Schmutziges Alpenporträt und Rachefilm: DAS FINSTERE TAL
von Redaktion,
Wenn das Wort Alpenwestern fällt, stellt man sich US-Vorbilder vor. Das ist nicht der Weg von DAS FINSTERE TAL. Der Film will Heimatfilm und Western mischen. Schon die Buchvorlage (München 2010) war eine düstere Racheparabel, die sich bei Ganghofer und Leone bediente, wie es deren Autor, der Münchner Kulturjournalist Thomas Willmann, selbst zusammengefasst hat.
Sehr filmisch ist bereits also die Vorlage, auf die der Regisseur Andreas Prochaska zuerst in einer Kurzkritik aufmerksam wurde. »Western hatte ich schon lange in mir«, erzählt er, er informierte seinen Produzenten Helmut Grasser, dem Willmann das Buch offenbar nicht gegen viel Geld, sondern vor allem die Zusicherung einer Milieu-Genauigkeit und der Arbeit des genre-erfahrenen Prochaska (IN DREI TAGEN BIST DU TOT, AT 2006) zusicherte. Mit Co-Autor Martin Amnrosch nahm Prochaska sofort eine Änderung vor, die seinen Kino-Anspruch bereits gut beschreibt. In der Geschichte kommt ein einsamer Reiter namens Greider in ein abgelegenes Tal, wo das Recht des Stärkeren und Perversen dominiert.
Scheinbar ist er ein Künstler, im Buch ein Maler; im Film hat Prochaska einen Daguerreotypisten Ende des 19. Jahrhunderts aus ihm gemacht. Nebenbei wurde damit ein Umsetzungsproblem elegant gelöst: «Das war gleich in doppelter Hinsicht ein genialer Einfall, weil die Fotografie etwas sehr Westernmäßiges hat und wir zum anderen der Frage aus dem Weg gehen konnten, was für eine Kunst und in welchem Stil der Greider seine Bilder auf die Leinwände bringt», erklärt der deutsche Produzent Stefan Arndt.
Die andere große Änderung: Die Figur des jungen Mädchens Luzi (Paula Beer) wird im Gegensatz zum Buch hier zur tragenden Erzählerin der gewalttätigen Ereignisse: «Genrefilme sind keine einfache Sache in Deutschland. Außer, das Genre ist Komödie», analysiert Arndt, «im Grunde konnten wir nur als Doppelpack Deutschland-Österreich das Budget erreichen, dass wir brauchten, um so einen Film wie DAS FINSTERE TAL machen zu können.»
Die öffentlich-rechtlichen Finanziers waren aber sofort begeistert, der Dreh stand schnell an. Dabei ist ein böser Heimatfilm und ein harter Actionfilm entstanden, der von seinen Winterdrehorten profitiert, denn Greider wird seine Rechnung begleichen, als das Dorf tief eingeschneit und ein Entkommen nicht mehr möglich ist. 44 Drehtage hatte das Projekt, verteilt auf einmal sechs Wochen im Winter und weitere zwei Wochen für die Herbst- und Frühlingsszenen des Films im Frühjahr 2013. Einen der schwierigsten Drehtage gab es erst dann, weil Schlamm die Bewegung fast unmöglich machte. Kameramann Thomas Kienast, AAC, ahnte von vornherein, dass der Dreh «lang und kalt» werden würde – aber Temperaturen von bis zu minus 20 Grad an manchen der winterlichen Drehorte in Bayern, Salzburg und Südtirol stellten selbst die härtesten unter den Schauspielern vor Probleme, zu denen unter anderem auch Tobias Moretti gehört. Die größten Beschwerden hatten allerdings die Tiere: Sie fingen sogar an zu husten. Das Team habe dennoch sehr konzentriert gearbeitet, berichtet der Kameramann: «Andreas ist ein visuell hochbegabter Mensch, der es versteht, szenisch-visuell zu denken.» Und der seine Leute deshalb von seiner Kino-Vision begeistern kann. Auch Sam Riley, weltweit bekannter englischsprachiger Schauspieler des Greider, lobt, wie genau der Regisseur wusste, was er spielen soll. Für Greider nennt Prochaska die Hauptfiguren von DER EISKALTE EINGEL (LE SAMOURAI, Jean-Pierre Melville, FR 1967, DRIVE (Nicolas Windung Refn, US 2011) und SHAME (Steve McQueen, UK 2011) als Vorbild, still brodelnde Männer. Die Kraft zusammenhalten, das war auch für Prochaska selbst schwierig. Den Dreh sieht er insgesamt als anstrengendsten seiner Karriere: «Unser Budget war zwar nicht ganz klein, aber wir hatten praktisch keinen Spielraum in unserem Drehplan. Wenn man dann fast drei Viertel des Drehs Außenaufnahmen hat, dann ist man den Elementen schutzlos ausgeliefert, was für alle Beteiligten ein großes Risiko war. Im Schnee dauert alles länger. Allein schon der Transport einer Kamera von A nach B ist ein Problem, weil man keine Spuren im Schnee hinterlassen darf. Das, was wir letztlich zu wenig an Zeit und Budget hatten, hat aber das Team durch einen enormen Einsatz ausgeglichen. Die Begeisterung hat uns durch den Winter gebracht.» Greider bekommt es im Tal mit fünf Söhnen des Brenner-Bauern zu tun, die ein bösartiges System des Zusammenlebens aufrechterhalten. Genauigkeit zählte für die gesamte Crew bei Ausstattung und Szenenbild, um das 19. Jahrhundert zu erschaffen. So wurde eine Holzrutsche, die eine entscheidende Rolle für die Geschichte spielt, in voller Größe nachgebaut, echte Holzstämme rutschten darin gefährlich vom Hang.
Prochaskas Team bestand insgesamt aus bekannten Mitstreitern, an der Kamera Thomas Kiennast, AAC, mit dem Prochaska schon bei dem Emmy-Gewinner DAS WUNDER VON KÄRNTEN gearbeitet hatte. Kiennast fotografierte digital in 1:2,35 und in Farbe mit starken Kontrasten. Gefurcht und verschmutzt sind seine Filmgesichter. «Kein Film der Sprache, sondern der Gesichter», fasst es Tobias Moretti zusammen. Und ein Film, der konkret veortet ist. «Das Ziel ist es, dass ein Remake hiervon unmöglich sein soll», sagt Produzent Grasser über den Panorama-Gala-Film der Berlinale
Regie: Andreas Prochaska Buch: Martin Ambrosch, A. Prochaska Bild: Thomas Kiennast, AAC Szenenbild: Claus Rudolf Amler Kostümbild: Natascha Curtius Noss Ton: Dietmar Zuson Maslenbild: Helene Lang, Roman Braunhofer Musik: Matthias Weber Schnitt: Daniel Prochaska Produktion:
Allegro Film (Helmut Grasser), Wien;
X Filme Creative Pool (Stefan Arndt), Berlin Format: 2K/DCP, 1:2,35, Farbe Länge: 115 min Kinostart: 13.2.2014 (DE), 14.2.2014 (AT) Website und Trailer:http://www.dasfinsteretal.x-verleih.de/