Am Freitag, 18. April startet die ZDF-Comedy “Merz gegen Merz”. Fernseh-Comedy in Cinemascope? Und dann noch mit A-Kamera und B-Kamera von verschiedenen Herstellern? Dass so etwas möglich ist, zeigte DoP Brendan Uffelmann. In unserem Heft 1-2/2019 erläuterte er, wie er dabei mit ARRI Amira und Canon C700 umging.
Der Drehabschnitt für Stienz und Uffelmann begann im März. Ein großer Vorteil, denn im Gegensatz zu den Kollegen, die schon im Februar zu drehen begonnen hatten, hatten sie länger Tageslicht. 18 Drehtage standen ihnen für vier Folgen zu je etwa 23 Minuten zur Verfügung. Bei „Merz gegen Merz“ geht es um ein Paar, gespielt von Frier und Herbst, das eine kräftige Beziehungskrise hat. Leider arbeiten sie in derselben Firma, die ihrem Vater gehört. „Es geht um zwei Figuren, denen wir mit der Kamera immer sehr nahe sind“, berichtet Uffelmann. Alle Drehorte waren Originalmotive, die vom Szenenbild – teilweise sehr stark – angepasst wurden. Das Hauptmotiv war eine Büroetage in der alten Stollwerck-Schokoladenfabrik. Hier stattete Szenenbildner Götz Harmel die komplette Etage aus. „Wenn wir schon so ein breites Bild haben, dann wollen wir auch etwas von dem Raum sehen“, erinnerte sich Uffelmann an das kreative Konzept. „Im Büro arbeiteten wir mit Trennwänden, da haben wir viel mit horizontalen Linien gearbeitet. Wenn das Bild zu früh von vertikalen Linien unterbrochen wird, macht man es dadurch kleiner.“
Viele wichtige Erfahrungen nahm das kreative Team aus dem Test in die Drehphase mit. Am zentralsten war wohl die, ob sich AMIRA und C700 matchen ließen. „Da war die Frage, ob die C700 überhaupt die Qualität und den Dynamikumfang der AMIRA darstellen kann“, sagt DoP Uffelmann. Mit dem Material aus dem Test gingen die DoPs zum Postproduktionshaus Schnittwerk, die für die Postproduktion der Serie verantwortlich waren. Die Coloristen Lukas Häusler und Hannes Häger nahmen sich das Material aus beiden Kameras vor. Die Eindeutigkeit des Ergebnisses überraschte alle: „Die beiden haben einen tollen Job gemacht! Da siehst du keinen Unterschied mehr“, erzählt Brendan Uffelmann. „Die C700 hat einen total guten Sensor, hat einen großen Dynamikumfang und eine tolle Farbwiedergabe. Damit war klar: Damit können wir drehen!“
Mit dem Schnittwerk-Team erarbeiteten die DoPs im Vorfeld auch LUTs für die späteren Muster. Auch hier Zeit und damit Geld, das von der Produktion in möglichst gute Arbeit investiert wurde. „Das ist in dem Umfang meiner Erfahrung nach auch nicht gängig“, lobt DoP Uffelmann. Die Zeit, die man hier investiert, spart man später in der Vermeidnung von Diskussionen, wenn es Klärungsbedarf wegen schlechter Muster gibt. „Wir hatten noch nie so gut aussehende LUTs! Das ging schon sehr Richtung Drama. Es hat Riesenspaß gemacht, die Muster anzusehen.“
SENSOR UND OBJEKTIVE
Als Codec wählte das Team Apple ProRes 4444 in 2K. Allerdings gab es hierbei natürlich auch Dinge, die beachtet werden müssen. Wenn beide Kameras als A- und B-Kamera Side-by-side zum Einsatz kamen, konnten nicht die gleichen Blendenwerte verwendet werden, das Canon-Log-Signal einen anderen Mittelgrauwert hat und sich in den Highlights anders verhält. Einen Pauschalwert zur Angleichung gab es nicht. Man musste sozusagen jede Einstellung individuell belichten, immer mit der Kontrolle am Waveformmonitor.
Zudem ist der Sensor der C700 größer als der Sensor der AMIRA. Hier musste der DoP immer umrechnen, wie der Bildeindruck eines Objektivs bei der jeweils anderen Kamera wäre. „Wenn ich das gleiche Objektiv auf der C700 einsetze, wirkt es dort viel weitwinkliger. Wenn ich das nähere Objektiv auf die C700 gesetzt habe und das weitere auf die AMIRA, konnte es sein, dass die am Ende sehr ähnlich aussahen“, erinnert sich Uffelmann. Da das Team nur einen Canon-K35-Objektivsatz dabei hatte, musste der Einsatz der einzelnen Objektive gut abgestimmt sein. Das aber war laut Uffelmann kein großes Problem. Im Zweifel veränderte man noch mal den Abstand der Kamera, um eine eindeutig unterschiedliche Bildwirkung zu erzielen.
