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Wie kann Virtual Production in der Krise helfen?

Beschleuniger für Virtual Production

Virtual Production ist inzwischen in der Drehvorbereitung, beim Dreh selbst und in der Postproduktion angekommen. Radoslaw Jamrog, VFX-Supervisor bei der Berliner VFX- und Postpro-Schmiede bEpic, hat uns für die Ausgabe 10.2020 erläutert, wie und wo Virtual Production am Set unterstützen kann.

Radoslaw Jamrog mit dem Kamera-Rig für Virtual Production

Der Begriff Virtual Production ist ein Sammelbecken für einen vielfältigen Einsatz virtueller Tools, etwa bei Previs, Techvis, Motion Capturing, VR, AR und anderen Produktionsschritten. Speziell bei Drehs unter Corona-Bedingungen versprechen Virtual-Production-Methoden Unterstützung, um mit den zahlreichen vielen Restriktionen und Einschränkungen, denen TV- und Filmproduktionen seit März unterliegen, sinnvoll umzugehen. Auch die Berliner VFX- und Postpro-Schmiede bEpic profitiert von diesem Trend. Radoslaw Jamrog, VFX-Supervisor beim Berliner Unternehmen bEpic, kennt Beispiele aus der Praxis.

Ihre Firma unterstützt Produktionen mit VP beim Dreh unter Corona-Bedingungen. Welche Dienstleistung bieten Sie an und wie kam es dazu?
Im Grunde sind wir eine VFX- und Postproduktions-Firma. In der letzten Zeit haben wir eine besondere Expertise bei der Gestaltung von Creatures und Superhelden entwickelt. Das waren Aufträge aus der Werbung, für TV Spots, für Internetauftritte, aber auch für Social-Media-Kanäle. Natürlich machen wir auch klassische VFX oder Retuschen.
Nun standen mit dem Corona-Lockdown unter anderem auch die Kunden dieser Projekte vor dem Problem, dass sie nicht mehr ins Ausland an ihre Sets kamen, oder umgekehrt, dass etwa Regisseure nicht mehr hierher kommen konnten. Wir wiederum standen vor dem Problem, dass wir zunächst nur noch Produktionen mit einem oder wenigen Darstellerinnen und Darstellern realisieren konnten. Andererseits mussten wir nach Möglichkeiten suchen, die Drehplanungen der Kunden doch noch irgendwie zu realisieren, ohne dass die selbst am Drehort sein müssten.

Ist dieser neue Workflow, der den ganzen Dreh unter Lockdown-Bedingungen virtuell wieder möglich macht, eine Umorientierung Ihrer Firma?
Im Grunde haben wir jetzt nur forciert, was wir bereits vor Corona gemacht haben. Corona war eine Art Beschleuniger für Virtual Production. Damit hatten wir uns aber bereits vor Corona auseinandergesetzt. Früher war Virtual Production in erster Linie ein Thema für Produktionen mit großem Budget, wie „Avatar“ oder „The Mandalorian“. Zwar waren unsere Produktionen keine solchen Projekte, aber trotzdem können wir den Kunden jetzt solche Arbeitsweisen der Virtual Production anbieten. Davon profitieren beide Seiten. Dabei ist Virtual Production nicht besonders kostenintensiv und für sich alleine auch nicht besonders lukrativ. Viel wichtiger war uns aber, dass wir so unsere Prozesse und Abläufe von Anfang an vereinfachen und optimieren konnten. Wir ermöglichen es beiden Seiten, uns und dem Kunden, Probleme früher zu entdecken, bereits in einem Stadium des Projekts, in dem wir als Postproduktion bis dato leider nicht involviert waren. Produktionen und Regisseuren ist oft nicht so klar, dass eine frühe Einbeziehung der Post bestimmte Probleme vermeiden hilft oder das Projekt sogar kostengünstiger werden lassen kann.

Haben Sie da ein Beispiel?
Ja, unseren „Netto-Bären“: Am Set, in diesem Fall in Südafrika, gab es einen Schauspieler, der den Bären für das Motion Capturing dargestellt hat. Das wurde live am Set gedreht, Regisseur und Kameramann waren dort. Unser Auftrag war ursprünglich das Motion Capturing und die Previews für Regie und Kamera. Heute könnte man das gleich vor einem Greenscreen oder einer LED-Wall umsetzen. Die HyperBowl ist so eine LED-Wall, mit deren Konsortium wir eng verbunden sind. So könnten wir das heute in einem geschlossenen Environment realisieren – ohne weite Reisen nach Südafrika. Es muss allerdings von Projekt zu Projekt entschieden werden, was wirklich Sinn macht. Ein LED-Cave-Dreh ist ja nicht immer unbedingt notwendig. Drehs sind ja begrenzt wieder möglich. Man muss nur genau evaluieren, wie man was drehen kann, und die Möglichkeiten der Location genau ausloten: Ob man weiterhin klassisch dreht, oder ob man mit VFX erweitert.

Haben Sie weitere Beispiele für die Möglichkeit, konventionelle Drehs durch VP zu unterstützen, speziell in der aktuellen Situation?
Wir haben gerade für eine Schweizer Produktion einen Clip mit einem sehr bekannten Tennisspieler realisiert. Die Produktion wollte vorab testen, wie sie die Komparsen platzieren kann und wie voll das Set aussehen würde, alles immer unter Berücksichtigung der Abstandsregeln. Gleichzeitig wollten sie vorab die Kamerawinkel testen und sehen, ob die Szene genug bevölkert oder zu leer aussehen würde. Wir haben zunächst den Raum mithilfe vorliegender Fotos, Pläne und Grundrisse digital nachgebaut. Das kann man mittlerweile mithilfe eines LIDAR-Scan auch halb- oder vollautomatisch machen. Man hat dann die genauen 3D-Daten mit den genauen Dimensionen des Drehortes. Danach haben wir Stand-ins in den Raum gestellt und den Regisseur, zusammen mit anderen Projektverantwortlichen, remote zugeschaltet. Er konnte dann die Personen im Raum so platzieren, wie er sie haben wollte. Zuvor hatten wir bereits in seinem Auftrag einzelne Animationen durch Motion Capturing vorbereitet. So wollte er zum Beispiel Menschen tanzend, sitzend und an die Wand gelehnt haben. Die Abstandsregeln im Raum ließen sich so vorab kontrollieren. Der Regisseur konnte durch uns die Kamera bewegen lassen, konnte verschiedene Objektive und unterschiedliche Kamerawinkel ausprobieren. Letztlich hatten wir nach drei Stunden etwa 45 Shots, mit denen er sich dann einen ersten Schnitt bauen konnte.

Hätte der Regisseur eine virtualisierte Kamera cloudbasiert selbst führen können?
Das Rig ist physisch und wurde von uns geführt. Der Rgisseur hat durch uns Winkel und Optiken gewählt und die Auflösungen der Shots vorgenommen. Technisch ließe sich das auch so realisieren, dass das Rig fernzusteuern ist, aber in dem Fall führten wir die Kamera selbst. [13404]

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