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No Gravity Films dreht stabilisierte Luftaufnahmen mit einem Ultraleichtflugzeug

Der große Sprung

Um die Möglichkeiten von stabilisierten Luftaufnahmen mit Ultraleichtflugzeugen zu demonstrieren und weiter auszuloten, produzierte No Gravity Films einen Kurzfilm mit zwei Wingsuitern. Das Projekt entstand in Partnerschaft mit ARRI.

Ein Ultraleichtflugzeug mit Gimbal filmt einen Fallschirmspringer mit Wingsuit
Fotos: No Gravity Films

Mit ihrer Pariser Produktionsservicefirma No Gravity Films haben sich Jason Barrault und Damien Schneider auf Luftaufnahmen für Kinofilme, Broadcast und Werbung spezialisiert, für die sie ein Ultraleichtflugzeug einsetzen. Ihr jüngster Coup ist die Produktion des Kurzfilms „The Fall“. Dafür wurden zwei Wingsuiter bei einem Formationsflug mit einem Ultraleichtflugzeug gefilmt. Dieses ambitionierte Projekt wurde in Partnerschaft mit ARRI realisiert, die auch das Making-of produzieren.

Bei den Luftaufnahmen hat der Produktionsleiter und Ultraleichtflugzeug-Pilot Jason Barrault die ARRI ALEXA Mini mit einem ARRI SRH360 Gimbal stabilisiert. Als Objektiv setzte er ein Canon Cine-Servo 25-250 mm ein, das einerseits sehr weitwinklig ist und ihm zugleich die Möglichkeit gab, sehr nah auf die Wingsuiter zu zoomen. „Wingsuiter-Flüge sind noch nie mit professionellem Kameraequipment aufgezeichnet worden“, betont Barrault. „Bisher hat sie ein anderer Wingsuiter mit einer GoPro im Helm gefilmt, die jedoch keinen Zoom besitzt.“ Dieses Manko brachte ihn auf die Idee zu diesem Projekt.

Stabile Bilder

„Mit einem Ultraleichtflugzeug können wir die gleichen Möglichkeiten bieten wie mit einem Helikopter, der über eine Kameraaufhängung verfügt.“ Gegenüber einem Hubschrauber besitzen Ultraleichtflugzeuge den Vorteil, dass sie wesentlich umweltschonender sind. Während ein Helikopter 200 Liter Kerosin pro Stunde verbraucht, benötigt ein Ultraleichtflugzeug für eine Flugstunde nur knapp zwölf Liter Kraftstoff. Auch gegenüber Drohnen besitzt ein Ultraleichtflugzeug Vorteile: Es kann bis zu einer Höhe von 5.000 Metern fliegen, Drohnen hingegen dürfen in den meisten Ländern nur auf eine Flughöhe von 120 Metern geschickt werden. Zudem lässt sich ihr Signal nur über eine Distanz von knapp sechs Kilometern übertragen und die Flugdauer beträgt um die zwanzig Minuten, während ein Ultraleichtflugzeug mit einer Tankfüllung fast vier Stunden in der Luft bleiben kann.

Jason Barrault, der seit 2005 als Pilot mit Ultraleichtflugzeugen unterwegs ist, hat in den letzten fünfzehn Jahren intensiv deren technische Entwicklung verfolgt. Als mit dem Skypper 912S im Jahr 2015 das bis dato modernste Ultraleichtflugzeug auf den Markt kam, gelang es ihm nach einer einjährigen Testphase, ein Stabilisierungssystem für Film- und Broadcast-Aufnahmen aufzubauen, das für alle Arten von Kamerasystemen geeignet ist. Für kleinere Kameras wie ARRI ALEXA Mini, Canon C300 MkIII oder Sony FX6 mit einem Gewicht von unter fünf Kilo und einem Zoom bis 120 mm setzt er den DJI Ronin 2 ein. Für größere Kamerasysteme wie die Sony VENICE und bei Brennweiten bis zu 250 mm verwendet er den Gimbal ARRI SRH360.

Ein Gimbal-System an einem Ultraleichtflugzeug
Bei größeren Kameras und längeren Brennweiten wie hier mit dem Canon Zoom 25-250 mm, setzt No Gravitiy den SRH360-Gimbal von ARRI ein.

Großes Potenzial

„Wir drehen seit drei Jahren Luftaufnahmen für Dokus, Spielfilme und Werbespots“, sagt Barrault. „Mit dem Ultraleichtflugzeug können wir in 2.000 Metern Höhe den Motor ausschalten und gleiten. Das gibt uns beispielsweise die Gelegenheit, Vögel aus nächster Nähe zu filmen, da sie dann keine Angst vor uns haben.“ Während ein Hubschrauber ohne Motorleistung vom Himmel fallen würde, kann ein gutes Gleitflugzeug in 4.000 Metern Höhe mindestens 45 Minuten ohne Motor durch die Luft gleiten. Dank dieser aerodynamischen Eigenschaften ist das Ultraleichtflugzeug dafür prädestiniert, Wingsuitern zu folgen, was mit keinem anderen Flugzeug möglich ist.

