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Audio Engineer und Colorist in Personalunion

Graden und Mischen

Andreas Hellmanzik ist Musiker und Geschäftsführer der Soundbase Studios und der Cine Complete. Gerdt Rohrbach sprach mit ihm für unser Heft 6.2021 darüber, wie man Ton- und Bildbearbeitung miteinander vereinen kann und welche Vorteile für die Kunden daraus resultieren.

Du bist der Geschäftsführer zweier Unternehmen, eines für Postproduktion im Tonbereich, eines für Schnitt und Grading Wie kam es dazu und warum bietet ihr nicht beides unter einem Namen an?
Als meine Ausbildungsfirma 1997 in Zahlungsschwierigkeiten geriet und verkauft wurde, habe ich mich zusammen mit Marc Bargmann, der bei uns ein Jahr zuvor ein Praktikum absolvierte, selbstständig gemacht und die Soundbase Studios gegründet. Ich bin damals ziemlich blauäugig an die Sache herangegangen, denn von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen und Buchhaltung hatte ich so gut wie keine Ahnung. Kunden, die uns aus der vorherigen Firma kannten, haben uns auch bald angerufen und wollten mit uns arbeiten, unter anderem Warner Music. Für Warner produzierten wir damals viele Werbespots, übernahmen die Vertonung und die Video-Postproduktion und tun dies auch heute noch. Anfang 2002 lernte ich Cord Lappe und Florian Eichinger kennen, mit denen wir viele Werbespots vertonten und auch die Bild-Postproduktion betreuten. Als die beiden 2007 ihren ersten, frei finanzierten Langfilm „Bergfest“ drehten, übernahm ich die Kinomischung. Auch der Videoschnitt wurde von uns betreut. Damit waren wir im Film-Business angekommen. Marc kümmerte sich damals um die Werbeproduktionen und ich baute den Bereich Filmpostproduktion auf. Irgendwann passte dann für diese Tätigkeiten unser Firmenname nicht mehr und so gründeten wir 2016 die Cine Complete. Beide Firmen arbeiten seitdem parallel und ergänzen sich ideal, denn wenn man aus der Werbung kommt, entwickelt man viel Feingefühl für Kleinigkeiten. Das ist eine gute Schule, denn in der Werbung arbeitet man an einem 30-Sekünder oft eine ganze Woche. In der Filmwelt stellt man da manchmal einen kompletten Spielfilm fertig!

Warum kommen eure Kunden gerade zu euch?
Unsere Kunden lieben, was und wer wir sind: Wir sind kein bürokratischer Konzern mit vielen Mitarbeitern, wo man für jeden der unterschiedlichen Bereiche einen anderen Ansprechpartner suchen muss. Wenn uns ein Kunde anruft, dann weiß jeder bei uns über fast alles Bescheid. Wir haben aktuell sechs feste Mitarbeiter und jeder kennt alle aktuel- len Projekte. Ich weiß, wer gerade an der Mischung sitzt, kenne den Stand des Sounddesigns, weiß wer gerade das Voiceover einspricht, wie es um die VFX, das Titeldesign, die barrierefreie Fassung steht. Die Fachkompetenz ist bei uns auch in der Geschäftsleitung vorhanden.

Du bist Ton- und Bildmensch. Worin siehst du den Vorteil, wenn man beide Kompetenzen hat?
Mein Musikerherz spielt bei allem, was ich tue, eine große Rolle. Bei einem Projekt wurde ich mal gefragt, wie ich die Endmusik fände. Ich hielt sie für unpassend und schwach, die Bilder waren viel stärker. Der Regisseur empfand das genauso. Daraufhin wurde neu komponiert.

Als Musiker hat man einfach ein besonderes Rhythmusgefühl für den Schnitt und die ganze Dramaturgie. Ich kann alles wunderbar miteinander verbinden und kann auch in der Mischung die nötigen Emotionen schaffen. Dies geschieht auch durch die richtige akustische Dynamik, durch das Festlegen, wann die Musik hochkommt, und in der Beantwortung der Frage, wo und wann die Dramaturgie am stärksten ist. Es geht mir selbst so, wenn ich einen Film das erste Mal sehe und mir denke: Ja, okay, das ist ganz gut. Dann beginne ich mit der Mischung und dabei kommt es dazu, dass alles seinen richtigen Platz und seinen eigenen Raum bekommt. Und so wird ein Film, den man anfänglich so lala empfand, mitunter ganz schön emotional, und wenn ich dann alles richtig mache, muss ich selbst irgendwann die eine oder andere Träne verdrücken, weil es einen dann einfach selbst packt. Bei einem Film Mischung und Grading zu übernehmen, ist einfach genial.

Wann bist du mit deiner Arbeit zufrieden?
Wenn ich im Abnahmekino sitze und wirklich keinen Punkt mehr habe, bei dem es mir durch den Kopf schießt, dass ich da besser noch einmal darübergegangen wäre. Unsere Kunden schätzen es, dass wir – manchmal auch unbezahlt – perfekte Arbeit abliefern. Manchmal muss man natürlich auch Kompromisse machen, insbesondere wenn es der Sendetermin erforderlich macht, aber das mag ich persönlich überhaupt nicht. Da arbeite ich dann lieber ein Wochenende durch, da- mit die Sendekopie sauber abgeliefert wird.

Du arbeitest unter anderem auch im Filmmuseum von Bendestorf. Wie bist du darauf verfallen?
Ich bin durch ein anderes Filmprojekt auf diese Location aufmerksam geworden, obwohl ich nur sechs Kilometer davon entfernt wohne. 2016 hatte ich die Dokumentation „Als Hollywood in der Heide lag“ in der Postproduktion und durfte die Mischung und das Grading übernehmen. Damals stand der Komplex kurz vor dem Abriss und Matthias Greving von Kinescope Film hat total von diesem Ort geschwärmt. Ich bin dann hingefahren und habe mir die alten Filmstudios angeschaut. Ich war begeistert und nahm Kontakt zu Walfried Malleskat, dem Vorstandsvorsitzenden, auf. Wir haben darüber gesprochen, wie in Bendestorf weiterhin Filmgeschichte stattfinden könnte – und zwar im Bereich der Postproduktion. Dafür fand ich offene Ohren im gesamten Verein. Auf dem Areal befindet sich noch das alte Produzentenkino, in dem in den 1950e Jahren die Abnahmen stattfanden. Das Kino hat also neben der Optik und der Patina auch eine hervorragende Akustik. So lag der Gedanke nahe, den Saal mit aktueller Projektionstechnik und einer 7.1-Abhöre auszustatten. Die Nordmedia hat uns bei diesem Vorhaben unterstützt und 2020 haben wir mit den ersten Produktionen begonnen und bei uns im Kino fünf Spielfilme, drei Dokumentarfilme und einige Kurzfilme gegradet und gemischt. Der Spielfilm „Schlaf“, der von Verena Gräfe-Höft produziert wurde, feierte dort noch vor der Berlinale seine inoffizielle Premiere.

Inspiriert dich dieser Ort bei deiner Arbeit?
Auf jeden Fall! Es herrscht eine wundervolle Atmosphäre. Es ist ganz anders, als wenn man jeden Tag hektisch nach Hamburg reinfahren muss. Im Filmmuseum herrscht absolute Ruhe, und trotzdem spürt man in jedem Winkel die Geschichte und das Treiben dieses magischen Ortes und das beflügelt natürlich auch die eigene Kreativität ungemein. Meine Kunden lieben diesen Ort so wie ich und wir schreiben mit Cine Complete nun weiter dort Geschichte. [14605]

 

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