die Liste deutscher Kameraleute, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA Karriere gemacht haben, ist kurz: Hollywood rief nicht viele.
Im Goldenen Zeitalter Hollywoods war das noch anders. Bereits 1929 siedelte etwa Karl Freund von Berlin in die USA über, wo er an Filmen wie „Dracula“ oder „Die Mumie“ arbeitete und 1938 den Kamera-Oscar für „Die gute Erde“ gewann. Ihm folgten in den 1930er Jahren gezwungenermaßen viele andere, die in Hollywood Zuflucht vor dem Nationalsozialismus fanden und dabei entscheidend dazu beitrugen, dass die Zeiten auch gestalterisch golden waren.
Doch danach erwies sich bis Mitte der 1980er Jahre der Sprung über den Atlantik als zu weit für deutsche Kameraleute. Dann erst trat mit Michael Ballhaus ein DoP auf den Plan, dem seine 15 Filme mit Rainer Werner Fassbinder auch in den USA die Türen öffneten und der ab 1985 mit „After Hours“ eine langjährige Zusammenarbeit mit Martin Scorsese begründete.
Nur kurz darauf legte ein Kameramann aus München mit „52 Pick-Up“ und darauf „RoboCop“ seine ersten Kameraarbeiten jenseits des Atlantiks hin: Jost Vacano, auf den man in den USA durch seine bahnbrechende Kameraarbeit beim Welterfolg „Das Boot“ aufmerksam geworden war. Beide haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich der Blick der US-Produktionen für deut- sche DoPs wie Markus Förderer oder Florian Ballhaus geschärft hat, die aktuell beide erfolgreich in den USA arbeiten.
Nach seiner aktiven Karriere engagierte sich Jost Vacano branchenpolitisch und hat nicht zuletzt durch seinen langwierigen Rechtsstreit mit den „Boot“-Produzenten für mehr Gerechtigkeit bei der Auswertung von Erfolgsproduktionen gesorgt.
Am 15. März wird Jost Vacano 90 Jahre alt. Wir würdigen das nicht nur mit einem ausführlichen Artikel, den Sie ab Seite 54 lesen können, sondern werden auch gemeinsam mit Jost Vacano beim CiNECongress in der Kleinen Olympiahalle München am 28. und 29. Februar auf sein Lebenswerk zurückblicken. Seien Sie dabei! Kostenlose Tickets gibt es unter www.cinec.de – wir sehen uns!
Ihr
Uwe Agnes
Chefredakteur
Ausgabe 3.2023
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