Ausbildungs-Dreh mit Canon C100 und CN-E-Festbrennweiten
Premiere mit Primes
von Bernd Siering,
Bernd Siering war wieder mit seinen Kameraschülerinnen und -schülern des Berufskollegs für Gestaltung in Rheinbach unterwegs. Bei einem Bewerbungsvideo für ein Kamerastudium setzte seine Elevin Salome Voosen zum ersten Mal Festbrennweiten ein und berichtete ihm für unsere Ausgabe 12.2020 von ihren Erfahrungen mit den Canon CN- E-Vollformat-Primes.
Wäre es nach dem gegangen, was Salome Voosen für den Wunsch ihrer Familie hielt, hätte sie „etwas Anständiges“ gelernt. Zunächst folgte sie auch dem vermeintlichen Konsens und landete nach ihrem Realschulabschluss 2014 auf einem Berufskolleg für Sozial- und Gesundheitswissenschaften. „Dort habe ich aber sehr schnell gemerkt, dass ich unglücklich war, mich dort nicht sah“, sagt Salome Voosen. „Ich musste meine alte Leidenschaft leben!“ Ihre alte Leidenschaft: Filme drehen. „Ich habe immer davon geträumt, meine Gedanken und Ideen filmisch umzusetzen. Dabei habe versucht, so kreativ wie möglich zu sein, eigene Drehbücher zu schreiben und habe mir immer wieder ausgemalt, wie es wäre, diese Charaktere in einem Film zum Leben zu erwecken, die Kamera selbst zu führen, mich mit der Regie und Autorenarbeit auseinanderzusetzen.“
Salome Voosen wechselte auf das Staatliche Berufskolleg Rheinbach, um dort die schulische Ausbildung zur Medientechnischen Assistentin zu absolvieren. „Es war, als hätte ich meinen Traum in die Tat umgesetzt! Ich lernte mehr, als ich mir je vorgestellt hatte, durfte endlich in die Welt der Medien eintauchen, hatte Fächer wie Audiovisuelles Gestalten, 3D-Animation, Gestaltungslehre, Fotografie oder Kunstgeschichte. Das hat mich fasziniert. In der Zeit am Berufskolleg wurde mir klar, dass ich mich in der Zukunft auf jeden Fall im kreativen Filmbereich sehe – und dass ich noch viel mehr erreichen will.“
Bewerbungsfilm mit Vollformat-Look
Im nächsten Schritt bewarb sie sich für ein Duales Studium an der IUBH in Köln. Dort würde sie Design und Film miteinander kombinieren, parallel zum Studium arbeiten gehen und so den Berufsalltag in einer Filmproduktionsfirma kennenlernen können. „Ich habe eine Hochschule gesucht, die mich fördert und meine Kreativität annimmt und ausbauen kann“, so Voosen. „Besonders gefiel mir der Gedanke, dass ich zugleich studieren könnte, um später meinen Bachelor in der Hand zu halten und gleichzeitig viel Erfahrung in der Praxis zu gewinnen.“
Noch bevor es damit losging, engagierte sie ihr ehemaliger Klassenkamerad Henning Kopp als Kamerafrau für einen Bewerbungsfilm. Sie machte sich gleich an die Umsetzung. Schon zuvor hatte sie mit einer Freundin Kurzfilme gedreht sowie Musikvideos produziert und dort den Fokus auf gesellschaftskritische Themen gelegt. Auch das aktuelle Projekt sollte in diese Richtung weisen. „Es geht dort um eine junge Frau, die in Afrika geboren wurde. Celine wurde in einer Plastiktüte in einem Slum in Nairobi gefunden, sie hatte noch Käseschmiere am Körper und weiß ihren Geburtstag nicht. Viele Neugeborenen werden auch umgebracht oder in den Fluss geworfen.“ Celine hatte Glück, wurde gefunden und kam in ein Kinderheim. Im Alter von vier Monaten nahmen ihre Adoptiveltern sie mit nach Deutschland. Seitdem lebt Celine hier. Im Film berichtet sie über die Diskriminierung, die ihr täglich begegnet und wie katastrophal sie sich auf die Psyche eines Kindes auswirken kann. „Oft hat sie gedacht, lass es über dich ergehen, du siehst halt anders aus“, sagt Salome Voosen. „Aber sie will nicht mehr. Sie will nicht dafür bestraft werden, anders auszusehen.“
Bei der gestalterischen Umsetzung des Themas schwebte der Kamerafrau ein Look vor, den sie bislang in ihrer Ausbildung nie hatte umsetzen können. Mit Festbrennweiten, offener Blende und Aufnahmen im Dämmerlicht wollte sie im Bild eine abstrakte Ebene einziehen, die als Hintergrund und Projektionsfläche für die im Film geäußerten Gedanken der Protagonistin dienen sollte.