Um das Potenzial von Ultraleichtflugzeugen aufzuzeigen, hängte Barrault die Messlatte ziemlich hoch. Beim Dreh von „The Fall“ waren zwei Wingsuiter gefordert, zusammen mit einem Ultraleichtflugzeug einen Formationsflug zu bilden. „Unser Ziel war, dass an jeder Seite ein Wingsuiter die Flügel des Flugzeugs berührt.“ Um diese Aktion aus nächster Nähe filmen zu können, musste Barrault mit der Kamera auf dem Skypper 912S der Flugbahn der Wingsuiter folgen. „Die Sicherheit stand für mich dabei an oberster Stelle“, sagt der Chef von No Gravity Films. Als Wingsuiter engagierte er mit Arnaud Lonobardi und Olivier Basset zwei professionelle Piloten, die mit den aerodynamischen Verhältnissen in den luftigen Gefilden über 3.000 Metern bestens vertraut sind. Im Herbst 2021 erfolgten erste Tests, um zu prüfen, ob sich das Vorhaben wie geplant realisieren ließ.

Zwei Männer mit Wingsuits stehen links und rechts neben einem Ultraleichtflugzeug
Vier Männer strahlen Tatkraft aus: Crew und Protagonisten von „The Fall“.

Safety first

Nach den erfolgreichen Probeläufen wurde die gesamte Choreographie in Form eines Storyboards visualisiert, um den Dreh sorgfältig vorzubereiten. Als Location diente das Départment Ardèche im Südosten Frankreichs, dem Firmensitz des Ultraleichtflugzeug-Herstellers Air création, welcher der Produktion drei Ultraleichtflugzeuge für die Filmaufnahmen zur Verfügung stellte. „In dieser Region herrschen üblicherweise recht stabile Windverhältnisse“, sagt Barrault, der als Drehzeit eine ganze Woche für dieses Projekt vorgesehen hatte. „Auf unserer Agenda standen insgesamt 17 Sprünge.“ Doch das windige Wetter machte dem Team einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kam, dass die Sprünge der Wingsuiter nicht gefilmt werden können, wenn sich in den Luftschichten zwischen 2.000 und 4.000 Metern Wolken befinden. „Wir mussten zwei Tage warten, bis die Wingsuiter springen konnten, so dass uns nur vier Drehtage zur Verfügung standen.“

Vor jedem Sprung erfolgte ein eineinhalbstündiges Briefing mit den Wingsuitern und den Piloten der Ultraleichtflugzeuge. „Sicherheit ist das oberste Gebot für uns. Dazu gehört, dass die Piloten über Funk miteinander kommunizieren und stets Sichtkontakt haben.“ Die Ultraleichtflugzeuge mit den Wingsuitern waren gefordert, sich auf eine Höhe von 10.000 Fuß zu begeben und drei Minuten vor dem Absprung den Motor zu stoppen. „Wir hatten nur ein Zeit-
fenster von 90 Sekunden, um die Wingsuiter zu drehen, bevor sich auf 1.000 Metern Höhe ihr Fallschirm entfaltet“, berichtet Barrault. „Es war wesentlich schwieriger, sie mit der Kamera zu verfolgen, als wir uns das vorgestellt hatten. Bei einer Geschwindigkeit von über 160 km/h ist es nicht einfach, in einem sehr engem Luftraum mit zwei Flugzeugen und  zwei Wingsuitern eine stabilisierte Kinokamera einzusetzen.“ An den vier Drehtagen wurden insgesamt neun Sprünge gefilmt.

Ein Ultraleichtflugzeug mit Gimbal dreht in der Luft einen Doppeldecker
Die Kombination von Ultraleichtflugzeug und Gimbal ist eine relativ preisgünstige Kombination für hochwertige Luftaufnahmen.

Neben der ARRI ALEXA Mini auf dem Skypper 912S filmte ein zweiter Kameramann am Boden die Abflugsequenzen. Für den fünfeinhalbminütigen Kurzfilm „The Fall“ entstanden so insgesamt neun Stunden Rohmaterial. Für das Making-of kommt das Videomaterial hinzu, das mit mehreren GoPros aufgenommen wurde. Die beiden Wingsuiter-Piloten filmten während ihres Fluges mit einer GoPro, die an ihrem Helm befestigt war. Zudem befanden sich weitere GoPros an den Flügeln der vier Flugzeuge. Das Making-of, das ARRI weltweit in den sozialen Netzwerken wie LinkedIn, Instagram und Facebook präsentieren will, soll eine Länge von etwa zehn bis fünfzehn Minuten erhalten.

Die Weltpremiere von „The Fall“ wurde Mitte April im Micro Salon in Paris präsentiert. „Mit diesem Film möchten wir zeigen, dass wir mit dem Ultraleichtflugzeug in der Lage sind, alles zu drehen und sogar sehr extreme Einstellungen aufzunehmen“, resümiert Barrault. „Zudem würde ich gerne mit den Wingsuitern einen Film an den spektakulärsten Orten der Welt in den Alpen, Hawaii, Polynesien und den USA realisieren.“  [15212]

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