Beim CHIO Aachen 2024 fungierte das Kölner Unternehmen „best boys tv-factory“ als Host-Broadcaster. Für die technische Umsetzung sorgte TV Skyline aus Mainz. In unserer Ausgabe 10.2024 haben wir das Geschehen hintern den Kulissen der größten Sportveranstaltung Deutschlands genauer unter die Lupe genommen.
Laut „best boys“-Geschäftsführer René Alles, dessen Unternehmen beim CHIO Aachen als Host-Broadcaster fungierte, legt man extremen Wert auf den atmosphärischen Ton und Audio-Effekte. „Wir unterstützen starke Bildeindrücke durch drahtlose Mikrofone direkt im und/oder am jeweiligen Hindernis.“ Dafür kamen Sender von Wisycom MTP40 mit Empfänger MRK980 und Voice Technologies VT550 Mikrofon für Drahtlos-Atmos, diverse kabelgebundene Richtrohr- und Nieren-Kleinmembran-Kondensatormikrofone von Audio Technica und Schoeps zum Einsatz.
Eine störungsfreie drahtlose und drahtgebundene Kommunikation zwischen etlichen beteiligten Gewerken und entsprechend zahlreichen Akteuren ist zentraler Bestandteil einer Live-Produktion, speziell auf einem weitläufigen Gelände. Zur Realisierung der Kommunikation setzte der Host Broadcaster auf ein Riedel-Netzwerk mit sechs Riedel-Nodes. Darin integriert waren 70 Riedel Artist-Sprechstellen allein für die TV-Produktion. Funktionspersonal wurde mit 16 Boleros ausgestattet, die 10 digitale Funkkreise nutzten. Zudem wurden zehn Funkkreise in das Intercom-System eingebunden.
Mikrofonierung beim CHIO
Hauptstadion
10 gehängte Atmo-Mikrofone
16 drahtlose Mikrofone an den Hindernissen
9 Kamera-Mikrofone
Lawo-Audiopult mc256 MK2 mit 200 Mischkanälen
Dressur
4 festverkabelte Mikrofone
4 drahtlose Mikrofone an den Hindernissen
2 Kamera-Mikrofone
Geländestrecke
32 Atmo-Mikrofone
Archivierung, Schnitt und Distribution
Im Admin-Container im TV-Compound wurde ein zentrales digitales Archiv eingerichtet, das aus einem zentralen 40 Terabyte RAID-Server bestand. Das Videomaterial wurde im Format XDCam HD 422 gespeichert. Von fünf Adobe Premiere-Pro-Schnittplätzen auf Mac Studios bestand die Möglichkeit mittels der Funktion „Edit while Ingest“, also bearbeiten während der Aufnahme, auf das eingespielte Material und alle Feeds sofort zuzugreifen, sobald die Aufnahme begonnen hatte. Zur Distribution des Livestreams und der Videos an Medienpartner hatte die Firma NetAachen eine 1 Gigabit-Glas faserleitung zum TV-Compound verlegt. Damit wurden die Live-Signale an die internationalen Abnehmer im Videostreamingprotokoll Secure Reliable Transport (SRT) gesendet.
Die Verteilung des World Feeds erfolgte per SRT-Multistream über das Netzwerk der Firma GlobalM. Die Non-Live-Bilder gingen als Liveclipping beziehungsweise als Near-Live-Clipping von allen Sportwettbewerben in die Distribution. Per Upload von News und Highlight-Magazinshows in TV-Qualität zur Scoopa-Plattform erfolgte innerhalb von nur Minuten mit bis zu 1 Gigabit/s als Highspeed File-Transfer samt Rechtemanagement. Scoopa speichert TV-Content nur einmal in der Cloud und teilt dann diesen weltweit in höchster Bildqualität mit beliebig vielen Empfängern.
Special-Interest-Streaming
ClipMyHorse.TV ist nach Angaben von Lena Klabunde, Content Management Sport Germany, das weltweit führende Online-Angebot für Live-Übertragungen von Pferdesport und Zucht. An mehr als 300 Tagen im Jahr können Pferdebegeisterte insgesamt über 2.500 Veranstaltungen pro Jahr live erleben. Sowohl internationale als auch regionale Reitsport- und Pferdezuchtevents aus mehr als 200 Ländern der Welt werden auf dieser Plattform ausgestrahlt.
Beim CHIO Aachen 2024 war ein Team mit etwa 40 Personen aus Redaktion und Produktion vor Ort. Das Team Produktion kümmert sich um das Annehmen der Signale. Sieben Mitarbeitende kommentierten die Videostreams in verschiedenen Sprachen. Das Team Content produzierte Hintergrundbeiträge rund um das CHIO Aachen 2024 und die Social-Media-Kanäle von ClipMyHorse.TV.
