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TV-Live-Produktion der Bundestagswahl 2021

Konzentration und Tempo

Berlin stand am 26. September 2021 politisch im Mittelpunkt der nationalen und internationalen TV-Berichterstattung. Im ARD-Hauptstadtstudio herrschte emsige Betriebsamkeit, um live bis spät in die Nacht über die Bundestagswahl 2021 sowie zwei Landtagswahlen zu berichten. Die ARD-Produktionsleitung hatte nahezu alles an Personal und Material aufgeboten, um diese lange Livestrecke mit etlichen Außenschalten zu realisieren.Wir haben uns das Geschehen für unsere Ausgabe 12.2021 hautnah und direkt aus den Kulissen angeschaut.

Das ARD-Wahlstudio mit Kameraleuten
Foto: Creative Art Production (Bild: Creative Art Production (CAP))

Samstagnachmittag, gut 24 Stunden, bevor die letzten Stimmen bei der Bundestagswahl 2021 abgegeben werden: Ein Quartett von Security-Mitarbeitern in schwarzen Anzügen und mit Ohrhörern steht vor dem Eingang des ARD- Hauptstadtstudios an der Wilhelmstraße in Berlin, das in Sichtweite zum Reichstaggebäude an der Marschallbrücke liegt. Trotz des einschüchternden ersten Eindrucks ist die Begrüßung freundlich und die Glasschiebetüren öffnen sich. In der Lobby ist rechts ein Reporter-Set des Bayerischen Rundfunks mit Kamera, Monitor, Mikrofonen, LED-Beleuchtung und Stehtisch aufgebaut. Auf der linken Seite hat sich der Mitteldeutsche Rundfunk ähnlich eingerichtet. Vor der nächsten geschlossenen Glasschiebetür werden Identität und 3G-Status überprüft, danach ging es mit einem Akkreditierungsband um das Handgelenk und aufgesetzter FFP2-Maske zusammen mit dem Produktionsleiter des ARD-Hauptstadtstudios Werner Melzer durch die für die TV-Produktion relevanten Räume auf fünf Etagen und das Set des Wahlstudios im ersten Obergeschoss des Lichthofes. Draußen surrten zwei Stromgeneratoren, die eine Leistung von 500 kVA für das Wahlstudio und den Ü-Wagen lieferten und komplett unabhängig von der Hausstromversorgung betrieben wurden. Für die Verkabelung im Gebäude und zum Ü-Wagen wurden etwa 100 Meter Stromkabel verlegt. Durch das bewachte Hoftor ging es ans gesperrte Reichstagufer, wo der Ü8 HD samt Rüstwagen von Studio Berlin am ARD-Hauptstadtstudio abgestellt war.

Kameraleute mit EB-Studio-Kameras
Bei der Übertragung aus dem ARD-Hauptstadtstudio kamen acht Grass Valley LDX86-Kameras zum Einsatz. (Foto: Creative Art Production) (Bild: Creative Art Production (CAP))

Redundanter Workflow

Ein besonderes Augenmerk, so André Schumann, Projektleiter für die Bundestagswahlsendung 2021 von Studio Berlin, wurde auf die Ausfallsicherheit von wichtigen Geräten und den Verbindungsleitungen zu den Außenstellen gelegt. Deshalb war unter anderem die Bildregie des Ü-Wagens vollredundant mit der Bildregie im ARD-Hauptstadtstudio verknüpft worden. Im Havariefall hätte so die jeweils andere Regie sofort nahtlos übernehmen können. Ein Transporter von MTI Teleport München stand samt Techniker neben dem Rüstwagen. Dort liefen alle Glasfaserverbindungen des MTI-Teleport-Netzes zu den Außenstellen in den Parteizentralen in Berlin und München, dem Landtag in Schwerin, dem Abgeordnetenhaus in Berlin, ins ARD-Netz und zum Ü-Wagen auf.

