DoP David Eggby über seinen Ansatz der Bild- und Lichtgestaltung
Meister der Dunkelheit – DoP David Eggby
von Christian Genzel,
Der Kameramann David Eggby wurde mit dem australischen Endzeit-Klassiker „Mad Max“ bekannt, für seine Arbeit an dem Science-Fiction-Film „Pitch Black“ wurde er 2001 von der Australian Cinematographers Society als Kameramann des Jahres ausgezeichnet. Im Interview für unsere Ausgabe 7–8.2021 erzählte der 1950 in London geborene, aber in Melbourne aufgewachsene Eggby, was seine besondere Lichtgestaltung ausmacht und wie er seine Bilder einfängt – und zeigte sich dabei vor allem als Pragmatiker.
„Ich glaube, die Art, wie man es macht, zeigt, was für eine Person man ist“, meint David Eggby auf die Frage, was seine Bildgestaltung auszeichnet. „Ich mag es nicht, die Dinge zu weich werden zu lassen. Viele Filme, die ich gemacht habe, sind kantige, harte Filme. Ich gehe einfach so heran, wie ich glaube, dass es für den Film nötig ist.“ Er zuckt mit den Schultern. Als Künstler sieht er sich jedenfalls nicht, nur als Handwerker: „Filmemachen ist zu 75 Prozent System, zu 20 Prozent Handwerk. Wenn alle Systeme arbeiten und jeder sein Handwerk beherrscht, dann kann man vielleicht ein wenig Einfluss ausüben und etwas mehr kriegen.“ Dieser Pragmatismus scheint immer wieder durch im Gespräch. Eggby redet gerne über technische Lösungen, über die Prozesse und das Handwerk. Er ist freundlich, manchmal zeigt er ein verhaltenes Lächeln, aber viel Aufhebens um seine Person oder seine Arbeit will er gar nicht machen. „Ich habe keine Ahnung, wie ich Bildkompositionen gestalte. Ich glaube einfach, es gibt einen richtigen und einen falschen Weg, Bilder zu gestalten“, lacht er an einer Stelle.
Landschaft als Teil der Geschichte
In Eggbys Filmen spielen oft die Landschaften eine große Rolle, ob es das australische Outback in „Quigley der Australier“ ist, die Wüste bei Coober Pedy in „Pitch Black“ oder die klassischen amerikanischen Westernlandschaften von New Mexico, Arizona und Utah in „Lightning Jack“. „Die Landschaft ist Teil der Geschichte und sollte so viel wie möglich eingefangen werden“, führt Eggby aus. „Das Geheimnis, an solchen Orten zu drehen, ist es, so viel von der Seite und von hinten zu beleuchten wie möglich. Sobald das Licht von vorne kommt, vor allem in Ländern wie Australien, ist alles zweidimensional. Es gibt keine Schatten, keine Tiefe. Selbst beim Gegenschuss kann man tricksen. Der müsste dann von vorne beleuchtet sein, aber es geht um den Look, und niemandem wird auffallen, dass das Licht nicht von vorne kommt, obwohl es das sollte.“
„Natur ist etwas so Schönes. Ich glaube, das lernt man sehr schnell in Australien“, meint er. Aber: „Australien ist kein leichter Ort zum Filmen. Australien sieht vom Sonnenaufgang bis ungefähr 9 Uhr morgens großartig aus, und dann ab ungefähr einer Stunde vor Sonnenuntergang. Mitten am Tag kann Australien sehr hässlich sein, man hat Licht direkt von oben und keine Schatten.“ Bevor seine stimmungsvollen Landschaftsaufnahmen aber zu besonders klingen, wiegelt er wieder ab: „Im australischen Outback kann man gar nicht falsch liegen, wenn man an der richtigen Stelle steht und das Licht von hinten kommt. Das ist halt das, was man als Kameramann macht. Ich will nicht im Outback alles hier filmen“, meint er und deutet mit den Händen eine Nahe auf seinem Gesicht an. „Ich setze ein Proszenium auf und lasse die Leute sich im Bild bewegen. Ich habe 40 Filme mit den alten anamorphen Objektiven gedreht, die eignen sich für diese weiten Landschaften. Die Leute gehen durch das Bild, zur Kamera, weg von der Kamera – mehr, als dass ich mich viel bewege. Ich lasse die Leute sich zurücklehnen und alles anschauen, lasse das Bild im statischen Frame spielen und bewege mich dann, wenn ich muss. Die beste Dollyfahrt ist eine, die man gar nicht merkt.“
Überhaupt will er vermeiden, dass die Zuschauer auf ihn selbst achten: „Man muss vorsichtig sein, dass die Leute nicht merken, dass da eine Kamera ist“, erklärt er. „Ich glaube einfach, man muss die Dinge so filmen, wie sie sind, und das Objektiv dazu verwenden, es zu verbessern, ohne dabei zu viel zu täuschen.“
Licht und Dunkelheit
Was Eggbys Arbeit in Filmen wie „Pitch Black“ oder „Virus“ besonders auszeichnet, ist seine kreative Beleuchtungsarbeit im Dunkeln. Mit wenig Licht zu arbeiten, hat natürlich immer seine Gefahren: „Es gibt Filme, die ich nicht nennen will, die so dunkel sind, dass man auch gleich ein Hörspiel hätte machen können“, frotzelt er. „Aber es gibt Schwärze und es gibt Dunkelheit, FilmDunkelheit.“ In der gibt es durchaus Lichtquellen: „Es gab einen Film, bei dem der Regisseur meine Nacht-Beleuchtung in Frage gestellt hat, weil es draußen Schatten auf dem Boden gab. Aber wenn man in einer Vollmondnacht rausgeht, ist das Licht tatsächlich sehr hell, und es gibt sehr deutliche Schatten.“ „,Pitch Black‘ war beinahe eine Meisterklasse in Sachen Kameraarbeit und Beleuchtung im Dunkeln“, führt Eggby aus. Die entsprechenden Szenen wurden im Studio in Queensland gedreht: „Es war leer, abgesehen von dem Dreck, den sie für die Hügel hereingeholt haben. Am Gerüst sind ein paar Lampen, ich habe eine 20 kW als einziges Backlight. Das greift die Silhouetten auf und setzt sie vom Hintergrund ab. Der Boden darf nicht zu hell werden, sonst sieht er falsch aus.“ Als zusätzliche Lichtquelle dienen oft Elemente der Handlung. „Ich nenne das ‚Ausstattungslicht‘“, meint Eggby.
Beispielsweise sammeln die Figuren an einer Stelle Würmer ein, die wie Glühwürmchen leuchten, und pressen sie in eine Flasche – die Requisite verwendet dafür das Material, das in Lichtstäben zu finden ist. „Die Flasche sieht toll aus, aber sie wirft kein Licht auf den Schauspieler. Und man will nicht anfangen, von außen zu leuchten, das sieht falsch aus. Also nimmt man kleine 100-mmKinoFlo-Röhren in Tageslichttemperatur, also blau, und die Requisite oder der Beleuchter bringt sie an der Rückseite der Flasche an, und ein Kabel läuft am Arm des Schauspielers entlang in eine Batterie.“ [14662]