Die Entscheidung für die K35-Objektive bereute DoP Uffelmann keine Sekunde. Spricht man ihn auf diese an, gerät der DoP ins Schwärmen. „Bei denen ist so schön, dass sie 14 Blendenlamellen haben. Egal, wie weit man sie abblendet, die Unschärfen bleiben rund und sehen harmonisch aus“, berichtet er. „Das macht einen angenehmen, ruhigen, unscharfen Hintergrund.“ Bei anderen Objektiven mit weniger Blendenlamellen kann es schon mal zu sternförmigen Ausreißern in den Einstrahlern kommen, wenn man den Hintergrund in der Unschärfe haben möchte, was hier nicht der Fall ist. Uffelmann lobte das Rehousing von P+S Technik, das es möglich mache, überhaupt solch alte Linsen für neue digitale Kinokameras praktikabler zu machen. Objektivwechsel gehen schneller, man kann sie problemlos mit Funkschärfen benutzen und dennoch behalten sie die Eigenschaften von altem Glas.
NACHTEILE C700
Während der Dreharbeiten bestätigte sich für Brendan Uffelmann noch eine Erfahrung mit der C700, die er schon beim Test gemacht hatte. „Der Sucher ist phänomenal“, sagt der DoP. Ein super klares Bild, für Schärfebeurteilung absolut geeignet, die Farben und Kontraste sehr genau.“ Allein an das Handling musste sich Uffelmann erst gewöhnen. Als jemand, der viel mit ARRI ALEXA, AMIRA und Sony arbeitet, war die Menüstruktur für ihn ungewohnt. Kamerafrau an der B-Kamera C700 war Claire Jahn. Sie hatte schon häufiger auf Canon gedreht und keine Eingewöhnungsschwierigkeiten. Gewöhnungsbedürftig war jedoch eine Eigenart des Custom-Picture-Profile-Menüs. Uffelmann bekam glücklicherweise schon vor dem Dreh einen Tipp aus dem Posthaus diesbezüglich. „Ich bin davon ausgegangen, dass alle Einstellungen deaktiviert sind, wenn das Profil komplett ausgeschaltet ist.“ Das ist allerdings ein Trugschluss. Hier musste das Profil aktiviert werden, um dann den Bereich Noise Reduction auf „–1“ zu stellen. Diese Einstellung ist bei „0“ nämlich leider noch aktiv. Dies kann bei schnellen, unscharfen Bewegungen dazu führen, dass seltsame Kompressionsblöcke entstehen. Auch irritierend war für Uffelmann, dass im Playback-Modus die Framelines und die LUT nicht angezeigt wurden. Hier sieht man das komplette Sensorbild im Canon-Log. Beides sind aber Probleme, die durch ein späteres Firmware-Update lösbar wären.
Die frühe Drehzeit im Jahr hatte laut Uffelmann auch einen Vorteil. „Im Sommer fragst du 15 Focus Puller an und keiner hat Zeit“, sagt der DoP. „So bekamen wir ein ganz tolles Team zusammen, in dem alle große Lust darauf hatten, hier auch etwas Ungewöhnliches, etwas Besonderes zu machen.“ Das Team hängte sich rein. Dafür ist der Kameramann dankbar. Wie auch für das Vertrauen und die Unterstützung durch Redaktion und Produzenten. „Am Ende war die Qualität so wichtig für alle. Es war eine konstruktive Zusammenarbeit, die Spaß gemacht hat. Ich würde mir wünschen, dass das so bei jeder Produktion läuft.“
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Wie DoP Brendan Uffelmann Redaktion und Produktion von seinen Ideen zu “Merz gegen Merz” überzeugte, können Sie hier lesen.
Ich habe schon im Sommer 2017 mit der C700 gedreht. Wir wurden von Canon betreut und haben anschließend eine Liste mit Änderungsvorschlägen an Canon gegeben. Alle im Artikel genannten Probleme waren damals ganz oben drauf. Anscheinend wurde es aber noch nicht durch ein Update behoben. Sehr Schade.
Ich habe schon im Sommer 2017 mit der C700 gedreht. Wir wurden von Canon betreut und haben anschließend eine Liste mit Änderungsvorschlägen an Canon gegeben. Alle im Artikel genannten Probleme waren damals ganz oben drauf. Anscheinend wurde es aber noch nicht durch ein Update behoben. Sehr Schade.