Canon CN-E-Primes
„Bei dem Dreh hatte ich die lichtstarken CN-E-Optiken von Canon als Leihgabe zur Verfügung. Damit konnte ich die Lichtgestaltung realisieren, die ich mir vorgestellt hatte“, erläutert Salome Voosen. „Wenn die Blende offen ist, wird der Hintergrund so unscharf, dass es ein wunderschönes Bild ergibt. Ich denke, das ist das Besondere an dem Film, dass wir fast im Dunkeln gedreht haben und durch diese lichtstarken Optiken eine unglaublich schöne Szenerie gestalten konnten.“
Im Vergleich zu den stabilisierten Zoom-Optiken, mit denen sie bislang arbeiten konnte, war das so etwas wie eine Offenbarung. „Solche Objektive hätten wir schon gerne früher in unserer Ausbildung gehabt. Wir ahnten ja nur, dass es so etwas gibt! Damit ergeben sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten, die Unschärfe ist wunderschön. Das 135er bei offener Blende lässt die Scheinwerfer der Autos zu großen, runden, bewegten Flächen werden und ich fand, das passte sehr gut zu den Gedanken von Celine im Off.“
Doch auch im Handling erforderten die Festbrennweiten eine andere Herangehensweise. „Klar, wie der Name sagt, ist die Brennweite fest und es gibt kein Heranzoomen. Ich musste mich also mehr bewegen, die Perspektive verändern und ich finde, dadurch arbeitete ich sozusagen automatisch kreativer in der Bildgestaltung.“ Auch ohne die gewohnte Bildstabilisierung zu drehen, war anfangs eine Umstellung.
Nun steht für Salome Voosen das Duale Studium bevor. „Um mich darauf vorzubereiten, habe ich ein Praktikum bei der Filmproduktionsfirma Fandango in Köln angenommen. Dort bin ich gerade als Cutter-Assistentin tätig und arbeite mit dem Avid Media Composer, was mir am Anfang echt Kopfschmerzen verursacht hat, da ich sonst all die Jahre mit Premiere zu tun hatte! Mittlerweile sitzen aber die Handgriffe“, sagt Salome Voosen. Auch sonst ist sie optimistisch. „Das Studium wird anstrengend und ich werde wahrscheinlich oft aufs Gesicht fallen, aber ich bin sicher, dass meine Grundmotivation mich immer wieder zurück auf die Beine stellen wird!“ [13830]
Erstaunlich, was Menschen bemerken, wenn sie plötzlich mit “nicht so viel Technik” arbeiten.
Vor > 40 Jahren gab es praktisch nur Festbrennweiten. Man bekam ein (oder auch zwei) Objektiv(e) und musste abliefern. Dadurch lernte man Perspektive, Schärfentiefe, Bokeh (das damals noch nicht so hieß 😉 etc. zu handhaben.
Wenn man heute auf einem Zoom für kleine Sensoren übt, gibt es das alles nicht… wie / was soll man da lernen? Hinstellen, zoomen, drauf drücken?
Da könnte man ja fast mit einem Smartphone filmen lernen!?
Wenn man “nach oben” kommen will, sollte man stets “unten” anfangen.
Erst wenn man die Basics drauf hat, sollte man “technischer” werden.
Dem kann ich nur zustimmen.
Ohne solides Fundament, kein stabiler Überbau – wie der dann aussieht, das ist die eigene Kreativität.
Wer digital verstehen will muss, in meinen Augen, analog verstanden haben.
Wer glaubt Zoom sei immer das Mittel der Wahl, der kennt nicht die Qualitäten der Festbrennweite..
Als ich angefangen habe hatte ich nur eine Festbrennweite. Mehr ging damals rein finanziell nicht. Es hat mich eines gelehrt – bis heute: Ran ans Motiv.
Erstaunlich, was Menschen bemerken, wenn sie plötzlich mit “nicht so viel Technik” arbeiten.
Vor > 40 Jahren gab es praktisch nur Festbrennweiten. Man bekam ein (oder auch zwei) Objektiv(e) und musste abliefern. Dadurch lernte man Perspektive, Schärfentiefe, Bokeh (das damals noch nicht so hieß 😉 etc. zu handhaben.
Wenn man heute auf einem Zoom für kleine Sensoren übt, gibt es das alles nicht… wie / was soll man da lernen? Hinstellen, zoomen, drauf drücken?
Da könnte man ja fast mit einem Smartphone filmen lernen!?
Wenn man “nach oben” kommen will, sollte man stets “unten” anfangen.
Erst wenn man die Basics drauf hat, sollte man “technischer” werden.
Dem kann ich nur zustimmen.
Ohne solides Fundament, kein stabiler Überbau – wie der dann aussieht, das ist die eigene Kreativität.
Wer digital verstehen will muss, in meinen Augen, analog verstanden haben.
Wer glaubt Zoom sei immer das Mittel der Wahl, der kennt nicht die Qualitäten der Festbrennweite..
Als ich angefangen habe hatte ich nur eine Festbrennweite. Mehr ging damals rein finanziell nicht. Es hat mich eines gelehrt – bis heute: Ran ans Motiv.