Die Jury beim 31. Deutschen Kamerapreis war im Bereich Dokumentation besetzt mit den Kamerafrauen Ulrike Schede und Dunja Engelbrecht, den Editorinnen Sabine Engelhardt und Janine Dauterich sowie Uwe Agnes, Chefredakteur Film & TV Kamera, der für die Ausgabe 4.2021 mit seinen Jurykolleginnen über ihre Erfahrung während der Jurywoche sprach.
Was war für euch der bestimmende Eindruck von dem, was wir in diesem Jahr in der Jury für Dokumentationen gesehen haben? Sabine Engelhardt: Ich war zunächst überrascht davon, dass wir überhaupt auf 54 Einreichungen kamen, weil mit dem Coronajahr, das wir hinter uns haben, auch ein Reisestopp verbunden war und viele geplante Projekte, die mit Auslandsreisen verbunden waren, verschoben werden mussten. Deswegen war ich doch erfreut, als ich die Liste gesehen habe, dass wir auf 54 Einreichungen in der Kategorie Dokumentation gekommen sind. Das, was wir gesehen haben, hat sich schon anders angefühlt als in den letzten Jahren. Es war schön, dass es viele Schnitt-Einreichungen gab. Bei den Einreichungen für Kamera fand ich deutlich überschaubarer, was wirklich herausragend war und uns begeistert hat. Janine Dauterich: Ich bin jetzt das erste Mal in einer Jury beim Deutschen Kamerapreis und mich hat schon erstaunt, dass es ähnlich viele Schnitt-Einreichungen wie Kamera-Einreichungen gab. Das hatte ich mir anders vorgestellt, denn es ist ja bei Kameraleuten ein sehr angesehener Preis, während es im Schnitt noch nicht so ein Thema ist, einen Film bei Deutschen Kamerapreis einzureichen. Aber ich finde, unsere Spitzenreiter haben tolle Sachen gemacht, von denen man sich durchaus etwas abgucken kann. Ansonsten würde ich Sabine zustimmen: Es ist ist schade, dass sich nicht mehr Kameraleute ein interessantes Konzept ausdenken oder vielleicht einfach mehr Zeit nehmen.
Wie würdet ihr denn das Niveau insgesamt beurteilen? Habt ihr in der in der Gestaltung irgendeine Tendenz gesehen? Dunja Engelbrecht: Ich finde es schwierig zu beurteilen, weil Janine und ich den Vergleich nicht haben, wie es sonst in den anderen Jahren war. Ich fand es sehr breit gefächert und sehr unterschiedlich, aber ich finde, dass wir am Ende einen sehr preiswürdigen Gewinner gefunden haben. Aber was zeichnet sich als Trend ab? Bei einigen Filmen hat es sehr schöne Einsätze von Gimbal-Kameras gegeben, aber es gab auch Beispiele, die ganz klassisch gedreht wurden und die auch großartig waren. Es ist nicht so, dass man unbedingt viel Technikspielereien einsetzen muss, um gute Bilder zu machen. Janine Dauterich: Es wird schon sehr viel Technik eingesetzt, sehr viel Drohne, sehr viele Fahrten. Manchmal aber ist nicht so wirklich ein Konzept dahinter zu erkennen und dann hatte ich oft das Gefühl, die Technik ist vielleicht in der Produktionsfirma vorhanden, aber dann wird sie manchmal ein bisschen wahllos eingesetzt. Sabine Engelhardt: Bei mir kam es so an, dass mancmal die Technik das Konzept und die Umsetzung eines Films bestimmt hat und nicht das Thema, was ich gefährlich finde. Das Thema muss immer den Film bestimmen und nicht die Technik, die man dafür benutzt. Und bei manchen Filmen ist die thematische Umsetzung zu kurz gekommen. Ulrike Schede: Wenn ich noch einmal die Liste mit meinen Notizen zu den Filmen durchgehe, dann kann ich für mich eigentlich den bestimmenden Einsatz von Technik jetzt gar nicht bestätigen. Mir ist wohl aufgefallen, dass es einen stärkeren Einsatz von Gimbals gab als im letzten Jahr. Den Umfang an Drohnenbildern hatten wir schon im vergangenen Jahr und auch schon davor, das ist in etwa gleich geblieben. Aber ich hatte eher das Gefühl, dass viele Projekte dabei waren, die mit extrem geringem Aufwand gemacht wurden! Vielleicht wurden die auch eingereicht, weil 2020 ein sehr spezielles Jahr war und weil die Filme unter besonderen Bedingungen entstanden sind, was dann mehr zum Kriterium gemacht wurde als die eigentliche Kameraarbeit. Das war schwierig zu beurteilen und manchmal wurden in meinen Augen die Umstände, unter denen Filme entstanden sind, auch überbewertet. Selbst wenn es schwierige Umstände waren, hätte das Ergebnis qualitativ besser sein müssen. Man kann eben nicht alles schön reden mit: „Es ist schwierig gewesen.“ Dunja Engelbrecht: Mir ist noch aufgefallen, dass die Kameraarbeiten, die uns am besten gefallen haben, vom Stil und auch vom Einsatz der Technik sehr unterschiedlich waren. Das spricht, finde ich, mal wieder dafür, dass man für jeden Film die passende Bildgestaltung finden muss und jeder Film eine passende visuelle Umsetzung braucht. Ulrike Schede: Alle erdenklichen Möglichkeiten können zu guten Ergebnissen führen. Das kann Handkamera sein oder großer technischer Aufwand. Sabine Engelhardt: Die Kameraarbeiten, die uns am besten gefallen haben, waren ja die, bei denen sich eine Konzeption dahinter gezeigt hat, wo man gesehen hat, die Kameraleute haben sich wirklich Gedanken gemacht und hat uns im Bild teilhaben lassen. Das haben wir aber wirklich nur bei wenigen Dokumentationen gesehen, bei denen man ganz sagen konnte, der ist vom Anfang bis zum Ende richtig gut umgesetzt. Oft gab es auch am Anfang eine Konzeption, die sich aber wohl nicht so ganz durchhalten ließ.
Ich hatte ja so ein wenig die Befürchtung, dass wir in in Corona-Themen ertränkt würden. Das ist ja auch zum Teil eingetreten, aber das waren eigentlich oft die Beiträge, die am wenigsten gestaltet waren. Sabine Engelhardt: Ja, die waren oft „quick and dirty“! Janine Dauterich: Ich finde interessant, dass die Filme, die uns gefallen haben, sowohl von der Kamera als auch vom Schnitt her gelungen waren und dass das Hand in Hand ging. Bei manchen Filmen ist uns aufgefallen: „Schöne Kamera, aber irgendwie zerschnitten“ und bei anderen Projekten „Schöner Schnitt, aber die Kamera war nicht so toll“. Darüber müsste man mal nachdenken und auch durchaus eine bessere Zusammenarbeit zwischen Kamera und Schnitt fordern. Ich mache das oft bei meinen Projekten, dass die Kameraleute in den Schnitt kommen und würde gerne nach außen tragen, dass das eine gute Sache sein kann. Genauso, wenn der Schnitt sich im Vorhinein mal in die Besprechung zum Kamerakonzept setzt. Ich lade oft den Kameramann oder die Kamerafrau dazu ein, in den Schnitt zu kommen und mal zu schauen, was man mit ihren Bildern gemacht hat. [14420]