Wir stellen die Preisträger des 30. Deutschen Kamerapreises vor (8)
Rhythmus in den Bildern
von Uwe Agnes,
Beim 30. Deutschen Kamerapreis bekam Elias Jutzet den Nachwuchspreis Schnitt, gestiftet von Panasonic. Wir stellen den Schweizer Editor in unserer Reihe mit den Preisträgern des letzten Jahres vor.
Elias Jutzet wurde 1992 im Kanton Neuchâtel in der Schweiz geboren. Nach der Matura und Zivildienst studiert er zwischen 2015 und 2020 den Studiengang Bachelor of Arts in Film an der Zürcher Hochschule der Künste. Neben seinem Studium arbeitet er als Editor und Schnittassistent. So übernahm er 2019 für die Doku-Serie des SRF „Freiheit auf Schienen“ einen Teil des Schnitts und zeichnete 2018 verantwortlich für den Schnitt beim Kurzfilm „Echo“, der den Deutschen Kamerapreis 2019 in der Kategorie „Nach- wuchs Kamera“ erhielt. Bei mehreren Kurzfilmen wie der schwarzen Komödie „Schutzplan Vollmond“ und bei den noch in Postproduktion befindlichen Filmen „Ne quittez pas le chemin!“ und „La Gare“ war er neben der Montage auch für Regie und Drehbuch verantwortlich.
Wie war es, den Nachwuchspreis beim Deutschen Kamerapreis zu bekommen?
Es war auf jeden Fall eine Überraschung. Ich habe es gar nicht erwartet. Ich habe auch nicht selbst eingereicht, das war der Kameramann des Kurzfilms. Anfangs habe ich gar nicht so realisiert, was es bedeutet, aber es ist eine tolle Auszeichnung und gleichzeitig sehr gutes Feedback, nämlich, dass der Film funktioniert und meine Arbeit auch gut angekommen ist.
Sind denn verlässliche Rückmeldungen zur eigenen Arbeit auch aus der eigenen Branche so selten, dass es einen Preis braucht, um Bestätigung zu finden?
Ja, das ist tatsächlich ein bisschen so. Die Schwierigkeit ist, dass man nie genau weiß, wie gut hat das jetzt tatsächlich funktioniert oder wie gut jetzt der Film angekommen ist. Man kann schon ab und zu, wenn man Glück hat, den Film in einem Kinosaal mit Publikum sehen und dann spüren, wie der Film ankommt. Aber sonst habe ich das Gefühl, in den meisten Fällen ist man im Schnittraum mit dem Film ein bisschen alleine und muss hoffen, dass es auch tatsächlich herüberkommt, wie man denkt. Aber es ist immer schön, wenn man dann von außen Rückmeldungen bekommt, dass alles gut funktioniert.
Hast du tatsächlich allein im Schnitt gesessen oder war die Regie auch dabei?
Meistens haben wir zu zweit geschnitten. Aber es gab dann auch gewisse Momente, wo ich auch einfach mal einen Tag lang selber etwas ausprobiert habe. Ich denke da besonders an die Montagesequenz in der Küche, wo es sehr hektisch zugeht und man diese intensive Atmosphäre in dieser Küche erzählen muss. Das habe ich alleine gemacht und einfach sehr viele verschiedene Kombinationen ausprobiert, bis es dann irgendwann funktionierte. Bei den mehr szenischen Teilen und Dialogpassagen war es aber wichtig, dass wir zu zweit gearbeitet haben. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Schnitttage wir im Einzelnen hatten, aber im Vergleich mit anderen Projekten war es ziemlich effizient!
Wie bist du an das Projekt gekommen?
Durch David Oesch, der Regisseur von „Cru“. Wir kannten uns von der Hochschule. Er wollte, dass im Film Französisch gesprochen wird, weil der Film in seinem Kopf in einer Restaurantküche in Genf spielen sollte. Da hatte ich den Vorteil, dass ich französischsprachig in der Westschweiz aufgewachsen bin und das Skript daraufhin prüfen konnte, ob das Französische tatsächlich authentisch wirkt. Danach war ich auch bei den Storyboards und der Découpage dabei und dann kam, dass es doch ideal wäre, wenn ich den Film auch schneiden würde und so eine schöne Kontinuität entsteht. Es kam alles ziemlich natürlich zusammen.
Also war dir das Material, als mit dem Schnitt begonnen hast, im Grunde nicht völlig unbekannt. Hast du das als Vorteil oder als Nachteil empfunden?
Ich fand das ein spannendes Experiment. Ich hatte ja schon gehört, dass es schwierig ist, das Material objektiv zu betrachten, wenn man beim Dreh dabei ist und eigentlich alles schon kennt. Ich wollte gern wissen, ob das tatsächlich einen Unterschied macht. Ob das jetzt hilft oder vielleicht auch nicht hilft? Aber ich glaube, in diesem Fall war es kein Nachteil. Es war eher ein Vorteil, dass ich das Material schon so gut kannte. Ich denke da besonders an ziemlich lange Einstellungen, wo der Kameramann die Küche in Aktion eingefangen hat. Da waren mehrere Momente oder Details dabei, wo ich sofort wusste, dass es die noch irgendwo gibt. So waren wir auch sicher, dass wir immer das Beste ausgeholt hatten.
Die Jury hat ausdrücklich dein perfektes Timing gelobt, eine bildreiche Montage und dynamische Abfolgen. Bist du mit einer bestimmten Idee an das Material herangegangen oder hat das Material dir umgekehrt geholfen, mit deiner Montage in eine gewisse Richtung zu gehen?
Da war das Material eigentlich eine sehr große Hilfe. Ich hatte das große Glück, dass die Statisten meistens auch im wirklichen Leben Köche waren. Die hatten diese Reflexe und Gesten in sich. Es war alles schon da. Beim Dreh gab es Situationen, wo man fünf Minuten lang einfach drehte und es fühlte sich schon beim Dreh wie eine echte, hektische Küche an. In den Bildern war also schon ein gewisser Rhythmus, den ich als Basis nehmen konnte und auf die Spitze treiben konnte. Das hat sehr großen Spaß gemacht.
Was war bei diesem Projekt die besondere Herausforderung an dich als Editor?
Es war insgesamt ein ziemlich angenehmes Projekt. Die größte Schwierigkeit war, glaube ich, der Anfang des Films. Der war ursprünglich anders gedacht und hat dann auch nicht so funktioniert wie geplant. Der Rhythmus stimmte irgendwie nicht und wir wussten lange nicht, woran das liegt und was das Problem ist. Wenn ich mich richtig erinnere, haben wir die ersten zwei Szenen in der Reihenfolge ausgetauscht, so dass wir direkt in die hektische Atmosphäre dieser Küche hereinkommen, dass man richtig hereingeworfen wird und erst dann über eine Dialogsituation den Figuren ein bisschen besser begegnet. Es fühlt sich jetzt eigentlich ziemlich organisch und logisch an, aber es war ein ziemlich langer Prozess, dorthin zu gelangen. [14206]