Editorin Gesa Jäger im „Hinter der Kamera“-Podcast
Achtsame Montage
von Timo Landsiedel,
Der „Hinter der Kamera“-Podcast ist zurück und Gastgeber Timo Landsiedel begrüßt Editorin Gesa Jäger am Mikrofon. Die Editorin erzählt, warum sie im Schnitt auf sich achtet und wie sie bei Improfilmen arbeitet. Außerdem gibt sie Einblicke in ihre aktuelle Arbeit beim Kinofilm „Das Lehrerzimmer“, für die sie mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Im Podcast geht es zudem um ihre Beteiligung an „Love Steaks“ und „Tiger Girl“ von Jakob Lass, Maria Schraders „Unorthodox“ und „Die Saat“ von Mia Maariel Meyer.
Gesa Jäger mag Filme, die sie als Zuschauerin zum Mitarbeiten bringen. Vor allem, wenn sie dies durch die Montage schaffen. Um das zu erreichen, gibt es viele Mittel und Wege. Ist für sie die trennende oder die verbindende Kraft des Schnittes stärker? „Ich würde ganz klar sagen, die verbindende Kraft“, sagt Gesa Jäger, „weil wir mit der Montage die Möglichkeit haben, Dinge in einen Kontext zu bringen, die eigentlich gar nicht in einem Kontext stehen.“ Dazu gehört für sie auch das elliptische Erzählen. Diese Weglassung kann eine starke erzählende Kraft entwickeln. Doch beim Schnitt muss man abwägen. Hat das Publikum schon genügend Informationen, um diesen Sprung mitzumachen? Der Prozess, Ellipsen zu konstruieren, steht nie zu Beginn der Montagearbeit. Für Gesa Jäger ist es erst einmal wichtig, den Film wie das Buch zu sehen und so, wie er gedreht wurde. Der Überblick schafft das Wissen darüber, was wichtig ist und was nicht. Erst dann folgen Weglassungen und Raffungen.
Arbeitsweise
Wenn Gesa Jäger auf ihre frühe Filmsozialisation blickt, spielte der Schnitt darin keine Rolle. „Mir ist die Existenz von Montage sehr lange überhaupt nicht bewusst gewesen – so wie ganz vielen Menschen, glaube ich“, sagt Gesa Jäger im Podcast. „Auch ärgerlich lange, wenn ich so gucke, wo ich heute bin und was ich mache.“ Erst in ihrem Praktikum beim Lokalfernsehen im Alter von 19 Jahren brachte sie Bilder in einen strukturellen Kontext und verwendete Musik dazu. Das war ein Aha-Moment.
Dieses Praktikum war reichhaltig an Erfahrung, da die Editorin früh selbst mit der Kamera unterwegs war, ihre eigenen Beiträge textete und diese auch schnitt. „Ich habe nicht gewusst, dass das ein Ausbildungsberuf ist“, erzählt Gesa Jäger. „Ich habe dann ein paar Semester Geschichte studiert, weil ich dachte, ich muss was studieren.“ Parallel zum Studium machte sie verschiedene Praktika, die sie auch zum Lokalsender führten. Erst dadurch entdeckte sie, dass es den Schneideraum gibt. „Und dass es dieser wunderbare, ruhige, heilige Ort ist, in dem wahnsinnig viel passiert, was niemand mitbekommt“, sagt die Editorin. Es gab in den Praktika zum Leidwesen von Gesa Jäger leider keine Auseinandersetzung mit Montage, die über das Funktionieren der täglichen Berichterstattung hinausging. Jäger ist sich heute sehr der Macht und Verantwortung bewusst, die Editorinnen und Editoren tragen. Darüber habe in der Praktikumsausbildung nie jemand ein Wort verloren.
Der erste Kontakt mit der Filmhochschule geschah noch im Rahmen einer ganz anderen Ausbildung. Nach dem Studium in Hamburg und den Praktika entschied sich Jäger, eine Ausbildung zur „Fachkraft für Film- und EB-Schnitt“ zu absolvieren, um eine echte Grundlage für die Schnittarbeit zu legen. Dies tat sie bei der Ausbildungsgemeinschaft für Medienberufe (AGM), dem Zusammenschluss von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Nachwuchsausbildung. Deren Auszubildende wurden ins ganze Bundesgebiet für Projekte als Schnittassistenz „ausgeliehen“. So kam Gesa Jäger für Diplomprojekte an mehrere Filmhochschulen, um dort auch die Produktionsabläufe kennenzulernen. „Dann hatte ich das ganz große Glück, sowohl in Ludwigsburg insgesamt sieben Monate zu sein als auch an der HFF in Potsdam“, erinnert sich Gesa Jäger.
Die Wahl auf die Hochschule in Potsdam Babelsberg fiel aufgrund des Orts und der Menschen. Nach dem Ende der Ausbildung in Hamburg arbeitete Jäger noch zwei Jahre fest angestellt in Neubrandenburg. Doch sie fühlte, dass im Lokalfernsehen das Lernpotenzial für sie ausgeschöpft war. Sie wollte tiefer in die Montage einsteigen und war fasziniert von der Hochschule. „Ich habe so ein bisschen mitbekommen, wie frei diese Uni ist und dass es eine richtige Kunsthochschule ist, in der viele für mich damals wahnsinnig interessante Dinge passiert sind.“ So bewarb sie sich an der HFF und begann dort 2008 ihr Studium. [15331]