Ein Klappmaulpuppenvideo vor Greenscreen, kaum Zeit für den Dreh: Die bumm-film-Chefs Tommy und Nico Krappweis sowie Regisseur David Gromer berichten in unserem Heft 7-8/2019, wie der Dreh ihres Musikvideos möglich war.
Kennen Sie Schandmaul? Die Band? Nicht? Das liegt vermutlich am Genre. Die sechsköpfige Band spielt nämlich Mittelalter-Folkrock. Wer allerdings in dieser Szene unterwegs ist, kennt sie mit Sicherheit, denn sie sind die erfolgreichste Gruppe ihres Genres hierzulande und haben seit 2006 jedes ihrer Alben in den Top Ten platziert. Goldene Schallplatten inklusive. Als bumm-film-Gründer Tommy Krappweis für seinen Kinofilm „Mara und der Feuerbringer“ einen Interpreten für den Abspannsong suchte, stieß er auf Schandmaul. Die waren begeistert von Lied und Film und luden ihn gar auf ihr Jubiläumskonzert, um den Song gemeinsam zu performen. „Da ist weniger ein Arbeitsverhältnis, als eine Freundschaft draus entstanden“, sagt Krappweis.
Daher war es kein Zufall, dass im Herbst 2018 die Band an Krappweis’ bumm film GmbH mit dem Auftrag über drei Musikvideos zu ihren Singles des aktuellen Albums „Artus“ herantrat. Das Briefing war kurz. Am wichtigsten war den Rockern, nicht langweilig auf einer Bühne zu performen, es sollten drei unterschiedliche Hingucker werden. Die Bummfilm um Krappweis, dessen Co-Geschäftsführer und Bruder Nico Krappweis und die beiden Allround- Kreativen David Gromer und Norman Cöster, ließ sich etwas einfallen. Das erste Video war ein Zeichentrickvideo mit stilisierten Illustrationen, das zweite ein Live-Action- Film mit Burg und Zauber-VFX, das dritte Video zum Titel „Der Totengräber“ sollte ein Video mit Klappmaulpuppen werden.
AUFWÄNDIGER PUPPENBAU
Die Herstellung solcher Puppen ist arbeits- und zeitaufwendig. Wenn dieser Service hinzugekauft werden müsste, eine eher schlechte Idee. Allerdings befindet sich in den Reihen der bumm film mit Tim Pommorin ein fest angestellter Puppenbauer. Zudem hat das gesamte Team jahrelange Puppenspielerfahrung, erfand das Team um Krappweis doch die allseits beliebte KiKa-Figur Bernd das Brot und schrieb sowie produzierte mehrere Formate mit unzähligen Folgen für den Kinderkanal. Das Team wusste also sehr genau, worauf es sich einließ.
Im Oktober 2018 ging es los. Die beiden anderen Videos waren schon in Auftrag gegeben oder abgedreht. Die Story für den „Totengräber“ dachte sich Tommy Krappweis in Abstimmung mit der Band aus und kommunizierte sie ans Team. Regisseur David Gromer bekam eine halbe DIN-A-4-Seite mit grobem Ablauf. Das ist nicht etwa Zeichen der Unprofessionalität, sondern eher das Gegenteil. „Wir machen das zum Glück ja schon ,ein paar Monate‘“, so David Gromer. „Die Story ist ja recht überschau- bar – kein 90-Minüter mit Actionszenen.“ Die Geschichte sah vor, die Band als Puppen nachzubauen, als Rahmenhandlung sollte ein Puppenkönig seinen Untertanen in immer absurder werdenden Ausformungen den „Zehnten“ abnehmen.
Hierzu baute Tim Pommorin über einen Zeitraum von knapp vier Wochen inklusive der Wochenenden die sechs Bandmitglieder als Puppen, zudem den König und den Tod ganz neu und weitere Puppen auf das Mittelalter-Setting um. Um dem Puppenbauer so viel Zeit wie möglich zu verschaffen, kam Technikchef Nico Krappweis auf zwei grundlegende Ideen. Die Aufnehmen würden ohnehin vor einer Greenscreen stattfinden. Das zeitaufwändige Einfügen der Hintergründe in der Postproduktion wollte man umgehen. Die Aufnahmen sollten live gekeyt und gleich inklusive des vorbereiteten Backgrounds aufgezeichnet werden. Dafür musste die Greenscreen im Bummfilm-eigenen Studio makellos eingeleuchtet sein.
Der zweite Punkt war der Schnitt. Bei Produktionen wie dieser arbeitet die bumm film gerne mit dem Avid Media Composer. Der hat nur einen Nachteil. „Diese vorsintflutlichen Wandlungszeiten sind einfach nicht mehr zeitgemäß“, sagt Tommy Krappweis. Also spielte man das Szenario durch, aus der Kamera über den Bildmischer direkt in den Avid zu gehen und dort aufzuzeichnen. „Das ist das Geile, wenn der Avid zehn Meter Luftlinie vom Set steht“, so David Gromer. Somit blieben vier Tage zur kompletten Produktion.