Bei der Durchlaufprobe war die Stimmung noch relativ entspannt. Besonderes Augenmerk lag auf einer stabilen und störungsfreien Kommunikation zwischen allen Protagonisten, dem Ü-Wagen, der ARD-Hausregie, der „Tagesschau“ in Hamburg und allen Außenstellen. Daher wurde jede Schalte am Vortag der Wahlen explizit mit Bild, Ton und geprobt. Dafür wurde im Rüstwagen eigens ein Arbeitsplatz für einen Techniker von Riedel Communications eingerichtet. Beteiligt waren die Außenstellen in den Parteizentralen von AfD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU, FDP, Linke und SPD in Berlin sowie der CSU in München. Eine Außenstelle gab es anlässlich der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern gab es eine weitere Außenstelle im Landtag in Schwerin. Drei zusätzliche Außenstellen befanden sich in Potsdam, Düsseldorf und einem Münchener Biergarten.

Im Ü8 HD waren drei EVS mit jeweils einem Operator im Einsatz. Zwei Systeme waren achtkanalig, eins zwölfkanalig. So war sichergestellt, dass alle Statements von Politikern oder Interviews in einer Außenstelle am Wahlsonntag jederzeit aufgezeichnet und dann nach Bedarf abgerufen werden konnten, selbst wenn sie zur gleichen Zeit stattfanden. Großen technischen und personellen Aufwand betrieb Infratest dimap, Gesellschaft für Trend- und Wahlforschung, die im Hauptstadtstudio alle Daten zu den Wahlen für die ARD erhob, auswertete und als TV-Grafik ausgab. Diese Daten wurden für die Bildregie und den 84-Zoll-Touchscreen von Moderator Jörg Schönenborn bereitgestellt. Alle Daten, die zur Prognose, den Hochrechnungen und zu Sitzverteilungen in den Proben verwendet wurden, waren am Samstag selbstverständlich noch fiktiv. Der lichtsetzende Kameramann ließ noch ein paar Scheinwerfer im Studio justieren. Dann endete die Durchlaufprobe mit einer Abschlussbesprechung.

Kameramann mit Steadicam im ARD-Hauptstadtstudio
Presenterposition und Steadicam: Im Wahlstudio war beinahe jeder Quadratzentimeter verplant. (Foto: Creative Art Production) (Bild: Creative Art Production (CAP))

Set-Aufbau und Kameras im ARD-Wahlstudio

Im Wahlstudio der ARD in der ersten Etage des Lichthofes im ARD-Hauptstadtstudio war beinahe jeder Quadratzentimeter verplant. Meterlange Kabel mussten zwischen Ü-Wagen, Stromaggregaten und Wahlstudio für Kameras, Beleuchtung, Ton, Monitore im Moderationstisch, Videowalls, mehrere Glasfaser-Stageboxen und Netzwerk-Datenverbindungen für unzählige Computer und unsichtbar im TV-Bild verlegt werden. Mit den Aufbauarbeiten wurde bereits eine Woche vor der ersten Probe begonnen. Am Mittwoch vorher kam der Ü8 HD von Studio Berlin zum Aufbau dazu.

Dem ARD-Regisseur Andrè Müller standen acht Grass Valley LDX86 Kameras zur Verfügung, davon vier Kameras auf Pumpe, eine Krankamera, eine drahtlos angebundene Steadicam, eine Schulter-Kamera sowie eine Kamera auf dem Dach des Hauptstadtstudios. Das HD-Bild wurde im Ü- Wagen in 1080i produziert und als Programm an den ARD- Stern beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main per Glasfaserleitung zur Distribution übertragen. Studio Berlin setzte für die TV- Produktion 32 Mitarbeitende ein.

Alle Moderatorinnen und Moderatoren der Wahlsendung und der ARD-Tagesschau wurden mit Kopfbügelmikrofonen und drahtlosen Sendern sowie mit In-Ear-Systemen und drahtlosen Empfängern für die Kommunikation ausgestattet. Acht drahtlose Handsender mit neutralem blauem Windschutz standen für die Gäste und Politiker zur Verfügung. In der Tonregie des Ü8 HD lagen die 24 Außenstellen an und wurden dort verwaltet. Insgesamt wurden 130 Kanäle an einem Lawo-mc266-Pult in Stereo als Sendeton gemischt. Die aufwendige Kommunikation mit 50 SIip VoIP Codecs wurde ebenfalls über die Tonregie des Ü8 realisiert. [14957]


Möchten Sie mehr über die Live-Produktion der ARD-Wahlsondersendung erfahren? Hier geht es zum kompletten Artikel!


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