Auf dem Filmschoolfest Munich wurde der Regisseur und DoP Ian B. Morales, Absolvent der National School of Film Arts in Mexico City, mit dem Student Camera Award für seine Arbeit bei „The Water’s Whisper“ ausgezeichnet. Wir sprachen in unserer Ausgabe 1–2.2022 mit dem Preisträger.
Ian B. Morales, Jahrgang 1993, wuchs in der südmexikanischen Stadt Jaltenango de la Paz auf. Ab 2013 studierte er Filmregie an der National School of Film Arts in Mexico City, wo „The Water’s Whisper“ seine Abschlussarbeit war. Die Jury des Student Camera Awards beim Filmschoolfest Munich lobte „die hervorragende Bildkomposition und die präzise gewählte Kadrierung in einem technisch anspruchs- vollen Umfeld“, die eine einzigartige Atmosphäre der Sinnlichkeit“ schaffe.
Was bedeutet die Auszeichnung mit dem Student Camera Award für dich?
Der Student Camera Award für „The Water‘s Whisper“ hat mir viel bedeutet, insbesondere nach dem langen und kom- plizierten Prozess, der nötig war, um dieses Projekt zu realisieren. Zu Beginn der Produktion mussten wir die riskante Entscheidung treffen, die Geschichte in unkonventioneller Weise zu drehen, außerdem war ich gleichzeitig für Regie und Kamera verantwortlich. Der Student Camera Award zeigt, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Ich fühle mich inspiriert von dieser Auszeichnung. Sie steht für den Abschluss meiner Ausbildung und treibt mich an, meine Fähigkeiten weiter zu perfektionieren und neue Recherchen zu starten.
Was war dein visuelles Konzept für „The Water’s Whisper“?
Das Bild der Meerjungfrau hat die Geschichte von Anfang an inspiriert und letztendlich ihre Ästhetik bestimmt: schön und sanftmütig, aber auch stark und gefährlich. Wir wollten in der Darstellung dieser Welt, die wir in den Lagunen von Chiapas im Süden Mexikos gedreht haben, sehr naturalistisch bleiben, die Mystik des Dschungels zeigen, aber gleichzeitig die Geschichte aus dem subjektiven Blick eines Teenagers darstellen, der die Erfahrung seiner eigenen Realität aufgrund seiner menschlichen Impulse verzerrt. Der Dschungel und das Wasser haben eine große dramatische Bedeutung. Ich wollte eine magische Atmosphäre schaffen, ohne jedoch in der reinen Fantasie zu landen. Ich war sehr vom magischen Realismus Lateinamerikas inspiriert, als ich den Film konzipierte.
Andererseits wollten wir dem Betrachter ein immersives Erlebnis bieten, das durch den Rhythmus des Films unterstützt wird, oft mit langen Einstellungen, die sich im Inneren wandeln. Der Protagonist dringt tiefer in das Dickicht des Dschungels ein und führt das Publikum mit sich in seine zunehmend dunkle Erfahrung. Eine Lagune wird zum Bild des tiefsten Inneren eines Teenagers und eine Frau im Wasser wird zur Meerjungfrau.
Was waren die technischen Herausforderungen des Projekts und welches Equipment hast du eingesetzt?
Bei diesem Projekt haben wir uns dafür entschieden, die Ausrüstung, mit der wir normalerweise arbeiten, gegen ein einfacheres und flexibleres Setup auszutauschen. Ich wollte den Dschungel unbedingt mit dem vorhandenen natürlichem Licht drehen. Dazu habe ich eine Sony Alpha 7s II mit Sony-Objektiven und ZEISS Compact Primes verwendet. Durch das kompaktere Equipment reichte dann unser Budget auch, um viele Drehtage an einer realen und schwierigen Location zu haben. Wir hatten dort einen See mit kristallklarem Wasser, um die Unterwasserszenen mit den Sonnenstrahlen und den Texturen einer echten Lagune zu realisieren. Auch haben wir einen ausgetrockeneten Wasserfall mit einer Pumpe reaktiviert! Das Filmen unter extrem heißen und feuchten Bedingungen war nicht einfach und oft wollte ich die Kamera in schwierigen Positionen haben. Wir mussten dazu einige Rigs bauen, um die Ausrüstung und die Crew zu sichern, ohne der Natur zu schaden.
Die größte Herausforderung war jedoch, dass die Sony Alpha 7s II nur mit 8 Bit Farbtiefe aufzeichnet. Deswegen waren wir bei den Möglichkeiten im Grading sehr eingeschränkt. Also mussten wir den Look direkt am Set erzielen und konnten manchmal für eine Sequenz nur wenige Minuten eines Drehtags wirklich nutzen. Wenn wir nicht fertig wurden, mussten wir am nächsten Tag genau zur gleichen Zeit zurückkehren und weitermachen.
Wie hat es funktioniert, gleichzeitig Regisseur und DoP zu sein?
Es gab einiges an Arbeit in der Vorproduktion, um zu verstehen, was wir aufnehmen wollten. Es gab auch einige Storyboards, aber dieses Material diente eher zum „Studieren“ des Films, wir haben sie am Set nicht verwendet. Da ich auch das Drehbuch geschrieben habe, sind die Entscheidungen als Kameramann fast unbewusst und intuitiv gefallen. Gleichzeitig sind mir Zusammenarbeit, Teamwork und der kreative Dialog sehr wichtig. Gaffer Agustin Galvan, Art Director Jazmin Guerra und die Produzentin Isabel Barajas, die auch als Schauspielcoach fungierte, haben hier als kleine Crew sehr eng zusammengearbeitet.
Der Look entstand ja schon in der Kamera. Welche Anteile des Films hast du in der Postproduktion ge- staltet?
Das Sounddesign war sehr wichtig. Isabel Barajas hat das in 7.1 abgemischt, um das räumliche und rhythmische Erlebnis zu erweitern. Das Sounddesign hatte direkten Einfluss auf das Bild, das wiederum das Editing beeinflusste. Wir haben auch VFX-Elemente in VFX aus Plates vom Set hinzugefügt. Es war spannend, von der Tonmischung ins Grading und zurück zu gehen und Bild und Ton zu ändern, bis ein harmonisches Kinoerlebnis entstand. [14998]