Fazit
Der CHIO Aachen 2024 zeichnete sich als nationales und internationales TOP-Sportevent durch die professionelle Organisation und erfolgreiche Durchführung aus. Der Einsatz von zusätzlichen Mikrofonen des Host Broadcasters, die meist sowieso in den Rüstwagen mitgeführt werden, bietet eine wesentlich bessere Audioqualität beim atmosphärischen Ton. Wer den Sound eines Smart-TV mit einem HDMI-Kabel zu einem Receiver mit externen Lautsprechern oder einer Soundbar verbindet, wird rasch den Unterschied zwischen einer Tonmischung in Stereo und 5.1 Surround hören. Mit der höherwertigeren Mikrofonierung ließe sich zukünftig auch eine Tonmischung in Dolby Atmos realisieren.
Die aufwendige TV-Produktion des Host Broadcaster, die mit Grass Valley LDX UHD-fähigen Kameras und vielfach mit UHD-Objektiven hergestellt wurde, stellt zukünftig die Option sicher, in UHD HDR für die aktuell 31,9 Millionen UHD-Fernseher in deutschen Haushalten zu produzieren. Technisch wäre das denkbar, denn im Juni 2024 wurde die mehrjährige Modernisierungsphase aller Sendeabwicklungen des WDR-Fernsehens durch einen Systemintegrator abgeschlossen. Um zukünftig in UHD produzieren zu können, wurden eine Ross Ultrix Videokreuzschiene und ein Ross Video Carbonite Black Plus 12G+ Bildmischer sowie Grafiksysteme von Avid integriert, erläutert die Studio Hamburg MCI GmbH. Ein Stagetec Auratus Audio-Mischpult und die passende Stagetec Nexus Audio-Kreuzschiene sorgen dort zukünftig für eine exzellente Audioqualität.
Die im Hauptstadion eingesetzten Kameras standen verteilt auf drei Höhenlinien. Damit bekamen die Zuschauenden an den Bildschirmen die Reitenden samt ihren Pferden stets aus einem natürlichen Bildwinkel präsentiert. Eine interessante Bildinszenierung mit passenden Bildumschnitten ließ die TV-Zuschauer am Geschehen teilhaben.
Die visuelle und akustische Gestaltung der Reitwettbewerbe bei den Olympischen Sommerspielen Paris 2024 und beim CHIO Aachen 2024 lassen sich über die Mediatheken von ARD und ZDF direkt vergleichen. Technisch lag Olympia vorn: Während die TV-Produktionen in Paris in UHD und Dolby Atmos realisiert wurden, waren ARD und ZDF erneut nur im Bildformat 720p mit 5.1 Surround Sound unterwegs. Dafür jedoch war die Bildinszenierung in Aachen um ein Vielfaches angenehmer zu betrachten. Pferde, die in Paris über eine Dreifachkombination sprangen, wurden frontal von einer rückwärts fliegenden Seilkamera von weit oben aufgenommen.
„Der Große Preis von Aachen“ zeigte die Bildinszenierung der Reitenden mit Pferd ab Beginn des Rittes im Hauptstadion zuerst mit sanft mitschwenkenden Kameras auf der zweiten Höhenlinie mit mehreren Bildumschnitten, so dass der Reitende samt Pferd stets gut sichtbar aus einer seitlichen Perspektive mit den Kameras aufgenommen wurde. Die Dreifachkombination wurde von einer langsam mitschwenkenden Kamera im 90-Grad-Winkel vom Erdboden aufgenommen, wobei alle Details, samt den Stangen der Hindernisse, zu sehen waren.
Beim nächsten Reiter wurde das gleiche Hindernis dann auf der gleichen Höhenlinie mit einer Kamera von vorne und leicht seit-ich aufgenommen. Während die Bildinsze- nierung über die zweite Höhenebene am meisten genutzt wurde, ergänzten die Einstellungen mit den Kameras aus der Bodenperspektive auch in Kombination mit Zwischenschnitten ausgezeichnet. Die Seilkamera lieferte für lange Einstellungen auch als alleinige Kamera für die Verfolgung eines Pferdes eine exzellente Perspektive. Anders als in Paris flog die Seilkamera in Aachen konstant nur einige Meter oberhalb der zweiten Höhenlinie. Dabei war es wichtig, dass der Seilkamera-Operator die Kamera et- was vor dem Pferd mit gleicher Geschwindigkeit mitflog und die Kamera stets nur langsam und seitlich vom Pferd mitgeschwenkt wurde. Die Kombination der abwechslungsreichen Kameraeinstellungen in drei Höhenebenen lieferte eine interessante Inszenierung des Geschehens.[15485]