Jetzt online: “Reunification Express” von Holger Jungnickel
von Redaktion,
Im Frühjahr fuhr Holger Jungnickel im Rahmen seines Studiums an der HFF München für mehrere Wochen nach Vietnam. In der Ausgabe /2017 berichtete er für uns von dem Dreh und vom Einsatz seiner Technik, die er speziell für den Auslandseinsatz auswählte. Jetzt ist der 27-minütigen Dokumentarfilm “Reunification Expresss” online.
Wie sich relativ früh herausgestellt hatte, würden wir keine Drehgenehmigung erhalten. Für westliche Filmemacher wie uns, kann das in einem der letzten kommunistischen Ländern der Welt durchaus zu Schwierigkeiten führen. Folglich war damit ein Dreh mit offensichtlich professioneller Technik ausgeschlossen. Auf der Suche nach der richtigen Kamera bekam ich die Ankündigung der Panasonic GH5 mit und dachte, dass diese wohl genau das goldene Mittel sein könnte. Kleiner Body, kleine Optiken, interne 10bit 4:2:2 Aufzeichnung des V-Log Signals und Fünf-Achsen-Stabilisierung in Kamera und kompatiblen Linsen. Leider gab es auch ein Problem: Die Kamera sollte erst Ende März 2017 verfügbar sein und unsere Drehzeit lag im Februar. Zu meiner großen Freude stellte mir Panasonic eines der wenigen Vorserienmodelle sowie die neuen Panasonic MFT-Zooms 12-35mm F2.8 II OIS und 35-100mm F2.8 II OIS als auch das großartige Leica 12mm 1.4 zur Verfügung.
Um der vermutlich atemberaubenden Landschaft Vietnams gerecht zu werden, sollte zudem auch eine Drohne eingesetzt werden. Die nächsten Schwierigkeiten standen an. Zum einen war ich noch nie eine Drohne geflogen und zum anderen könnte diese neben ihrem zusätzlichen Platzbedarf in einem politisch sensiblen Land zu unerwünschter Aufmerksamkeit führen. Die Lösung erhoffte ich mir in der ebenfalls recht neuen DJI Mavic Pro. Dank DJI konnte ich sehr kurzfristig nur einen Tag vor Abflug noch eine der bis dahin schwer zu bekommenden Mini-Drohnen ergattern.
Da es mir bis zum Ende doch etwas verwegen vorkam, alleine mit einer Vorserien-Kamera und einer mir noch unbekannten (und durchaus skeptisch gegenüberstehenden) Drohnentechnik bewaffnet eine dreiwöchige Dokumentation realisieren zu wollen, packte ich noch eine Sony FS5 und zwei Zooms ein. Für den Ton sollte hauptsächlich ein TinyMike von Ambient bzw. Rode VideoMic Pro auf der Kamera zum Einsatz kommen – je nachdem wie unauffällig ich sein musste. Für den absoluten Ernstfall hatte die GH5 auch ein eingebautes Mikrofon und für gesetzte Interviews waren noch eine Angel mit MKH16, Lectronics Funkstrecken und ein 4-Kanal Sounddevice vorhanden.
Anfang Februar stiegen wir endlich in den Flieger Richtung Hanoi. Nur mit einem Rucksack voll Technik und einem Koffer mit dem Nötigsten für 3 Wochen, gelang uns ohne große Probleme die Einreise nach Vietnam. Nach 30 Stunden Reise ohne nennenswerten Schlaf überforderte uns Hanoi und sein typisch asiatischer Rhythmus erst einmal. Doch auch das unterschätzte Jetlag konnte uns nicht von den ersten Recherchen im Nachtleben der Hauptstadt im Norden Vietnams abhalten. Schnell bestätigte sich, dass zur Kommunikation mit den mutmaßlichen Protagonisten neben vietnamesisch leider keine Alternative blieb.
Am nächsten Tag trafen wir bereits unseren vietnamesischen Producer Truc und einen Übersetzer, welcher uns bei unseren Dreharbeiten unterstützte. Da wir zu fünft fünf Filme drehen wollten, unterstützten wir uns nach Kräften und Möglichkeiten gegenseitig. Somit sollten auch nur wenige Stunden vergehen, bis wir uns zum ersten Drehort aufmachten. Viel Zeit für Recherche blieb da nicht und man musste dem Producer viel Vertrauen bezüglich dem Gespür für Protagonisten und Orte zukommen lassen. Mein Film sollte dem roten Faden der eingleisigen Zugverbindung zwischen Hanoi und Saigon folgen. Ich wollte ein geeinigtes Land zeigen und mich dem Kommunismus unvoreingenommen nähern. Schließlich gehört Vietnam zu den wirtschaftlich am stärksten wachsenden Ländern der Welt – da musste ja irgendwas ganz gut laufen.
Um einen Einstieg in meine Geschichte zu finden, machte ich mich am zweiten Tag in Richtung Hauptbahnhof auf den Weg, vielleicht ließen sich schon ein paar Bilder von aus- und einfahrenden Zügen drehen. Denn da wir die gesamte Strecke nur einmal fahren konnten, mussten die entsprechenden Außenaufnahmen des Zuges vorher entstehen. Leider musste ich recht schnell feststellen, dass sich dies nicht so einfach gestalten wird. Ohne Ticket war ein Betreten des Bahnsteiges nicht möglich und man wurde nach wenigen Sekunden vom Personal angewiesen, sich dieses zu kaufen oder den Bahnhof zu verlassen. Natürlich ließ ich mich dadurch nicht von meinem Tagesziel abbringen. Irgendwo musste es hier ja eine „Hintertür“ geben. Ich konsultierte die Satellitenansicht der Umgebung auf meinem Handy und entdeckte ein paar hundert Meter entfernt einen Durchgang in der angrenzenden Häuserzeile, die den Blick auf das Bahnhofsgelände versperrte. Dort angekommen, konnte ich erneut die Schienen des Bahnhofs sehen. Nach wenigen Metern jedoch wurde ich bereits von einem ´Pförtner’ zurückbeordert. Wohl doch nicht so einfach. Egal, ich lief die Straße weiter parallel der Häuser entlang, bis ich an eine größere Kreuzung gelangte, an der eine Straße die Schienen kreuzte. Von den vielen Gleisen war noch eins übriggeblieben, was durch ein schweres Eisentor in die Stadt hinausführte. Das Tor stand offen, ich schien also willkommen.