hatte bis Jahresende 4.000 Abonnenten.

Der Berliner DoP undContent Creator Martin Flindt beim Dreh
Der Berliner DoP und Content Creator Martin Flindt beim Dreh (Foto: Martin Flindt)

Martin Flindt: Ich habe das tatsächlich gar nicht analytisch gemacht, zumindest nicht nach den Youtube-Analytics. Ich habe mir nie Schlagworte angeguckt oder extra ausgedacht. Ich habe die Tags einfach so frei Hand gemacht, wie es zum Video passte. Und auch die geplanten Videos habe ich thematisch eher so nach Gefühl gemacht. Das Einzige, wo ich ein bisschen analytisch herangegangen bin: Ich habe danach geguckt, auf welche Videos würde ich persönlich immer draufklicken oder welche Videos gucke ich mir immer an, oder welche Thumbnails finde ich persönlich interessant, und habe davon ausgehend darauf geschlossen, wie es auch für die Allgemeinheit zutreffen könnte. [15421]


Zum kompletten Roundtable-Talk mit den Filmmaking-YouTubern geht es hier!


 

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