wie wir als Menschen auf die Welt blicken, wird von allerlei Faktoren bestimmt. Dazu zählen die genetische und biologische Disposition, frühkindliche Erfahrungen, unsere individuellen Persönlichkeiten sowie der Grad unserer Bildung. Es wird auch niemanden überraschen, dass unser Medienkonsum einen bedeutenden Einfluss darauf hat, wie wir unsere Umwelt erleben und darauf reagieren.
Gleichzeitig hat sich unser Wahrnehmungshorizont mit dem Aufkommen elektronischer Massenmedien derart erweitert, dass wir im Grunde ständig am Rand der kognitiven Überforderung wandeln und uns dabei obendrein durchaus unerwünschter Beeinflussung aussetzen. Hier lassen nicht nur Putins Troll-Armeen grüßen, sondern es kommt auch der gute alte Hollywood-Blockbuster mit vielen unserer geschätzten Lieblingsklassikern ins Spiel.
Die US-amerikanische Filmemacherin Nina Menkes ist in ihrem Dokumentarfilm „Brainwashed“ nämlich der Frage nachgegangen, wie die Bildsprache des Mainstream-Kinos die Frau zum sexuellen Objekt gemacht und so die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen manipuliert hat. Dabei zeigt sie eindrucksvoll und mit über 150 Beispiel-Clips, wie sehr die Darstellung von Frauen im Film durch den „männlichen Blick“ geprägt war und noch immer ist.
„Brainwashed“ lief am 4. September auf arte und ist aktuell noch in der Mediathek zu sehen. Wir haben zu diesem Anlass mit Nina Menkes gesprochen und von ihr erfahren, wie schon die #MeToo-Bewegung den „male gaze“ bei Filmproduktionen in den Fokus rückte und darauf aufmerksam gemacht hat, wie das den Weg für Bevormundung und Übergriffe geebnet hat – aktuell wieder zu sehen bei der unsäglichen Affäre um den spanischen Fußballpräsidenten. Das Interview mit Nina Menkes finden Sie ab Seite 74.
Können Männer sich im un-männlichen Blick üben? Einen Versuch wäre es sicher wert. Denn die Wahrnehmung der Welt und die daraus resultierenden eigenen Wirklichkeiten lassen sich nämlich auch durch Selbstreflexion und Bewusstseinsbildung ändern.
Ihr
Uwe Agnes
Chefredakteur
Ausgabe 10.2023
FOKUS
Editorial
Drei Fragen an … Marc Waterkamp aus Berlin
AT WORK
Mittendrin DoP Thomas Eirich-Schneider berichtet von seinen Dreharbeiten im Niger für die Dokumentation „On the Border“ und wie ihm und seinem Team die Evakuierung nach dem Militärputsch gelang.
INTERNATIONAL
Reise in die Farbe Für „Poor Things“ von Yorgos Lanthimos bringt DoP Robbie Ryan nicht nur echtes Vistavision, sondern auch Kodak Ektachrome auf die große Leinwand zurück.
SPEZIAL
Schweben und Tanzen Im Podcast „Meine Lieblingsszene“ beschäftigt sich DoP Sabine Panossian mit der Traumsequenz aus „Der schlimmste Mensch der Welt“ von Regisseur Joachim Trier, in der die Welt stillsteht.
IM TEST
Schicker Schutz Sven Kubeile hat die PRO-Light-Cineloader-Taschen von Manfrotto in der Praxis ausprobiert.
4K in 4:2:2 Wir werfen einen Blick auf die Vor- und Nachteile des kompakten NDI-Wandlers Kiloview N60.
HANDS-ON
Die grüne Nacht Für ihren aktuellen Kurzfilm „Soko Loco“ setzten Regisseur Joscha Seehausen und DoP Marius Milinski auf Spielfreude und bauten mit Eigenmitteln eine Rückprojektion nach alter Schule auf.
Stadionklang für das Wohnzimmer Bei der Produktion von 3D-Sound von der Fußball-Bundesliga gibt es einen neuen und innovativen Workflow. Bernhard Herrmann hat für uns bei VIDI in Darmstadt und im Bremer Weserstadion die Ohren gespitzt.
AUF EINEN BLICK
Technologie
Menschen
40 Jahre Panther
BVFK erreicht gemeinsame Vergütungsregeln für Kameraleute in der Bundesliga
Branche
FESTIVAL
Starkes europäisches Kino Das 76. Filmfestival Locarno zeigte Filmkunst auf hohem Niveau für ein gut gelauntes Publikum rund um See und Piazza Grande. Christine Dériaz gibt einen Überblick über Künstlerisches und Politisches.
Fast erwachsen Beim 17. Fünf Seen Filmfestival gab es wettermäßig eine Achterbahnfahrt: Auf brütende Hitze folgten Regen und Gewitter. 8.000 Besucher und Margret Köhler ließen sich davon nicht abschrecken.
DIALOG
Plan und Intuition Wir stellen die Preisträger beim Deutschen Kamerapreis vor: Susanne Schüle wurde in der Kategorie Doku Kino ausgezeichnet, Jakob Stark gewann in der Kategorie Doku Screen.
Hollywoods männlicher Blick Mit zahlreichen Filmausschnitten aus bekannten Hollywoodfilmen enthüllt Filmemacherin Nina Menkes in ihrer Dokumentation „Brainwashed“ Frauenfeindlichkeit und Bevormundung im Kino.
Die Kamera als Instrument Markus Schindler, Kameramann, Regisseur und vor zwei Jahren Gewinner beim Deutschen Kamerapreis, hat eine besondere Vorliebe für 16-mm-Film. Gerdt Rohrbach hat mit ihm über seine Arbeit gesprochen.